Gasriese wuchs in drei Phasen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
28. August 2018
Der Gasriese Jupiter entstand offenbar mit Verzögerung:
Kollisionen mit kilometergroßen Brocken erzeugten zunächst so hohe Energien, das
dadurch kaum eine Anreicherung von Gas stattfinden und der Planet somit nur
langsam wachsen konnte. Dies passt zu aktuellen Daten über das frühe
Sonnensystem, die aus der Analyse von Meteoriten stammen.
Der Gasriese Jupiter in einer Ansicht der
NASA-Sonde Juno.
Bild: NASA / JPL-Caltech / SwRI / MSSS /
Gerald Eichstad / Sean Doran [Großansicht] |
Der Jupiter ist mit einem Äquatordurchmesser von rund 143.000
Kilometern der größte Planet des Sonnensystems und hat 300 Mal so viel Masse wie
die Erde. Der Entstehungsmechanismus von Riesenplaneten wie Jupiter ist seit
Jahrzehnten ein heiß diskutiertes Forschungsthema. Nun haben sich
Astrophysikerinnen und Astrophysiker des Nationalen Forschungsschwerpunktes
PlanetS der Universitäten Bern und Zürich sowie der ETH Zürich zusammengetan, um
ein altes Rätsel rund um die Entstehung des Jupiters und neue Messungen zu
erklären.
"Wir konnten zeigen, dass der Jupiter in verschiedenen Phasen gewachsen ist",
erklärt Julia Venturini, Postdoktorandin an der Universität Zürich. "Besonders
interessant ist, dass es nicht die gleichen Körper sind, welche die Masse und
die Energie liefern", ergänzt Yann Alibert, Science Officer bei PlanetS.
Zuerst sammelte der Planeten-Embryo nämlich schnell kleine, zentimetergroße
Kieselsteine an und formte so in der ersten Million Jahren rasch einen Kern. Die
folgenden zwei Millionen Jahre waren geprägt von einer langsameren Anhäufung von
kilometergroßen Blöcken, den sogenannten Planetesimalen. Sie trafen den
wachsenden Planeten mit großer Wucht und setzen Wärme frei. "Während der ersten
Etappe brachten die Kieselsteine die Masse", erklärt Alibert: "In der zweiten
Phase fügten die Planetesimale auch etwas Masse hinzu, aber was noch wichtiger
ist, sie brachten Energie." Nach drei Millionen Jahren war Jupiter zu einem
Körper von 50 Erdmassen herangewachsen. Dann begann die dritte
Entwicklungsphase, dominiert von der Anreicherung von Gasen, die zum heutigen
Gasriesen mit rund 300 Erdmassen führte.
Das neue Modell für Jupiters Geburt passt zu den Meteoritendaten, die letztes
Jahr auf einer Konferenz in den USA vorgestellt wurden. Zunächst waren Venturini
und Alibert verwirrt, als sie die Ergebnisse hörten. Messungen der
Zusammensetzung von Meteoriten zeigten, dass in der Urzeit das Sonnensystems –
damals eine Scheibe aus Staub und Gas – während zwei Millionen Jahren in zwei
Regionen aufgeteilt war. Daraus ließ sich der Schluss ziehen, dass der Jupiter
eine Art Barriere darstellte, als er von 20 auf 50 Erdmassen anwuchs.
Während dieser Zeit muss der Planet die Staubscheibe gestört haben, und er
muss eine Überdichte erzeugt haben, welche dazu führte, dass die Kieselsteine
außerhalb seiner Umlaufbahn gefangen waren. Daher konnte sich das Material aus
den äußeren Regionen nicht mit dem Material der inneren vermischen, bis der
Planet genügend Masse erreicht hatte, um Gestein umzulenken und nach innen zu
streuen. "Wie konnte es zwei Millionen Jahre dauern, bis Jupiter von 20 auf 50
Erdmassen angewachsen war?" fragte sich Venturini. "Das schien viel zu lang. Das
war also die Frage, die unsere Studie auslöste.
Eine Diskussion per E-Mail begann unter den Forschenden des
Forschungsschwerpunktes PlanetS und in der darauffolgenden Woche organisierten
die Expertinnen und Experten aus den Bereichen Astrophysik, Kosmochemie und
Hydrodynamik ein Treffen in Bern. "Nach ein paar Stunden wussten wir, was wir
für unsere Studie berechnen mussten", erinnert sich Alibert. "Das war nur im
Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts möglich, der Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Gebieten vernetzt."
Mit ihren Berechnungen zeigten die Forschenden, dass die Zeit, die der junge
Planet im Massenbereich von 15 bis 50 Erdmassen verbrachte, in der Tat viel
länger war als bisher angenommen. Während dieser Entstehungsphase lieferten die
Kollisionen mit den kilometergroßen Blöcken genügend Energie, um die
Gasatmosphäre des jungen Jupiters aufzuheizen und eine schnelle Abkühlung,
Kontraktion und weitere Gasanreicherung zu verhindern. "Kieselsteine sind in den
ersten Phasen wichtig, um schnell einen Kern zu bilden. Aber die Wärme, die von
den Planetesimalen geliefert wird, ist entscheidend, um die Gasanreicherung so
zu verzögern, dass sie zur Zeitskala passt, die durch die Meteoritendaten
vorgegeben wird", so die Schlussfolgerung des Teams. Die Ergebnisse könnten auch
dazu beitragen, Probleme bei der Erklärung der Entstehung von Uranus und Neptun
sowie von extrasolaren Planeten mit ähnlicher Masse zu lösen.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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