Entferntes aktives Schwarzes Loch zufällig entdeckt
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
31. Januar 2023
Bei der Analyse von frühen Daten des Röntgenteleskops
eROSITA wurde eine schwache Röntgenquelle gefunden, die sich als sehr weit
entfernten Quasar entpuppte. Es handelt sich damit um die bisher am weitesten
entfernte zufällige Röntgendetektion. Das supermassereiche Schwarze Loch
verschlingt mit hoher Rate Material aus seiner Umgebung.

Künstlerische Darstellung eines weit
entfernten Quasars im jungen Universum.
Bild:
ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Supermassereiche Schwarze Löcher in Zentren von Galaxien lassen sich auch auf
große Entfernungen nachweisen – aber nur, wenn sie Materie ansammeln, die sich
erhitzt und hell leuchtet. Dadurch bekommt das Galaxienzentrum einen "aktiven
galaktischen Kern", abgekürzt "AGN". Diese sogenannten Quasare - oder
quasi-stellaren Objekte - überstrahlen dann den Rest ihrer Galaxie. Sie leuchten
im Röntgenbereich heller als alle anderen Objekte im Universum, sind aber bei
großen Entfernungen dennoch schwer zu entdecken und extrem selten.
Bei der Analyse von Röntgendaten des Final Equatorial-Depth Survey (eFEDS)
von eROSITA, die während der Leistungsüberprüfungsphase des eROSITA-Teleskops im
Jahr 2019 aufgenommen wurden, fand das eROSITA-Team eine neue Punktquelle. In
einer Zusammenarbeit mit Kollegen vom Subaru-Teleskop identifizierten sie das
Röntgenlicht als den bereits bekannten Quasar J0921+0007. Dieser war
ursprünglich mit einer Rotverschiebung von 6,56 von einer Forschungsgruppe
entdeckt worden, die mit Subaru nach entfernten Quellen suchte.
Gezielte Folgebeobachtungen bei Infrarotwellenlängen zeigten nun, dass das
Schwarze Loch eine Masse von 250 Millionen Sonnen hat – relativ wenig für ein
supermassereiches Schwarzes Loch in dieser Entfernung.
Weitere Folgebeobachtungen mit dem Röntgensatelliten Chandra
bestätigten die von eROSITA gemessene hohe Leuchtkraft, die auf eine sehr hohe
Akkretionsrate hinweist. "Wir haben nicht erwartet, einen aktiven Galaxienkern
mit so geringer Masse bereits in unserer ersten Mini-Durchmusterung mit eROSITA
zu finden", sagt Julien Wolf, der im Rahmen seiner Doktorarbeit am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in den eROSITA-Daten
nach weit entfernten supermassereichen Schwarzen Löchern sucht. "Es ist der
bisher am weitesten entfernte zufällige Fund im Röntgenbereich. Zudem sind seine
Eigenschaften eher untypisch für Quasare bei so hohen Rotverschiebungen: Er ist
im sichtbaren Licht sehr schwach, gleichzeitig aber sehr leuchtstark im
Röntgenlicht."
Der von eROSITA aufgespürte Quasar weist Eigenschaften auf, die einer
besonderen Klasse von sogenannten Seyfert-1-Galaxien im lokalen Universum
ähneln. Diese besitzen supermassereiche Schwarze Löcher von unter 100 Millionen
Sonnenmassen in ihren Zentren und akkretieren Materie mit hoher Geschwindigkeit.
Diese Seyfert-1-Galaxien könnten daher jünger als ihre massereicheren
Geschwister sein.
"Die Suche nach seltenen Objekten wie diesem erfordert Astronomie bei vielen
unterschiedlichen Wellenlängen, die eROSITAs großes Blickfeld im Röntgenbereich
ergänzen", betont Mara Salvato, Sprecherin von eROSITA. "Glücklicherweise ist
der größte Teil des Himmels bei optischen und infraroten Wellenlängen bereits
kartiert, und gerade die Daten des Subaru-Teleskopes reichen für das eFEDS-Feld
besonders tief und damit in die jüngsten Zeiten des Universums zurück."
Die meisten aktiven Galaxien mit hohen Rotverschiebungen, das heißt in großen
Entfernungen, beherbergen Schwarze Löcher von einer bis zehn Milliarden
Sonnenmassen. Es sollte jedoch auch viele entfernte AGNs mit weniger
massereichen Schwarzen Löchern geben. Damit Teleskope und Satelliten sie
überhaupt beobachten können, müssen diese dann allerdings sehr schnell Materie
ansammeln, um hell genug zu leuchten.
Zusätzlich zu ihrem Zufallsfund entdeckte das Team noch einen weiteren hellen
und ähnlich weit entfernten Quasar im selben Beobachtungsfeld. "eROSITA eignet
sich besonders gut dafür, seltene Röntgenobjekte wie diesen leistungsstarken
Quasar mit hoher Rotverschiebung, zu finden und zu kartieren", sagt Kirpal
Nandra, Direktor für Hochenergiephysik am MPE. "Dies ist nun das zweite
derartige Objekt, das wir in eFEDS gefunden haben, obwohl wir sie in diesem Feld
gar nicht erwartet hatten."
Die ersten eROSITA-Daten sind nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen
wird. Basierend auf diesen ersten Entdeckungen erwarten die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, dass sie mit der eROSITA Himmelsdurchmusterung Hunderte von
Quasaren finden könnten. Um diese schwer fassbare Population noch unbekannter
entfernter Quasare zu finden, hat das Team ein umfangreiches Programm zur
Analyse der eROSITA-Himmelsdurchmusterung entwickelt. Diese führte bereits zur
Entdeckung von fünf neuen, im Röntgenlicht leuchtenden Quasaren bei z größer als
5,6.
Gleichzeitig meldete ein russisches Forscherteam die ersten eROSITA-Entdeckungen
bei hoher Rotverschiebung in der nördlichen Hemisphäre. Objekte wie diese sind
derzeit die beste Möglichkeit, die Entstehung Schwarzer Löcher in frühen
Universum zu verstehen. Sollten sich die überraschenden eFEDS-Entdeckungen in
einem größeren Datensatz bestätigen, könnte dies eine Herausforderung für einige
evolutionäre Modelle darstellen.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen ist.
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