Überraschend massereiche Planeten um V1298 Tau
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
3. Dezember 2021
Forschenden ist es gelungen, die Massen der Riesenplaneten
um den jungen Stern V1298 Tau zu bestimmen. Das Ergebnis überraschte, ist die
Masse der beiden Welten doch mit der der Gasriesen in unserem Sonnensystem
vergleichbar. Wenn Gasplaneten tatsächlich so schnell solche Massen erreichen,
könnte auch die Entstehung von Jupiter und Saturn anders verlaufen sein als
bislang gedacht.
Künstlerische Darstellung des Exoplaneten-Systems
um den sonnenähnlichen Stern V1298 Tau.
Bild: Gabriel Pérez Díaz, SMM (IAC) [Großansicht] |
Die neue Studie berichtet über die Messung der Massen von zwei
Riesenplaneten, die den sonnenähnlichen Stern V1298 Tau umkreisen. Der Stern ist
gerade einmal 20 Millionen Jahre alt. Die Planeten in dem System wurden 2019
anhand von Daten des Kepler-Weltraumteleskops der NASA entdeckt, die
die Messung ihrer Größe – etwas kleiner als Jupiter – und ihrer Umlaufzeiten –
24 bzw. 40 Tage für V1298 Tau b und e – ermöglichten.
"Die Charakterisierung von sehr jungen Planeten ist außerordentlich
schwierig", sagt Dr. Alejandro Suárez Mascareño vom Instituto de Astrofísica
de Canarias (IAC). "Die Elternsterne sind sehr aktiv, und bis vor Kurzem
war es undenkbar, es überhaupt zu versuchen. Nur dank der Kombination von
Beobachtungen mit Weltraumteleskopen mit intensiven
Radialgeschwindigkeitsstudien von erdgebundenen Observatorien und dem Einsatz
der fortschrittlichsten Analysetechniken war es möglich zu sehen, was in frühen
Stadien der Entwicklung von Planetensystemen geschieht".
Für die neuen Messungen der Planetenmassen war es notwendig, die von den
Planeten erzeugten Signale von dem fast zehnmal größeren, von der Aktivität des
Sterns erzeugten, Signal zu trennen. An dieser Stelle kommt die Spezialisierung
von STELLA (STELLar Activity) ins Spiel. "Mit seiner großen
Wellenlängenabdeckung von ultravioletter bis infraroter Strahlung bei einer
hohen spektralen Auflösung kann STELLA die magnetische Aktivität eines Sterns
verfolgen", erläutert Prof. Klaus Strassmeier, wissenschaftlicher Direktor des
Bereichs Kosmische Magnetfelder am AIP und Projektleiter für STELLA.
Die Studie zeigt, dass die Massen und Radien der Planeten V1298 Tau b und c
überraschenderweise denen der Riesenplaneten im Sonnensystem und in anderen
alten extrasolaren Planetensystemen ähneln. Die Messungen, die zum ersten Mal
für junge Riesenplaneten durchgeführt wurden, ermöglichen es, die derzeitigen
Konzepte der Entstehung von Planetensystemen zu überprüfen.
"Seit vielen Jahren deuten theoretische Modelle darauf hin, dass
Riesenplaneten ihre Entwicklung als größere Körper beginnen und sich dann über
Hunderte Millionen oder sogar Milliarden von Jahren zusammenballen", erklärt Dr.
Víctor J. Sánchez Béjar, Forscher am IAC. "Wir wissen jetzt, dass sie in sehr
kurzer Zeit eine ähnliche Größe wie die Planeten unseres Sonnensystems erreichen
können."
Die Untersuchung junger Planetensysteme gibt Forschenden Aufschluss darüber,
was in den Kinderschuhen unseres Sonnensystems geschah. "Wir wissen immer noch
nicht, ob es sich bei V1298 Tau und seinen Planeten um einen Normalfall handelt
und ihre Entwicklung derjenigen der meisten Planeten ähnelt, oder ob wir es mit
einer Ausnahme zu tun haben. Wenn dies der Normalfall wäre, würde dies bedeuten,
dass die Entwicklung von Planeten wie Jupiter und Saturn ganz anders verlief,
als wir denken", kommentiert Dr. Nicolas Lodieu vom IAC, der auch ehemaliger
Doktorand am AIP war. Die Ergebnisse tragen somit dazu bei, eine solidere
Vorstellung von der frühen Entwicklung von Planetensystemen wie dem unseren zu
gewinnen.
Die Massenbestimmung erforderte einen erheblichen Beobachtungsaufwand und die
Zusammenarbeit mehrerer Observatorien und Institutionen aus verschiedenen
Ländern. Das Team kombinierte Radialgeschwindigkeitsmessungen von Instrumenten
wie dem hochauflösenden ultrastabilen Spektrographen HARPS-N am Telescopio
Nazionale Galileo (TNG) des Roque-de-los-Muchachos-Observatoriums (ORM),
dem hochauflösenden Spektrographen CARMENES am Calar-Alto-Observatorium, dem
HERMES-Spektrographen am Mercator-Teleskop, ebenfalls am ORM, und dem
SES-Spektrographen der AIP-eigenen STELLA-Teleskope des Teide-Observatoriums.
Zusätzlich nutzten die Forschenden Beobachtungen des Las-Cumbres-Observatoriums.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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