Artemis-I-Mission um den Mond erfolgreich beendet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
12. Dezember 2022
Der erste Schritt auf dem Weg zurück zum Mond ist
erfolgreich abgeschlossen: Am gestrigen Sonntag um 18:40 Uhr wasserte die
NASA-Mission Artemis I im Pazifik vor der Küste Kaliforniens. Mehr als
25 Tage Flug zum Mond, im Mondorbit und zurück zur Erde lagen dann hinter dem
Raumschiff Orion, angetrieben und versorgt durch das Europäische
Service Modul (ESM).
Wasserung von Artemis I am 11.
Dezember 2022.
Foto: NASA [Großansicht] |
Mit der Orion-Kapsel kehrten auch die beiden Astronautinnen-Phantome Helga
und Zohar des MARE-Experiments zurück zur Erde. Die beiden "LunaTwins" des vom
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geleiteten Projekts haben über
die gesamte Mondreise die kosmische Strahlung gemessen. Gemeinsam mit der
NASA-Modellpuppe Commander Moonikin Campos und den Maskottchen Snoopy
und Shaun, das Schaf bilden sie die Test-Besatzung des ersten Artemis-Fluges.
"Helga und Zohar haben an Bord des Orion-Raumschiffs einen weiten Weg hinter
sich gebracht. In einem weitläufigen Mondorbit waren sie zeitweise knapp 400.000
Kilometer von der Erde entfernt", sagt Dr. Thomas Berger, Leiter des
MARE-Experiments vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. "Teilweise
führte die Flugbahn in Regionen, die zuvor noch nie ein Crew-Raumschiff erreicht
hat. Nun warten wir gespannt auf die Rückkehr zur Erde und die folgende
Auswertung der Strahlungsdaten."
Seit dem Start von Artemis I am 16. November 2022 hatte das Orion-Raumschiff
eine umfangreiche Teststrecke hinter sich gebracht. So fand am sechsten Flugtag
(21. November) der erste nahe Mondvorbeiflug statt, während dem sich das
Orion-Raumschiff der Mondoberfläche bis auf 128,7 Kilometer näherte. Am 25.
November trat das Raumschiff dann in den sogenannten "Distant Retrograde Orbit"
(DRO) (dt.: entfernter rückläufiger Orbit) ein, der mit diesem Flug getestet
werden sollte. Diese Umlaufbahn ist sehr stabil, wodurch Raumflugkörper keine
Bahnkorrekturmanöver ausführen müssen und deshalb Treibstoff sparen.
Am 26. November brach Orion dann den von Apollo 13
aufgestellten Rekord für die weiteste Entfernung eines für Menschen konzipierten
Raumschiffs von der Erde (400.171 Kilometer) und erreicht am 28. November seine
maximale Entfernung zu unserem Heimatplaneten (434.522 Kilometer). Am 5.
Dezember fand ein weiterer naher Vorbeiflug am Mond statt, ebenfalls in 128,7
Kilometer Höhe. Bei diesem Vorbeiflug wurde die Gravitationskraft des Mondes
genutzt, um Orion auf seinen Rückweg zur Erde zu bringen. Kurz vor dem
Wiedereintritt am 11. Dezember trennten sich das Besatzungsmodul und das
Europäische Servicemodul ESM, wobei nur das Besatzungsmodul zur Erde
zurückkehrt, während das Servicemodul beim Wiedereintritt über dem Pazifischen
Ozean in der Erdatmosphäre verglüht. Die Flugbahn von Artemis I ist so
konzipiert, dass verbleibende Teile keine Gefahr für Land, Menschen oder
Schifffahrtswege darstellen.
Die Rückkehr zur Erde ist eine der wichtigsten Prüfungen auf der Testmission
Artemis I. Der Hitzeschild der neuen Orion-Kapsel wurde bisher noch
nicht unter voller Belastung im realen Flug getestet. Mit rund 40.000 Kilometer
pro Stunde traf die Kapsel auf dem Rückweg vom Mond auf die Erdatmosphäre. Die
Reibung der Atmosphäre hat das Raumschiff massiv abgebremst. Dieser
High-Speed-Wiedereintritt war ein echter Härtetest für die neue Kapsel, deren
Hitzeschild sich dabei auf bis zu 2.760 Grad Celsius erhitzt hat. Bei nur noch
523 Kilometer pro Stunde in rund acht Kilometer Höhe entfalteten sich dann
Orions Fallschirme und bremsten die Kapsel weiter ab. Am Ende des
Fallschirmabstiegs wasserte das Orion-Crew-Modul mit gerade mal 23 Kilometer pro
Stunde im Pazifik.
Über die gesamte Mission bis zur Landung messen Helga und Zohar die
Strahlungswerte. Die beiden Messkörper sind weiblichen Körpern samt
Fortpflanzungsorganen nachempfunden, sodass die Strahlungsdosis auch für die
besonders strahlungsempfindlichen Organen gemessen werden kann. Die
Astronautinnen-Phantome bestehen aus jeweils 38 Scheiben, sind 95 Zentimeter
groß, 36 Kilogramm schwer und enthalten aus Kunststoff nachgebildete Organe und
Knochen unterschiedlicher Dichte. Zohar, bereitgestellt von der israelische
Raumfahrtagentur ISA, wiegt mit AstroRad-Strahlenschutzweste der Firma StemRad
sogar 62 Kilogramm.
Im Inneren und auf der Oberfläche beider Phantome sind über
12.000 passive Strahlungsdetektoren aus kleinen Kristallen sowie insgesamt 18
aktive Detektoren der NASA und 16 aktive Detektoren des DLR sind unter anderem
an den strahlenempfindlichsten Organen des Körpers – Lunge, Magen, Gebärmutter
und Knochenmark – eingebaut. Mit dem Auslesen der Kristalle entsteht ein
dreidimensionales Abbild des menschlichen Körpers, das zeigt, wie hoch die
Strahlenbelastung während eines Mondfluges insgesamt auf Knochen und Organe an
unterschiedlichen Stellen ist. Dieser Datenschatz wird mit der Orion-Kapsel nach
der Landung im Pazifik geborgen.
Von der Landestelle vor der Küste Kaliforniens wird die noch verschlossene
Orion-Kapsel zunächst per Schiff an Land gebracht und dann weiter zum
Kennedy Space Center der NASA nach Florida transportiert. Dort erfolgt dann
im sogenannten MPPF-Gebäude (Multi-Payload Processing Facility) die Öffnung der
Kapsel durch das NASA-Team. "Nach dem Ausbau werden Helga und Zohar
voraussichtlich in der zweiten Januarwoche 2023 an das MARE-Team übergeben",
sagt Berger. "Die Daten der aktiven Messgeräte werden dann gleich vor Ort
ausgelesen, um schnell einen ersten Eindruck über die Strahlungsdosis während
der Mission erhalten zu können." Die Auswertung der passiven Sensoren erfolgt
dann nach der Rückkehr der "Luna Twins" nach Köln ins DLR-Institut für Luft- und
Raumfahrtmedizin, die für Anfang Februar 2023 geplant ist.
Artemis I ist die erste in einer Reihe von Missionen des
Artemis-Programms der NASA. Es sieht vor, nach mehr als 50 Jahren wieder
Menschen auf unserem Trabanten zu landen, dort gemeinsam mit internationalen
Partnern eine dauerhafte Basis zu errichten und eine Raumstation in der
Mondumlaufbahn zu bauen, von der aus Menschen zu weiter entfernten Zielen,
einschließlich des Mars, aufbrechen sollen. Artemis I ist nun der erste
Schritt auf diesem Weg. Bei dieser noch unbemannten Mission werden alle neu
entwickelten Systeme im Zusammenspiel getestet – das Orion-Raumschiff, die
Schwerlastrakete SLS (Space Launch System) und die Bodensysteme.
Die Sicherheit der Astronautinnen und Astronauten steht dabei an oberster
Stelle. Dazu gehört insbesondere der Schutz vor der kosmischen Strahlung, die im
Weltraum um ein Vielfaches höher ist als auf der Erde – auf dem Mond zum
Beispiel rund 800 Mal. Um künftig geeignete Schutzmaßnahmen bei
Langzeitmissionen ergreifen zu können, muss man die Strahlenbelastung genau
kennen. Das wird bei Artemis I mit dem Experiment MARE erforscht.
|