Suche nach einer Atmosphäre um TRAPPIST-1 c
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
20. Juni 2023
Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop haben Forscherinnen und
Forscher nach einer Atmosphäre um den Gesteinsplaneten TRAPPIST-1 c gesucht.
Obwohl der Planet der Venus ähnelt, scheint sich seine Atmosphäre deutlich von
der unseres Nachbarplaneten zu unterscheiden: TRAPPIST-1 c dürfte allenfalls
eine dünne Atmosphäre mit minimalem Kohlendioxidgehalt aufweisen.
Diese künstlerische Darstellung zeigt das
Planetensystem TRAPPIST-1 mit einem sehr kühlen roten
Zwergstern in seinem Zentrum. Sieben Planeten von der Größe
der Erde umkreisen ihn. Auf jedem dieser Planeten könnte es
flüssiges Wasser geben. Planeten, die weiter vom Stern
entfernt sind, weisen wahrscheinlich größere Mengen an Eis
auf, insbesondere auf der dem Stern abgewandten Seite. Die
Größen und Entfernungen sind nicht maßstabsgetreu.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / R. Hurt (IPAC) [Großansicht] |
"Das nahegelegene Planetensystem TRAPPIST-1 ist derzeit der beste Kandidat,
um die Atmosphären von erdähnlichen Gesteinsplaneten zu untersuchen, die einen
roten Zwergstern umkreisen", sagt Sebastian Zieba, Student am
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. TRAPPIST-1 ist etwa 40
Lichtjahre entfernt und beherbergt sieben erdgroße Gesteinsplaneten, von denen
sich bis zu drei in der lebensfreundlichen Zone befinden. Das bedeutet, dass die
Strahlung des Zentralsterns genug Wärme erzeugt, um Wasser in flüssiger Form zu
ermöglichen. TRAPPIST-1 c, den das Team mit dem Weltraumteleskop James Webb
(JWST) beobachtet hat, gehört allerdings nicht zu diesen Planeten. Stattdessen
vermuteten Astronomen, dass es sich um einen Zwilling der Venus handelt.
Obwohl sie auf der Oberfläche vergleichsweise kühl sind, weisen viele dieser
Sterne über einen längeren Zeitraum hinweg starke Sternwinde und intensive
UV-Strahlung auf, die die Atmosphären ihrer Planeten beschädigen und abtragen
können. "Wir wollten herausfinden, ob TRAPPIST-1 c diesem Schicksal entgangen
ist und eine substantielle Atmosphäre bewahrt haben könnte und vielleicht sogar
dem Planeten Venus im Sonnensystem ähnlich ist", erklärt Zieba. Zumindest sollte
die Anziehungskraft an der Oberfläche, die zehn Prozent höher ist als die der
Erde, zum Erhalt seiner Atmosphäre beitragen.
Wie bei der Venus entsprechen Durchmesser und Masse von TRAPPIST-1 c fast den
Werten der Erde. Die Einstrahlung, die der Planet von seinem Zentralstern
erfährt, ist fast identisch mit der der Venus. Die Aufgabe, die Atmosphären von
erdgroßen Gesteinsplaneten zu erforschen, ist jedoch selbst für das JWST eine
Herausforderung. Daher kombinierte das Team seine Beobachtungen mit
Modellberechnungen, um den wahrscheinlichsten Bereich der atmosphärischen
Eigenschaften zu ermitteln, der mit den Daten vereinbar ist. Die Ausdehnung, der
Druck und die Zusammensetzung einer Atmosphäre bestimmen die Temperatur eines
Planeten in Abhängigkeit von dem Licht, das er von seinem Stern empfängt.
Umgekehrt bestimmt die Temperatur, wie viel Infrarotlicht der Planet aussendet.
Auf diese Weise geben Infrarotmessungen in Kombination mit Modellrechnungen
Aufschluss über die Atmosphäre und ihre Zusammensetzung.
"Wir können eine dicke und Venus-ähnliche Atmosphäre definitiv ausschließen",
sagt Laura Kreidberg, die leitende Wissenschaftlerin des
JWST-Beobachtungsprogramms und Direktorin am MPIA ist. Sie leitet die Abteilung
für Atmosphärenphysik von Exoplaneten (APEx). Entgegen den Erwartungen der
Astronomen und Astronominnen erreichen die Temperaturen "nur" 110 Grad Celsius
und sind damit bis zu 390 Grad niedriger als auf der Venus. Das Infrarotlicht,
das TRAPPIST-1 c aussendet, passt daher nicht zu einer Venusatmosphäre, die
reich an Kohlendioxid ist und einen starken Treibhauseffekt verursacht.
Tatsächlich sind die Daten unvereinbar mit jeder Art von dicker Atmosphäre, die
reich an Kohlendioxid ist und einen Luftdruck aufweist, der mehr als zehnmal so
hoch ist wie auf der Erde. Während die Ergebnisse zu TRAPPIST-1 b vom Anfang des
Jahres zeigen, dass er dem Merkur ähnlich ist und keine Atmosphäre besitzt,
lehrt uns TRAPPIST-1 c, dass dieses Planetensystem kein Abbild des Sonnensystems
ist.
Besitzt TRAPPIST-1 c zumindest eine dünne Gashülle? Um dieser Frage
nachzugehen, berechneten die Wissenschaftler die statistische Wahrscheinlichkeit
einer Reihe von atmosphärischen Kenngrößen, die mit den Beobachtungen
übereinstimmen. Das Atmosphärenmodell umfasste eine Reihe von Oberflächendrücken
und Mischungen aus einer von Sauerstoff (O2) dominierten Atmosphäre
mit unterschiedlichen Spuren von Kohlendioxid (CO2). "Wir gehen davon
aus, dass heiße Gesteinsplaneten, die massearme Sterne umkreisen, einen hohen
Anteil an Sauerstoff und etwas Kohlendioxid aufweisen", erklärt Zieba.
Planeten wie TRAPPIST-1 c sollten schon früh eine Atmosphäre besitzen, die
Kohlendioxid und Wasserdampf enthält. Mit der Zeit spaltet die Sternstrahlung
das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Während der leicht flüchtige
Wasserstoff allmählich in den freien Raum entweicht, bleiben die schwereren
Sauerstoffmoleküle zurück, was zu einer sauerstoffreichen Atmosphäre mit Spuren
von Kohlendioxid führt. Wie sich für TRAPPIST-1 c herausstellt, ist eine breite
Palette von Sauerstoff-Kohlendioxid-Gemischen und einem Luftdruck zwischen einem
Prozent und 100 % des Werts auf Meeresspiegelhöhe auf der Erde möglich. Dieses
Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung, dass TRAPPIST-1 c und andere ausreichend
schwere Gesteinsplaneten um kühle, massearme Sterne eine Atmosphäre über einen
beträchtlichen Teil der Lebenszeit des Sterns aufrechterhalten können. Der Stern
TRAPPIST-1 ist mindestens so alt wie die Sonne.
Dennoch müssen diese Ergebnisse mit zusätzlichen Daten überprüft werden. "Die
Beobachtung dünner Atmosphären von Gesteinsplaneten bringt JWST an seine
Grenzen", räumt Kreidberg ein. Die gemessenen Signale sind schwach, und viele
Eigenschaften sind noch unbekannt, was die Bewertung der Messungen unsicher
macht. Im Fall von TRAPPIST-1 c sind die Atmosphärenmodelle nicht die einzigen,
die mit den Daten übereinstimmen. Stattdessen erklärt blankes Gestein mit einer
verwitterten Oberfläche die Beobachtungen ebenso gut.
JWST ist zweifellos das leistungsstärkste Weltraumobservatorium aller Zeiten.
Dennoch ist es schwierig, die Wärmesignatur eines mäßig warmen und kleinen
Gesteinsplaneten mit Hinweisen auf eine umgebenden Atmosphäre zu erfassen.
TRAPPIST-1 c weist seinem Zentralstern immer dieselbe Seite zu, was zu zwei
unterschiedlichen Halbkugeln mit konstantem Tag und ewiger Nacht führt. Seine
Rotation ist an seine Bahn um den Stern gebunden. Daher dauern sowohl ein Tag
als auch ein Jahr auf TRAPPIST-1 c etwa 2,42 Erdtage.
Darüber hinaus ist seine Umlaufbahn so ausgerichtet, dass er aus unserer
Perspektive immer wieder vor seinem Stern vorbeizieht. Nach einer weiteren
halben Umdrehung verdeckt der Stern TRAPPIST-1 den Planeten vollständig und
verbirgt ihn für etwa eine halbe Stunde vor unseren Teleskopen. Doch kurz vor
und nach der Bedeckung weist der Planet den Astronomen seine voll erleuchtete
und heiße Tagesseite zu. Auf dieses Signal hatte es das Team abgesehen.
Natürlich ist jeder Hinweis auf eine dünne Atmosphäre darin winzig.
Weitere JWST-Beobachtungen sind erforderlich, um zwischen einem bloßen
Gesteinsplaneten und einer dünnen Atmosphäre zu unterscheiden. So könnten
Signaturen dabei helfen, die entstehen, wenn der Planet uns seine Nachtseite
zuwendet. Dann prägt der schmale Atmosphärenkranz um den Planetenkörper dem
durchscheinenden Sternlicht Signale auf, die Aufschluss über die Zusammensetzung
geben können. Eine andere Möglichkeit wäre eine ähnliche Beobachtung mit dem
Extremely Large Telescope, einem 39-Meter-Teleskop in der chilenischen
Atacamawüste, das noch in diesem Jahrzehnt in Betrieb genommen werden soll.
Dessen überragende Empfindlichkeit könnte für den entscheidenden Hinweis sorgen.
Sollten Astronomen eine Atmosphäre um TRAPPIST-1 c bestätigen, wäre das ein
ermutigendes Zeichen dafür, dass Atmosphären den extremen Einfluss roter
Zwergsterne doch überstehen können.
Über die Beobachtungen und Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel,
der in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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