Neue Karte des heißen Gases der Milchstraße
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
18. Dezember 2023
Eine neue Himmelskarte des eROSITA-Teleskops zeigt
Röntgenstrahlen, die von Millionen Grad heißem Plasma in und um die Milchstraße
ausgesandt wurden. Dabei scheint das sehr heiße ionisierte Gas eine Verteilung
ähnlich der stellaren Scheibe aufzuweisen und möglicherweise in einen viel
größeren kugelförmigen Halo eingebettet zu sein.
Dieses Bild zeigt die gesamte westliche
galaktische Hemisphäre, die mit dem eROSITA-Teleskop im
weichen Röntgenlicht beobachtet wurde. Es zeigt insbesondere
die Emission von stark ionisiertem Sauerstoff und gibt damit
Aufschluss über die Verteilung des heißen Gases rund um die
Milchstraße.
Bild:
. Sanders, MPE / eROSITA [Großansicht] |
Sterne entstehen aus Gas in einem endlosen Prozess, der sich sowohl aus
ursprünglicher kosmischer Materie als auch von recyceltem Gas früherer
Sterngenerationen speist. In Spiralgalaxien wie der Milchstraße gibt es jedoch
einfach zu viele Sterne und nicht genug sichtbares Gas, um das derzeitige Niveau
der Sternentstehung über lange Zeit aufrechtzuerhalten. Daher geht die
Astronomie davon aus, dass ein großes Gasreservoir über die gesamte Galaxie
existiert, dessen Größe möglicherweise zehnmal so groß ist wie der Durchmesser
der Sternscheibe.
Details über Form, Größe und Menge an Materie in diesem sogenannten
zirkumgalaktischen Medium sind jedoch noch umstritten - sie sind durch
Beobachtungen nur schlecht zu erfassen. Klar ist, dass das Gas im
zirkumgalaktischen Medium bisher weder mit optischen noch mit IR- oder
Radioteleskopen nachgewiesen werden konnte. Daher muss das meiste Gas im
zirkumgalaktischen Medium sehr heiß sein (etwa eine Million Grad) und eine sehr
geringe Dichte aufweisen (weniger als 1000 Teilchen pro Kubikmeter). Aufgrund
dieser hohen Temperaturen müsste das Gas Röntgenstrahlung aussenden, die aber
wegen der geringen Dichte sehr schwach sein muss - schwächer als das, was bisher
beobachtet werden konnte. Ein deutliches Merkmal, das die Existenz eines solch
dünnen, heißen Gases bestätigt, sind Emissionslinien hochionisierter
Sauerstoffatome (zum Beispiel die O-VIII-Atomlinie), die im Röntgenlicht zu
beobachten sind.
Das eROSITA-Teleskop, das vollständig am Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) gebaut wurde, hat nun zum ersten Mal den Himmel
nach weicher Röntgenstrahlung abgesucht. Die daraus resultierende Karte der
gesamten westlichen galaktischen Hemisphäre wurde am MPE erstellt und überprüft.
"Die Karte zeigt nicht nur, dass um uns herum überall heißes Gas existiert,
sondern liefert auch genügend Details, um seine Struktur viel genauer zu
erforschen als je zuvor", sagt Xueying Zheng vom MPE, deren Arbeit die Grundlage
für die Analyse der Verteilung des heißen Plasmas bildet. "Wir sehen die
O-VIII-Emission aus allen Richtungen des weichen Röntgenhimmels", unterstreicht
Nicola Locatelli, der die eROSITA-Datenanalyse am MPE leitete. "Dies bestätigt
die diffuse Beschaffenheit des heißen Gases, und wir können jetzt sogar
untersuchen, wie es sich um uns herum verteilt."
Das Team am MPE fand insbesondere heraus, dass die Geometrie des Gases durch
zwei Komponenten beschrieben werden kann: einen sehr großen, mehr oder weniger
kugelförmigen Halo und eine nähere Komponente, die der stellaren Scheibe ähnelt.
Der heiße Halo ist etwa viermal so groß (bis zu etwa 100 Kiloparsec,
entsprechend rund 325.000 Lichtjahren ) wie die optische Größe der Milchstraße,
und die nahe Komponente reicht bis zur Größe der sogenannten "dicken Scheibe".
Aufgrund seines enormen Volumens umfasst der heiße Halo den größten Teil der
Masse - aber die nähere scheibenförmige Komponente erzeugt die meisten der von
eROSITA beobachteten Photonen, sie ist etwa zehnmal heller als der Halo.
Im Prinzip lässt sich die hohe Temperatur des Gases durch die Energie
erklären, die durch Supernova-Explosionen aus der Scheibe der Milchstraße in das
zirkumgalaktische Medium injiziert wird. In einem alternativen Szenario wird
Rohmaterial aus noch weiter entfernten Regionen, dem sogenannten
intergalaktischen Medium, zugeführt. Dieses wird während des Einfalls erhitzt
und bildet so den sphärischen Halo.
Ein wichtiger Aspekt dieser neuen Studie ist die Entfernung, in der der
größte Teil der Strahlung beobachtet wird, nämlich einige Kiloparsec
(entsprechend einigen tausend Lichtjahren) von der Sonne entfernt. Diese
relative Nähe spricht für das Szenario der Supernova-Explosionen als Ursprung
des heißen Gases. Dies bestätigt auch Theorien zur Galaxienentwicklung, wonach
das Gas in der Sternscheibe selbst recycelt wird. In Kürze werden hochmoderne
Röntgenspektrographen in der Lage sein, die Radialgeschwindigkeit dieses Gases
zu bestimmen. Sie können so die Kartierung der Gesamtgeometrie des heißen Gases
ergänzen und die Modelle für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien weiter
verfeinern. Das MPE wird dank des künftigen Athena-Instruments weiterhin eine
entscheidende Rolle bei der Lösung dieser Aufgabe spielen.
Die Ergebnisse wurden jetzt in zwei Fachartikeln veröffentlicht, die in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen sollen.
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