Innovative Sensorfolie aus Würzburg
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
17. August 2021
Raumfahrzeuge mit einer Vielzahl von Messsonden zu
überwachen, ist aktuell nicht praktikabel, wäre aber für einen möglichst
wirtschaftlichen Betrieb durchaus sinnvoll. Die Idee eines Teams der Universität
Würzburg könnte helfen: Mit einer Sensorfolie wollen sie überwachen, wie gut
Luft- und Raumfahrzeuge die mechanischen Belastungen des Flugs aushalten.
Modell der Sensorfolie zur Messung der
Materialbelastung von Luft- und Raumfahrzeugen im
Flug.
Bild: Alexander Hilgarth / Universität
Würzburg [Großansicht] |
Die Freude ist groß am Lehrstuhl für Informationstechnik für Luft- und
Raumfahrt: Alexander Hilgarth und Professor Sergio Montenegro waren im
internationalen Wettbewerb INNOspace Masters erfolgreich. Sie gewannen einen
zweiten Preis mit ihrer Idee für eine Sensorfolie, mit der die Bauteile von
Luft- und Raumfahrzeugen beklebt und dadurch während des Flugs überwacht werden
können. Die Auszeichnung ist mit einer Fördersumme von bis zu 400.000 Euro
verknüpft. Mit dem Geld wollen die beiden Forscher der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg die Sensorfolie nun für eine erste
Anwendung reif machen. Dass ihre Idee grundsätzlich funktioniert, haben sie in
Vorstudien gezeigt. Die Folgearbeiten starten im Spätherbst 2021. Nach zwei
Jahren sollen sie abgeschlossen sein.
Ziel einer solchen Sensorfolie soll es sein, den Wartungsaufwand in der Luft-
und Raumfahrt zu verkleinern und die Wiederverwendbarkeit von Raumfahrzeugen
wahrscheinlicher zu machen, so Elektrotechniker Hilgarth: "Nur die
Wiederverwendbarkeit von Trägersystemen und Bauteilen stellt die
Wirtschaftlichkeit sicher, um Raumfahrt im Sinne des 'New Space' betreiben zu
können. Die mögliche Kostenersparnis wird aber derzeit noch durch einen hohen
Wartungsaufwand begrenzt."
Das Schlagwort "New Space" beschreibt den Trend, dass auch private
Unternehmen in der Raumfahrt aktiv sind, wie etwa die Firma SpaceX des
amerikanischen Unternehmers Elon Musk. Sie hat Ende 2020 im Auftrag der NASA mit
einer Raumkapsel Astronauten erst zur Internationalen Raumstation ISS und Monate
später zur Erde zurückgebracht. Andere gewichtige Mitbewerber sind Northrop
Grumman, die Versorgungsflüge zur ISS durchführen oder auch das Unternehmen Blue
Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos.
Darüber hinaus kann die Sensorfolie auch Materialfehler aufdecken, die
nur unter mechanischer Belastung auftreten, bei Kontrollen im Hangar aber
verborgen bleiben. "Ein Beispiel dafür sind Risse, deren Bruchkanten sich im
unbelasteten Zustand wieder perfekt ineinanderfügen", sagt Hilgarth. Solche
Fehler wurden zum Beispiel in Verbundmaterialien aus Kunststoffen beobachtet.
Aktuell ist es nicht praktikabel, Luft- und Raumfahrzeuge im Flug mit einer
umfassenden Installation von Messsonden zu überwachen. "Dafür ist die
herkömmliche Messtechnik zu groß und zu schwer", erklärt der Elektrotechniker.
Mit der Sensorfolie TOMOPLEX (Tomographischer Plexus) aus Würzburg könnte sich
das ändern: Sie soll eine kontinuierliche Echtzeitüberwachung ermöglichen. In
der Folie kommen tomographische Messverfahren zum Einsatz, die in der Luft- und
Raumfahrt bislang nicht üblich sind. Die Folie funktioniert dabei als
Schaltungsträger für ein drahtloses Sensornetzwerk. Dem Team zufolge ist sie
platzsparend und flexibel. Sie könne auch an schwer zugänglichen Stellen von
Luft- und Raumfahrzeugen angebracht werden.
Der INNOspace-Masters-Wettbewerb stand diesmal unter dem Motto "Innovationen
für nachhaltige Infrastrukturen – im Weltall und auf der Erde". Er richtete sich
an kleinere Unternehmen, Start-ups, Universitäten und außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen aus aller Welt. Insgesamt haben 330 Teams aus 23 Ländern
126 Ideen eingereicht. In fünf Kategorien wurden am Ende insgesamt 15 Ideen
ausgezeichnet. Die Preise wurden am 29. Juli 2021 bei einer Online-Konferenz
verliehen. Der Wettbewerb fand zum sechsten Mal statt.
Veranstalter ist die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie. Der Wettbewerb ist Teil der Initiative INNOspace, die seit 2013
Innovationen und Technologietransfers zwischen Raumfahrt und raumfahrtfremden
Industriezweigen fördert.
Das Team von Montenegro war in der INNOspace-Masters-Challenge schon einmal
erfolgreich: 2016 holte es den ersten Platz im Gesamtwettbewerb – mit einer Idee
für einen drahtlosen Kleinsatelliten SKITH (Skip the Harness). Daraus entstand
das Projekt INNOcube, bei dem Montenegros Team gemeinsam mit der TU Braunschweig
daran arbeitet, einen drahtlosen Kleinsatelliten in den Orbit zu bringen. Der
Start ist für 2023 geplant.
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