Galaktischer Jet modelliert
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt astronews.com
5. November 2021
Aus unmittelbarer Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs
der Riesengalaxie M 87 wird ein gewaltiger Teilchenstrahl ins All ausgestoßen. Einem internationalen Wissenschaftsteam
ist es nun gelungen, ein Modell zur
Entstehung dieses Jets zu entwickeln. Die berechneten Bilder stimmen
außergewöhnlich gut mit den astronomischen Beobachtungen überein.
Entlang der magnetischen Feldlinien
(gelb-grün dargestellt) werden die Teilchen so
stark beschleunigt, dass sie aus der Galaxie M 87
heraus einen Jet von 6000 Lichtjahre Länge
bilden. Die Akkretionsscheibe ist rot
dargestellt.
Bild: Alejandro Cruz-Osorio /
Goethe-Universität Frankfurt [Großansicht] |
55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Jungfrau liegt die
Galaxie Messier 87 (M 87), eine Riesengalaxie mit 12.000 Kugelsternhaufen, gegen
die die 200 Kugelsternhaufen der Milchstraße eher bescheiden wirken. Im Zentrum
von M 87 befindet sich ein Schwarzes Loch von 6,5 Milliarden Sonnenmassen. Es
ist das erste Schwarze Loch, von dessen "Schatten" es ein Bild gibt, erstellt
2019 von der internationalen Forschungskollaboration Event Horizon Telescope.
Dieses Schwarze Loch (M87*) stößt mit nahezu Lichtgeschwindigkeit einen
Plasmastrahl aus, einen sogenannten relativistischen Jet, der 6000 Lichtjahre
misst. Die ungeheure Energie für diesen Jet stammt wahrscheinlich aus der
Anziehungskraft des Schwarzen Lochs, doch wie genau ein solcher Jet entsteht und
was ihn über diese riesige Entfernung hin stabilisiert, ist bisher noch nicht
verstanden.
Das Schwarze Loch M87* zieht Materie an, die in einer Ebene um das
Schwarze Loch in immer engeren Umlaufbahnen rotiert, bis sie von dem Schwarzen
Loch aufgesaugt wird. Aus dem Zentrum dieser spiralförmigen Akkretionsscheibe
von M87* wird der Jet ausgestoßen. diese
Region modellierten jetzt sehr detailreich theoretische Physiker der
Goethe-Universität Frankfurt zusammen mit Wissenschaftlern aus Europa, den USA
und China. Dabei nutzten sie ausgefeilte dreidimensionale
Supercomputer-Simulationen, die pro Simulation die gewaltige Menge von einer
Million CPU-Stunden verschlangen und gleichzeitig die Gleichungen von Albert
Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, James Maxwells Gleichungen zum
Elektromagnetismus und Leonhard Eulers Gleichungen zur Strömungsmechanik
integrieren mussten.
Das Ergebnis war ein Modell, bei dem die berechneten Werte
für Temperaturen, Materiedichten und Magnetfeldern in hohem Maße mit den Werten
übereinstimmten, die aus den astronomischen Beobachtungen errechnet wurden. Auf
dieser Basis gelang es den Wissenschaftlern, die komplexe Strahlungsbewegung in
der gekrümmten Raumzeit im innersten Bereich des Jets zu modellieren und in
Bilder des Radiowellenspektrums zu übersetzen. Diese computermodellierten Bilder
konnten sie nun mit den Beobachtungen vergleichen, die während der vergangenen
drei Jahrzehnte mit zahlreichen Radioteleskopen und Satelliten gemacht wurden.
"Unser theoretisches
Modell der elektromagnetischen Emission und der Jet-Morphologie von M 87 stimmt
überraschend gut mit den astronomischen Beobachtungen des Jets überein, und zwar
im infraroten, im optischen und im Röntgenspektrum", erklärt Dr. Alejandro
Cruz-Osorio von der Goethe-Universität Frankfurt. "Daraus folgern wir, dass das
supermassive Schwarze Loch M87* wahrscheinlich stark rotiert und dass das Plasma
im Jet stark magnetisiert ist, wodurch die Teilchen so stark beschleunigt
werden, dass sie diesen Jet über Tausende von Lichtjahren bilden."
"Dass die von uns berechneten Bilder den astronomischen Beobachtungen so
nahekommen, ist eine weitere wichtige Bestätigung dafür, dass Einsteins
Allgemeine Relativitätstheorie die genaueste und natürlichste Erklärung für die
Existenz supermassereicher schwarzer Löcher im Zentrum von Galaxien ist",
unterstreicht Prof. Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität Frankfurt. "Zwar
lassen unsere Berechnungen immer noch Raum für alternative Erklärungsmodelle,
doch durch die Ergebnisse unserer Arbeit wird dieser Raum deutlich kleiner."
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team jetzt in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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