Muster können auch ohne Planeten entstehen
von Stefan Deiters astronews.com
15. Januar 2018
Um viele junge Sterne haben Astronomen in den vergangenen
Jahren Scheiben aus Gas und Staub entdeckt. In manchen konnten sie dabei
charakteristische Muster nachweisen, die immer wieder mit gerade entstehenden
Planeten in diesen Scheiben in Verbindung gebracht wurden. Neue Modelle zeigen
nun, dass solche Muster auch ganz ohne Planeten entstehen können.
Strukturen in der Scheibe aus Gas und Staub
um den Stern HD 141569A - hier eine Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble - entstehen, so zeigen
neue Simulationen, nicht nur durch Planeten. Der
Stern selbst im Zentrum der Scheibe wurde für die
Beobachtungen ausgeblendet.
Bild: NASA / Hubble / Konishi et al.
2016 [Großansicht] |
Auf der Suche nach extrasolaren Planeten und bei der Erforschung der
Entstehungsgeschichte unseres eigenen Sonnensystems, nehmen Astronomen auch
regelmäßig junge, gerade entstandene Sterne ins Visier, die der noch ganz jungen
Sonne gleichen. Um manche dieser Sterne sind auch Scheiben aus Gas und Staub zu
sehen - Strukturen also, wie es sie auch um unsere noch junge Sonne gegeben
haben muss und aus denen sich später die Planeten bildeten.
Immer wieder haben Wissenschaftler in den Staubscheiben um ferne Sterne
charakteristische Muster beobachtet (astronews.com berichtete wiederholt). Diese
Lücken und Verdichtungen in der Scheibe könnten - so die Hoffnung vieler
Forscher - ein Hinweis auf Planeten sein, die gerade in der Staubscheibe
entstehen und so diese Muster entstehen lassen.
Bei dieser Interpretation ist allerdings Vorsicht geboten, wie Astronomen der
NASA durch umfangreiche Simulationen feststellten. Sie beschäftigten sich schon
seit einigen Jahren mit einer entsprechenden Theorie und hatten erste Ergebnisse
bereits 2013 vorgestellt (astronews.com berichtete). "Wir untersuchen ein
Modell, das wir für die führende Alternativerklärung für die Planetenhypothese
halten", so Marc Kuchner vom Goddard Space Flight Center der NASA. "Danach
bilden sich die Strukturen in dem Gas und Staub, wenn es vom ultravioletten
Licht getroffen wird."
Das ultraviolette Licht stammt vom jungen Stern und könnte durch ein
Phänomen, das man als "photoelektrische Instabilität" bezeichnet, zur Aufheizung
des Gases und zusammen mit anderen Effekten in der Gas- und Staubscheibe für
Strukturen sorgen, die bislang mit dem Vorhandensein von Planeten in Verbindung
gebracht wurden. Die entsprechenden Simulationen führten die Wissenschaftler an
einem Supercomputer durch.
"Vielfach wurden diese Systeme mit Planeten simuliert, doch wenn man wirklich
wissen will, wie eine Scheibe mit Planeten aussieht, muss man zunächst einmal
schauen, welches Erscheinungsbild eine solche Scheibe ohne Planeten hat", so
Alexander Richert, Doktorand an der Penn State University in University Park im
US-Bundesstaat Pennsylvania, der die Untersuchung leitete.
In seinen Simulationen berücksichtigten Richert und seine Kollegen nicht nur die photoelektrische
Instabilität, sondern auch Effekte wie den Strahlungsdruck. Diese beiden
Phänomene führen zusammen zu ganz unterschiedlichen Mustern in den Scheiben, die
jeweils von den physikalischen Eigenschaften des Gases und des Staubs abhängen.
So entstanden Strukturen, die denen sehr ähnlich sind, die man auch von
umlaufenden Planeten erwarten würde - nur eben ohne solche Planeten.
Entsprechend raten die Wissenschaftler künftig zu noch mehr Vorsicht bei der
Interpretation solcher Muster: "Carl Sagan hat einmal gesagt, dass
außerordentliche Behauptungen auch außerordentliche Beweise erfordern", so
Wladimir Lyra, Professor an der California State University in Northridge. "Ich
habe das Gefühl, dass wir manchmal etwas zu voreilig sind, wenn wir sagen, dass
diese Strukturen durch Planeten entstehen. Dies wäre nämlich etwas, was ich als
außerordentliche Behauptung ansehen würde. Wir müssen daher alle anderen
Möglichkeiten ausschließen, bevor wir diese Behauptung aufstellen."
Über ihre Simulationen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen soll.
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