Neuer Beobachtungslauf mit empfindlicheren Detektoren vor dem Start
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
19. Mai 2023
In knapp einer Woche soll los es losgehen: An den über den
gesamten Globus verteilten Gravitationswellendetektoren beginnt der vierte
Beobachtungslauf. Die Empfindlichkeit der Detektoren war in den vergangenen
Monaten deutlich verbessert worden, so dass auch schwächere Signale detektiert
werden können. Schon während des Testlaufs wurde vielleicht ein interessantes
Signal entdeckt.
Bilder der Instrumente des aktuellen weltweiten Netzwerks
der Gravitationswellen-Detektoren. Von oben nach
unten und von links nach rechts: GEO600, KAGRA,
LIGO Hanford, LIGO Livingston, Virgo.
Fotos: GEO600, KAGRA, LIGO Hanford, LIGO
Livingston, Virgo [Großansicht] |
Nach drei Jahren Arbeit, in denen die Leistungsfähigkeit der Detektoren
verbessert wurde, soll der vierte Beobachtungslauf (O4) am 24. Mai 2023
beginnen. Die Detektoren machen weiterhin Fortschritte in Richtung der für O4
geplanten Empfindlichkeit, und die LIGO-Detektoren sind nach erfolgreicher
Inbetriebnahme zum sogenannten "Engineering Run" (ER15) übergegangen. Dieser
muss abgeschlossen werden, bevor der Beobachtungslauf O4 beginnen kann.
Virgo wird ebenfalls am "Engineering Run" teilnehmen, auch wenn die bisher
erreichte Empfindlichkeit des Detektors noch nicht den Plänen entspricht.
Währenddessen werden im nächsten Monat mindestens in der Hälfte der Zeit
Arbeiten zur weiteren Verbesserung fortgesetzt werden. KAGRA wird nicht an ER15
teilnehmen, sondern bis zum Start von O4 weiter an einer Verbesserung der
Empfindlichkeit arbeiten.
Ziel dieses gemeinsamen "Engineering Run" ist es, die verbesserten
Instrumente und dabei insbesondere die Systeme, die für die gemeinsame
Datenaufnahme des Detektor-Netzwerks erforderlich sind, in Echtzeit zu testen.
Die neuesten Verbesserungen der LIGO- und Virgo-Instrumente werden die
Detektoren empfindlicher machen, und sie in die Lage versetzen, auch schwächere
Gravitationswellen zu erfassen. Das bedeutet auch, dass sie mehr Ereignisse als
je zuvor beobachten werden.
Die LIGO-Detektoren sollen mit einer Reichweite von mehr als 160 Megaparsec (Mpc)
arbeiten. Ein Megaparsec entspricht 3,26 Millionen Lichtjahren. Virgo
wird, um die angestrebte Mindestreichweite von 80 Mpc zu erreichen, zu Beginn
oder während des Beobachtungslaufs einen zusätzlichen Zeitraum für technische
Überprüfungen und Verbesserungen einplanen. Der genaue Zeitpunkt und die Dauer
werden je nach Status des Detektors festgelegt und derzeit noch diskutiert.
KAGRA, das mit einer einzigartigen, zukunftsweisenden und anspruchsvollen
Detektortechnologie arbeitet, läuft derzeit mit einer für den Beginn von O4
geplanten Mindestreichweite von 1 Mpc und wird daran arbeiten, die
Empfindlichkeit gegen Ende von O4 zu verbessern. GEO600, der deutsch-britische
Detektor, der während der Upgrades der anderen Instrumente Beobachtungen
durchführte, wurde gewartet und wird während des Beobachtungslaufs mit einer
Empfindlichkeit von etwa 1,2 Mpc arbeiten. Er wird Wartungslücken der anderen
Detektoren füllen und gleichzeitig Technologien für die Zukunft entwickeln.
Alle großen Gravitationswellen-Detektoren der Welt nutzen inzwischen
Technologien, die bei GEO600 entwickelt und getestet wurden. Die Forschenden
gehen davon aus, dass die Detektoren während des Engineering Runs
Gravitationswellen-Ereignisse beobachten. Sollten außergewöhnliche
Signalkandidaten (besonders starke Signale, insbesondere wenn sie eine hohe
Wahrscheinlichkeit haben, mit einem beobachtbaren elektromagnetischen Signal
assoziiert zu sein) auftreten, werden diese der wissenschaftlichen Gemeinschaft
über GraceDB (Gravitational-Wave Candidate Event Database) und GCN (General
Coordinates Network) zugänglich gemacht und weiter untersucht. Ein spannendes
Signal könnte dabei tatsächlich gestern entdeckt worden sein, wobei es sich um
eine Verschmelzung eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch handeln
könnte.
Immer genauere Wellenformmodelle und neuartige Datenanalyse-Methoden, die in
den letzten drei Jahren am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik entwickelt
wurden, werden entscheidend sein, um die Signale aus dem Datenstrom zu
extrahieren, ihre Quellen zu identifizieren und auf ihre astrophysikalischen und
kosmologischen Eigenschaften zu schließen.
O4 wird 18 Monate aktive Beobachtungszeit umfassen und wird sich bis ins Jahr
2025 erstrecken. Je nach Bedarf kann eine ein- oder zweimonatige Pause zur
Aufrüstung und Wartung der Detektoren den Beobachtungslauf unterbrechen. Die
verlängerte Laufzeit wird auch zusätzliche Zeit für die Vorbereitung von
Nachrüstungen für die Pause zwischen O4 und O5 ermöglichen und gleichzeitig den
wissenschaftlichen Ertrag von O4 erhöhen.
Die Detektoren an allen Standorten durchlaufen mehrere Phasen, um ihre
Empfindlichkeit zu verbessern und gleichzeitig sicherzustellen, die
Datenerfassung zu ermöglichen. Nach Abschluss der Wartungsarbeiten und der
Installation der geplanten Upgrades während der Vorinbetriebnahme gehen die
Detektoren in die Inbetriebnahmephase über. Während der Inbetriebnahmephase
liegt der Schwerpunkt auf der Integration der einzelnen Bestandteile der
Upgrades in einen vollständigen Detektor, der so nah wie möglich an der
geplanten Empfindlichkeit arbeitet. Sobald das für die Inbetriebnahme
verantwortliche Team mit der Leistung der Detektoren zufrieden ist, geht es in
einen Engineering Run über, bei dem das Ziel darin besteht, die höchste
Betriebszeit (in der der Detektor zur Datenaufnahme bereit ist) zu erreichen.
Schließlich beginnt der eigentliche Beobachtungslauf. Der Übergang zwischen den
Phasen ist ein dynamischer Prozess, bei dem viele Faktoren zu den Entscheidungen
beitragen, von einer Phase in die nächste zu wechseln.
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