Verräterische Muster auch ohne Planeten
von Stefan Deiters astronews.com
29. Juli 2013
Um zahlreiche junge Sterne haben Astronomen Scheiben aus Gas
und Staub entdeckt. In manchen dieser Scheiben sind eigentümliche Strukturen zu
erkennen, die bislang als Indiz für umlaufende oder gerade entstehende Planeten
galten. Neue Simulationen zeigten jetzt allerdings, dass sich bestimmte Muster
in solchen Scheiben auch ganz ohne Planeten bilden können.
Ausschnitt aus der Simulation einer Staubscheibe
um einen jungen Stern. Dargestellt ist die
Staubdichte. Oben ein Blick von oben auf die
Scheibe, unten aus einem Winkel von 24 Grad.
Bild: NASA Goddard /
JPL-Caltech
|
Planeten um junge Sonnen bilden sich in einer Scheibe aus Gas und Staub, die
um den gerade entstandenen Stern kreist. Zahlreiche solcher Scheiben wurden
inzwischen um junge Sterne aufgespürt. In manchen fand man sogar eigentümliche
Strukturen wie Ringe oder Spiralmuster. Sie galten vielen Astronomen als Indiz
für das Vorhandensein eines Planeten in dem System, der durch seinen Umlauf
diese Strukturen entstehen lässt.
Doch wie sicher kann man von Strukturen in Staub- und Trümmerscheiben um
junge Sterne tatsächlich auf vorhandene Planeten schließen? Eine neue Studie
mahnt nun zur Vorsicht: Unter den richtigen Umständen entstehen diese
"verräterischen Muster" nämlich auch ganz ohne umlaufende Planeten. Ein
entsprechender Fachartikel erschien in diesem Monat in der
Wissenschaftszeitschrift Nature.
"Wenn die Masse des Gases in der Scheibe ungefähr der Masse des Staubs
entspricht, kommt es zu Wechselwirkungen, die schließlich zur Verklumpung von
Staub und zur Entstehung bestimmter Muster führen", fasst Wladimir Lyra vom
Jet Propulsion Laboratory die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. "Im
Prinzip leitet das Gas den Staub in genau die Strukturen, die wir auch erwarten
würden, wenn ein Planet in dem System vorhanden wäre."
Während sich warmer Staub um junge Sterne mithilfe von Infrarotbeobachtungen
relativ leicht entdecken lässt, ist eine Abschätzung des Gasanteils in einer
Scheibe deutlich schwieriger. Bislang haben sich theoretische Modelle daher
überwiegend auf die Rolle von Staub und Eispartikeln in den Scheiben
konzentriert und dem Gas relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Allerdings
können Eispartikel verdampfen und auch durch Kollisionen kann Gas entstehen, so
dass einfach davon ausgegangen werden muss, dass ein bestimmter Anteil von Gas
in der Scheibe vorhanden ist.
"Alles was wir benötigten, um schmale Ringe und andere Strukturen in unseren
Modellen von Trümmerscheiben entstehen zu lassen, war ein wenig Gas - zu wenig,
um es mit den meisten der heute verfügbaren Systeme entdecken zu können",
erläutert Marc Kuchner vom Goddard Space Flight Center der NASA.
Wenn ultraviolettes Licht vom Zentralstern auf ein Staubkorn oder einen
Klumpen aus Eis trifft, kann es daraus Elektronen herausschlagen. Diese
Elektronen können dann mit hoher Geschwindigkeit mit Gaspartikeln in der
Umgebung kollidieren und das Gas dadurch aufheizen. Der erhöhte Gasdruck
verändert aber den Widerstand, dem der um den Stern kreisende Staub ausgesetzt
ist, so dass der Klumpen wächst und das Gas dadurch noch einfacher aufgeheizt
werden kann.
Durch diesen kaskadierenden Prozess können schließlich Klumpen zu ganzen
Bögen, Ringen oder ovalen Strukturen anwachsen - und dies innerhalb von nur
einigen Zehnttausend Jahren. Im Vergleich zu den anderen Prozessen, die in dem
jungen Sonnensystem ablaufen, ist dies ein sehr kurzer Zeitraum. Mit dem von
Lyra und Kuchner entwickelten Computermodell lässt sich dieser Prozess
verfolgen.
"Wir waren fasziniert, als wir die Entstehung dieser Strukturen in unseren
Simulationen beobachten konnten", so Lyra. "Einige Ringe begannen zu oszillieren
und sie ähnelten den Staubringen, die man um viele Sterne, wie beispielsweise um
Fomalhaut, beobachtet."
In den Simulationen bildeten sich außerdem auch klumpige Bereiche aus Staub,
in denen die Staubdichte um ein Vielfaches größer war als in anderen Regionen
der Scheibe. Wenn ein Klumpen innerhalb eines Ringes aber eine zu große Dichte
bekommt, bricht der Ring in einzelne Teilbögen auseinander, die sich dann zu
einem einzelnen kompakten Klumpen verdichten. In realen Trümmerscheiben könnten
einige dieser Klumpen ausreichend Licht reflektieren, um sie beobachten zu
können.
"Wir würden diese Klumpen als helle, sich bewegende Lichtquelle sehen können,
also genau als das, nach dem wir auf der Suche nach Planeten immer Ausschau
halten", so Kuchner. Der von den beiden Astronomen in ihren Simulationen
entdeckte Prozess könnte somit zahlreiche Strukturen um junge Sterne erklären,
die man bislang immer mit Planeten in Verbindung gebracht hat. Dies dürfte die
Suche nach fernen Welten nicht unbedingt einfacher machen.
|