Feuer entdecken bevor es brennt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bremen astronews.com
27. Juli 2022
Klassische Rauchmelder sind im Weltraum oder beispielsweise
auf Forschungsstationen auf dem Mond nur schlecht nutzbar. Außerdem würden sie
erst einen Alarm auslösen, wenn es zu spät und ein Feuer bereits ausgebrochen
ist. Mit neuartigen Sensoren sollen nun Feuermelder entstehen, die einen Brand
bereits dann riechen können, bevor er tatsächlich entsteht.
Selbst entwickelte Sensoren für die
neuartigen Brandmelder.
Foto: IWT, Universität Bremen [Großansicht] |
Beim INNOspace-Masters-Wettbewerb, einem jährlichen Ideenwettbewerb für
neue Ideen für Raumfahrt- und Erdanwendungen, werden von verschiedenen
Organisationen und Firmen insgesamt fünf sogenannte "Challenges" ausgeschrieben
– die des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gewann jetzt ein Team
des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) und
des Institut für Werkstofftechnik (IWT) der Universität Bremen in Zusammenarbeit
mit dem Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität
Tübingen. "Insgesamt waren 153 Vorschläge eingegangen", so Dipl.-Ing. Christian
Eigenbrod vom ZARM. "Dass wir bei dieser Konkurrenz auf Platz 1 gelandet sind,
macht uns daher sehr stolz."
Im Projekt geht es um die Entwicklung von Brandmelde-Sensorik, die einen
Brandherd "erschnüffeln" soll, schon bevor es zu dessen Entzündung kommt. "Jeder
kennt beispielsweise den eigentümlichen Geruch von überhitzter Elektrik oder
Elektronik. Ganz ähnlich emittiert jeder Stoff, wenn er überhitzt ist,
gasförmige Stoffe, die durch neuartige halbleitende Metall-Oxid Schichten
detektiert werden können", erklärt Eigenbrod. Was die Halbleiter dabei
detektieren, was kritisch und was unkritisch ist, müssen sie über Machine-Learning-Routinen
beigebracht bekommen.
Die Schichten ändern ihren Widerstand allerdings nicht nur aufgrund
spezieller Luft-Inhaltsstoffe, sondern auch aufgrund der allgemein veränderten
Atmosphärenzusammensetzung. Dabei spielen nicht nur zusätzlich emittierte Stoffe
eine Rolle, sondern auch das, was stattdessen weniger vorhanden ist. Nach
entsprechendem Training gibt es aber kaum einen gasförmigen Stoff, der so nicht
detektiert werden kann. Einen konkreten technischen Aufbau gibt es noch nicht.
Sensoren dieser Art werden von der Firma Sensirion AG – einer Ausgründung der
ETH Zürich – vertrieben und finden unter anderem in Geräten zur Überwachung der
Raumluftqualität Anwendung. Dabei geht es beispielsweise um CO2, CO
oder Formaldehyd, welches aus Möbeln ausgasen kann. Aber auch eigene Sensoren
können am IWT hergestellt und speziell auf die Anforderungen zur Branddetektion
angepasst werden.
Die Idee zu einem solchen Rauchmelder entstand vor einigen Jahren über ein
ESA-MAP (Microgravity Application Promotion)-Projekt zusammen mit der
Universität Tübingen und der ETH Zürich, um zu versuchen, neuartige Sensoren
unter Mikrogravitationsbedingungen herzustellen. Bei der Herstellung werden die
Schichten aus einer sehr heißen Spray-Flamme auf einem Substrat abgeschieden.
Dabei liefert die Flamme die benötigten hohen Temperaturen. Die Flüssigkeit, die
in Form eines brennbaren Sprays in die Flamme gebracht wird, enthält die
Ausgangsstoffe für die Halbleiterschicht. Das Standard-Verfahren heißt "Flame
Spray Pyrolysis" (FSP). Es zeigte sich allerdings, dass die benötigten hohen
Temperaturen nur mittels Knallgasflammen (Wasserstoff/Sauerstoff) erzielt werden
konnten. Da diese Flammen eine sehr schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit haben,
sind sie hochturbulent und der Gravitationseinfluss ist verschwindend gering.
Insofern war dieses Projekt nicht erfolgreich im Sinne, neue Materialien in
Schwerelosigkeit herstellen zu können.
Eigenbrod hatte sich aber an eben diese Sensor-Schichten erinnert, als sich
in der aktuellen Forschung zur Feuersicherheit in der astronautischen Raumfahrt
zeigte, dass momentan verwendete Rauchmelder ihrer Aufgabe kaum gerecht werden.
Dies können sie unter den Gegebenheiten auf der Internationalen Raumstation
(ISS) auch prinzipiell nur sehr schlecht, da neben dem Rauch auch alle anderen
Arten von feinen Partikeln erfasst werden, was zu häufigen Fehlalarmen führt.
Auch wurde klar, dass klassische Rauchmelder auf einer Mondstation bei
allgegenwärtigem feinstem Regolith-Staub kaum eine Chance auf zuverlässige
Funktion haben.
Darüber hinaus alarmieren Rauchmelder grundsätzlich erst dann, wenn es im
Prinzip schon zu spät ist. Also wurde der Kontakt nach Tübingen wieder
aufgegriffen und nachgefragt, ob die Halbleitersensoren in der Lage sein
könnten, Ausgasungen zu detektieren, die aus überhitzten Kunststoffen vielleicht
schon vor deren Entzündung stammen. Diese Frage wurde ohne Einschränkungen
bejaht, und die Idee eines neuartigen Brandmelders war somit geboren.
Durch den Erfolg beim INNOspace Masters wird die Umsetzung der Idee nun in
einem Entwicklungsprojekt untersucht. Dazu werden Förderungen bis zu 400.000
Euro bereitgestellt. Nach einer erfolgreichen ersten Projektphase könnte ein
erster Prototyp des Systems entwickelt werden, der beispielsweise auf der ISS
getestet werden könnte.
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