Beobachtung der aktiven Galaxie OJ 287 mit Rekordwinkelauflösung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
20. Januar 2022
Durch die Verbindung von zwölf über die ganze Erde
verteilten Radioobservatorien und der 10-Meter-Antenne an Bord des russischen
Satelliten Spektr-R wurde ein virtuelles Radioteleskop mit einem
Durchmesser von 193.000 Kilometern realisiert und damit die aktive Galaxie OJ
287 beobachtet. Das Ergebnis: eine Rekordwinkelauflösung von zwölf
Mikrobogensekunden.

Darstellung des gekrümmten Jets in der
aktiven Galaxie OJ 287 in drei Radiobildern
unterschiedlicher Wellenlänge und Auflösung (1,3
cm – Radioastron; 3,5 mm – GMVA; 2 cm – VLBA).
Das Bild oben links hat eine Rekordauflösung von
ca. 12 µas.
Bild: Eduardo Ros/MPIfR (Kollage), Gómez et
al., The Astrophysical Journal, 2022 (Bilder) [Großansicht] |
Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschenden vom Bonner
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) hat die aktive Galaxie OJ 287
mit einer Rekordwinkelauflösung von zwölf Mikrobogensekunden im Radiobereich
kartiert. Gelungen ist dies mithilfe der VLBI-Technik, bei der Signale von
mehreren Radioteleskopen miteinander kombiniert werden. Durch die Verbindung von
zwölf über die ganze Erde verteilten Radioobservatorien und der 10-Meter-Antenne
an Bord des russischen Satelliten Spektr-R im Weltraum haben die
Forscherinnen und Forscher ein virtuelles Radioteleskop mit einem Durchmesser
von 193.000 Kilometern realisiert. Damit erfolgte ein Blick in das Herz der
Galaxie OJ 287, in dem ein Paar von supermassereichen Schwarzen Löchern vermutet
wird.
VLBI-Beobachtungen der Galaxie OJ 287 wurden bei vier verschiedenen
Wellenlängen durchgeführt. Die Beobachtungen mit dem Weltraum-Radioteleskop
Spektr-R zusammen mit weiteren erdgebundenen Teleskopen im Rahmen des
RadioAstron-Projekts wurden bei einer Wellenlänge von 1,3 Zentimetern
durchgeführt, während zusätzliche VLBI-Beobachtungen bei Wellenlängen von 2, 0,7
und 0,3 Zentimetern nur mit erdgebundenen Teleskopen durchgeführt wurden. Die
resultierenden Bilder bei 1,3 Zentimeter Wellenlänge erreichen eine
rekordverdächtige Auflösung von etwa zwölf Mikrobogensekunden; das entspricht
der Größe einer 20-Cent-Münze auf der Oberfläche des Mondes.
Die Galaxie OJ 287 befindet sich in einer Entfernung von fünf Milliarden
Lichtjahren von der Erde in Richtung des Sternbilds Krebs. Sie gehört zur Klasse
der Blazar-Galaxien, gekennzeichnet durch eine starke und variable Emission aus
der unmittelbaren Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der
Galaxie. Die interferometrischen Aufnahmen bei allen vier Wellenlängen zeigen
durchweg mehrere Emissionsknoten in einem stark gekrümmten Plasmastrahl,
sogenannte Jets. Die Krümmung des Jets nimmt mit zunehmender Winkelauflösung und
in Richtung des Jet-Ursprungs immer weiter zu.
Das stützt die Hypothese eines präzedierenden Jets, der durch die beiden
supermassereichen Schwarzen Löcher im Zentrum der Galaxie beeinflusst wird. Die
Analyse der Polarisationseigenschaften der Radiostrahlung zeigt eine überwiegend
toroidale Struktur des Magnetfelds. Das wiederum lässt darauf schließen, dass
die innerste radiostrahlende Region von einem schraubenförmigen (helikalen)
Magnetfeld durchzogen ist, in Übereinstimmung mit Modellen zur Entstehung des
Jets.
Die Untersuchung der spektralen Eigenschaften der Radiostrahlung zeigt, dass
das Jetplasma aus Elektronen und Positronen besteht, deren kinetische Energie in
etwa mit der Energie des Magnetfelds im Gleichgewicht steht. Wiederholte
Injektionen von energiereicheren Teilchen in das Jet-Plasma stören dieses
Gleichgewicht und lassen einige Teile des inneren Jets aufflackern.
OJ 287 ist einer der besten Kandidaten für zwei umeinander rotierende
supermassereiche Schwarze Löcher in unserer kosmischen Nachbarschaft. Man nimmt
an, dass sich das sekundäre Schwarze Loch in diesem System auf einer engen,
elliptischen Umlaufbahn befindet, die die Akkretionsscheibe des primären
Schwarzen Lochs zweimal alle zwölf Jahre durchquert, dabei starke Flares erzeugt
und zur Präzession der Rotationsachse des primären Schwarzen Lochs führt.
"Eine der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung
supermassereicher Schwarzer Löcher ist zur Zeit, wie das Paar Schwarzer Löcher
am Ende verschmelzen kann - das so genannte 'Final Parsec Problem'. Die Theorie
besagt, dass der Abstand zwischen den beiden Schwarzen Löchern aufhört zu
schrumpfen, nachdem sie Sterne und Gas in der Umgebung komplett verdrängt haben.
An diesem Punkt kommt die Gravitationsstrahlung ins Spiel und bewirkt, dass sich
die beiden Schwarzen Löcher immer weiter annähern, bis sie schließlich
miteinander verschmelzen", sagt Andrei Lobanov vom MPIfR.
Das erwartete binäre System supermassereicher Schwarzer Löcher in OJ 287 ist
so nahe, dass es Gravitationswellen aussenden sollte, die in naher Zukunft mit
Pulsar Timing Arrays nachgewiesen werden könnten. Ein erheblicher Teil der
Energie, die über die von den Schwarzen Löchern akkretierte Materie freigesetzt
wird, gelangt in die bipolaren und hoch-relativistischen Plasmajets. Sie können
mit VLBI-Beobachtungen im Detail untersucht werden.
"Die beobachtete Feinstruktur der inneren Jet-Region eignet sich sowohl zum
Test der Gültigkeit des Modells eines binären Schwarzen Lochs als auch zur
Prüfung der Frage, ob die beobachtete Jet-Krümmung auch durch andere Effekte
verursacht werden kann, wie z. B. spiralförmige Magnetfelder, oder die
rotierende Raumzeit in der Nähe des Schwarzen Lochs", ergänzt Thomas Krichbaum,
ebenfalls vom MPIfR.
"Die Resultate haben uns geholfen, unser Wissen über die Morphologie der
relativistischen Jets in der Nähe der zentralen Antriebsmaschine zu erweitern,
die Rolle der Magnetfelder am Fußpunkt der Jets zu bestätigen und weitere
Merkmale für die Existenz eines binären Schwarzen Lochs tief im Herzen von OJ
287 zu erkennen und zu untersuchen", sagt Thalia Traianou, die nach ihrer
Promotion am MPIfR zum Instituto de Astrofísica de Andalucía gewechselt
ist.
"Dem Ziel, die höchsten Auflösungen in der Astronomie zu erreichen, sind wir
mit der RadioAstron-Mission und mit unseren Entwicklungen von VLBI im
Millimeterwellenbereich, wie dem 'Global mm-VLBI Array', einen großen Schritt
näher gekommen. Unsere Pionierarbeit der letzten Jahrzehnte trägt nun Früchte,
wie man bei diesen aufregenden Ergebnissen für OJ 287 sehen kann", schließt J.
Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Mitglied des Internationalen
Wissenschaftsrats von RadioAstron.
Die Beobachtungen wurden jetzt in der Fachzeitschrift The Astrophysical
Journal veröffentlicht.
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