An Bord der Höhenforschungsrakete MAIUS-2 wurden Anfang
Dezember auch zahlreiche Experimente mit Bose-Einstein-Kondensaten durchgeführt.
Die Versuche sollen zu einem tieferen Verständnis der grundlegenden Naturkräfte
beitragen und könnten zudem helfen, die Navigation von künftigen Raumsonden zu
verbessern.
Ein Bose-Einstein-Kondensat ist ein extremer Aggregatzustand der Materie,
in dem sich die Atome einer ultra-kalten Gaswolke in einem gemeinsamen
quantenmechanischen Zustand befinden. Dieses Ensemble ultra-kalter Atome
wird durch eine räumlich ausgedehnte Materiewelle beschrieben, mit der
Interferenzexperimente durchgeführt werden, die eine gewisse Ähnlichkeit mit
optischen Interferenzexperimenten besitzen.
An Bord der Höhenforschungsrakete der MAIUS-2-Mission, die am 2. Dezember
2023 von Kiruna in Schweden aus gestartet ist, wurden in rund 75
Experimenten Gemische aus Bose-Einstein-Kondensaten untersucht, die auf
Rubidium- und Kalium-Atomen basieren. Über die Flugzeit von fünfeinhalb
Minuten in Schwerelosigkeit können mit den Bose-Einstein-Kondensaten
Beschleunigungen und Kräfte sowie die Wechselwirkung zwischen den Atomen der
Kondensate hochgenau gemessen werden. Die Schwerelosigkeit erlaubt es,
besonders tiefe, auf der Erde unerreichbare Temperaturen zu realisieren.
Davon versprechen sich die Forschenden unter anderem ein tieferes
Verständnis der grundlegenden Naturkräfte. Auch für die Navigation von
künftigen Raumsonden bieten weltraumgestützte Atominterferometer
vielversprechende Ansätze.
Um derartige Bose-Einstein-Kondensate zu erzeugen, werden die Atome
zunächst mit Lasern und Magnetfeldern abgekühlt und gefangen. Aus einer
sogenannten Magnetfalle werden anschließend die energiereichsten Atome durch
das Einstrahlen von Mikrowellen entfernt. Hierdurch werden sie unterhalb der
kritischen Temperatur von einigen hundert Nanokelvin abgekühlt und ein
Bose-Einstein-Kondensat entsteht. Das Ferdinand-Braun-Institut,
Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) hat die für die Experimente
im Verbundprojekt Quantus IV – MAIUS (Maius-II) benötigten Laserquellen
entwickelt und realisiert. Mit ihrem Laserlicht lassen sich die atomaren
Spezies Rubidium und Kalium kohärent manipulieren und detektieren.
Insgesamt hat das FBH zehn ECDL-MOPA-Lasermodule mit
Emissionswellenlängen von 767 nm, 780 nm und 1064 nm für die Mission
geliefert. ECDL-MOPAs – Extended Cavity Diode Laser - Master Oscillator
Power Amplifier – sind Diodenlasermodule mit erweitertem Resonator, bei
denen sich die Eigenschaften der Laserpulse durch den Master-Oszillator mit
Leistungsverstärker (Power Amplifier) optimal kontrollieren lassen. Diese
Module basieren auf der umfassenden Expertise des FBH in der
Halbleitertechnologie, der einzigartigen Mikrointegrationstechnik und dem
Know-how des Instituts bei der Fertigung für die Raumfahrt.
Durch die hohe optische Leistung, die exzellente spektrale Stabilität und
ein äußerst geringes "SWaP-Budget" – das steht für size, weight and power,
also Größe, Gewicht und elektrischer Leistung – ermöglichen diese
Lasermodule hochkomplexe quantenphysikalische Experimente auf engstem Raum.
Darüber hinaus hat das FBH für die Mission zwei weitere Distributed Feedback
(DFB)-Lasermodule gefertigt. Sie dienen als Frequenzreferenz, wobei eines
der Module auf den Rubidium-Übergang und das andere auf den Kalium-Übergang
frequenzgelockt ist. Die Module basieren auf der Technologie-Plattform, die
bereits bei der Vorgängermission MAIUS-I eingesetzt und mit der erstmals
erfolgreich ein Bose-Einstein-Kondensat im Weltraum erzeugt wurde.