Auch auf sehr speziellen Monden könnte Leben möglich sein
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Exzellenzclusters Origins astronews.com
20. März 2023
Flüssiges Wasser gehört zu den wichtigsten Bedingungen für
die Entstehung von Leben, wie wir es auf der Erde kennen. Nun wurden erstmals in
einer neuartigen, interdisziplinären Zusammenarbeit die notwendigen
Eigenschaften von Monden um freifliegende Planeten ermittelt, um flüssiges
Wasser ausreichend lange zu speichern und somit Leben zu ermöglichen.
Künstlerische Ansicht eines Exomondes mit
flüssigem Wasser.
Bild:
T. Grassi / Midjourney [Großansicht] |
Für die Entstehung von Leben auf der Erde ist flüssiges Wasser eine
entscheidende Komponente. Obwohl bisher erst ein Planet bekannt ist, auf dem
Leben entstand, nimmt die Wissenschaftswelt an, dass auch anderswo das Vorkommen
von Flüssigwasser eine zentrale Rolle in der chemischen Entwicklung spielt, die
zur Entwicklung von Leben führen kann. In und außerhalb unseres Sonnensystems
definiert die habitable Zone einen ringförmigen Bereich um das Zentralgestirn,
in welchem es auf Planeten weder zu heiß noch zu kalt für flüssiges Wasser ist.
Auch Monde können habitabel sein – sogar, wenn sie zu Planeten jenseits der
habitablen Zone gehören. Dazu müssen sie anstelle der Sternwärme allerdings eine
andere Heizquelle aufweisen, beispielsweise wechselnde Gezeitenkräfte. So
verbirgt sich dank Gezeitenheizung unter der Eiskruste des Saturnmondes
Enceladus ein Ozean aus flüssigem Wasser.
Die Entdeckung dutzender freifliegender Planeten (FFPs) in unserer Galaxis
hat das Verständnis der frühen Evolution von Planetensystemen und die Theorien
zur Planetenentstehung verändert. Diese einsamen Wanderer wurden vermutlich
durch dynamische Instabilitäten aus ihren Planetensystemen ausgestoßen und haben
somit keinen Mutterstern mehr. Sie können jedoch, wenn sie Monde auf engen
Umlaufbahnen haben, diese durch ihre Schwerkraft an sich binden. Am besten
funktioniert das bei jupiterähnlichen Planeten mit erdgroßen Monden. So
entstehen neue, unerwartete Orte, wo sich Leben bilden könnte.
In einer früheren Studie zu flüssigem Wasser auf Monden sternloser Planeten
demonstrierten Forschende des ORIGINS-Clusters, dass erdgroße Monde um
jupiterähnliche Planeten tatsächlich flüssiges Wasser aufweisen könnten. Die
Ergebnisse legten nahe, dass die auf Mondoberflächen möglichen Wassermengen nur
einen Bruchteil des Gesamtvolumens aller irdischen Ozeane beträgt, was aber
immer noch ein Hundertfaches des Wassergehalts der Erdatmosphäre ist. Diese
Menge reicht bereits um chemische Prozesse anzukurbeln, die zu Leben führen
können. Lokale Nass-Trocken-Kreisläufe (verdunsten und kondensieren) bieten, wie
kürzlich von ORIGINS-Wissenschaftlern in einer Studie zu den ersten Schritten
der Evolution gezeigt wurde, die notwendige chemische Komplexität, die eine
Ansammlung von Molekülen und die Polymerisation von RNA fördern könnten.
Die Umlaufbahn von Exomonden um FFPs wird mit der Zeit weniger exzentrisch
und mehr kreisförmig. Dadurch verringern sich die Gezeitenkräfte und folglich
auch die Heizeffizienz. In einer einzigartigen Zusammenarbeit baute nun die
Doktorandin Giulia Roccetti (ESO, davor Masterstudentin an der LMU) unter
Anleitung von den ORIGINS-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern, Prof.
Barbara Ercolano (Astrophysik), Dr. Karan Molaverdikhani, Dr. Tommaso Grassi
(Astrochemie) und Prof. Dieter Braun (Biochemie) ein neues, realistisches
Modell, das die Entwicklung von Mondbahnen über lange Zeiten berechnen kann.
Dabei handelt es sich um Zeitskalen von einigen Milliarden Jahren, wie sie für
die Entwicklung des Lebens notwendig sind.
"Auf diese Weise fanden wir heraus, dass Exomonde mit kleinen Bahnradien
nicht nur die größten Chancen haben, den Rauswurf ihres Planeten aus seinem
Planetensystem zu überleben, sondern auch über den längsten Zeitraum exzentrisch
bleiben", erklärt Roccetti. Zudem begünstigen dichte Atmosphären flüssiges
Wasser zu erhalten. Somit sind insbesondere erdgroße Monde mit venusähnlichen
Atmosphären, die kleine Abstände zu ihrem Planeten haben, Kandidaten für
habitable Welten.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift International Journal of Astrobiology erscheinen wird.
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