Ein überraschender Transitplanet
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
29. Juni 2021
Bei der Untersuchung von zwei Exoplaneten in einem hellen
und vergleichsweise nahen Sternsystem konnten Astronominnen und Astronomen zu
ihrer Überraschung beobachten, wie ein weiterer Planet vor dem Stern
vorübergezogen ist. Für das Team ist das ein Glücksfall, der ganz neue
Erkenntnisse über die Entstehung des Planetensystems liefern könnte.
Künstlerische Darstellung des Systems Nu2
Lupi.
Bild: ESA [Großansicht] |
Sogenannte Fotobomben – wenn ein Objekt oder eine Person während der
Aufnahme eines Fotos unerwartet in das Sichtfeld der Kamera gerät – passieren
jeden Tag: Manchmal ist es ein Bekannter, ein anderes Mal eine Fremde oder
vielleicht ein Vogel. Selten jedoch ist es ein ganzer Planet. Doch genau das
passierte, als das Weltraumteleskop CHEOPS Bilder von einem 50 Lichtjahre
entfernten Planetensystem aufnahm.
Das Planetensystem befindet sich im Sternbild Wolf, um einen Stern namens Nu2
Lupi, der mit bloßem Auge sichtbar ist - allerdings nicht aus Mitteleuropa. Im
Jahr 2019 gaben Schweizer Astronomen die Entdeckung von drei Exoplaneten um
diesen hellen, sonnenähnlichen Stern bekannt. Die drei Exoplaneten haben Massen
zwischen denen von Erde und Neptun (17-mal jene der Erde) und brauchen 12, 28
und 107 Tage, um ihren Mutterstern zu umkreisen.
"Was diese Exoplaneten wirklich herausragend macht, ist, dass wir sie direkt
vor ihrem Stern vorbeiziehen sehen können; man spricht von einem 'Transit'",
sagt Yann Alibert, Professor für Astrophysik an der Universität Bern und
Mitautor der jetzt vorgestellten Studie. "Das wussten wir bereits über die
beiden inneren Planeten, was uns dazu veranlasste, CHEOPS überhaupt auf das
System zu richten. Der dritte Planet ist jedoch ziemlich weit vom Stern
entfernt, seinen Transit hatte niemand erwartet", ergänzt Alibert.
Je weiter der Planet von seinem Stern entfernt ist, desto unwahrscheinlicher
ist nämlich ein Transit. Es ist das erste Mal, dass ein Exoplanet mit einer
Umlaufzeit von über 100 Tagen – was einer Entfernung vom Stern entspricht, die
irgendwo zwischen der von Merkur und Venus von der Sonne liegt – entdeckt wurde,
der einen Stern kreuzt, der hell genug ist, um mit bloßem Auge sichtbar zu sein.
"Aufgrund seiner relativ langen Umlaufzeit ist die Menge an stellarer Strahlung,
die den Planeten erreicht, im Vergleich zu vielen anderen entdeckten Exoplaneten
mild. Je weniger Strahlung ein Planet erhält, desto weniger verändert er sich im
Laufe der Zeit. Daher könnte ein Planet mit einer langen Periode mehr
Informationen über seine Entstehung bewahrt haben", sagt David Ehrenreich,
Professor an der Universität Genf und Missionswissenschaftler von CHEOPS, der an
der Studie mitbeteiligt war.
Doch die wenigen solchen Exoplaneten, die Astronominnen und Astronomen bisher
gefunden hatten, umkreisten schwach strahlende Sterne. Mit anderen Worten: Wenig
von ihrem Licht erreicht die Erde und macht sie daher schwer zu untersuchen.
Nicht so dieses Mal: "Da sein heller Wirtsstern recht nahe bei uns ist, lässt er
sich leichter untersuchen. Das macht ihn zu einem beispiellosen Ziel für
zukünftige Studien", freut sich Ehrenreich.
Die hochpräzisen Messungen von CHEOPS zeigen, dass der dritte Planet, nu2
Lupi d genannt, etwa 2,5-mal so groß ist wie die Erde und fast die neunfache
Masse der Erde hat. Durch die Kombination dieser Messungen mit Archivdaten von
anderen Observatorien und numerischen Modellen, die von der Universität Bern
entwickelt wurden, konnte Laetitia Delrez, Gastforscherin an der Universität
Genf, die Dichte und Zusammensetzung des Planeten und seiner Nachbarn genau
charakterisieren. "Der innerste Planet ist hauptsächlich felsig, während die
beiden äußeren von Hüllen aus Wasserstoff- und Heliumgasen umhüllt zu sein
scheinen, unter denen sie große Mengen an Wasser enthalten", erklärt Delrez.
Dies ist weit mehr Wasser, als die Erde hat: Ein Viertel der Masse jedes
Planeten besteht aus Wasser, verglichen mit weniger als 0,1 Prozent im Fall der
Erde. Dieses Wasser ist jedoch nicht flüssig, sondern liegt in Form von
Hochdruckeis oder Hochtemperaturdampf vor, was die Planeten unbewohnbar macht.
Doch diese Erkenntnisse könnten nur der Anfang sein.
"Jetzt, da wir entdeckt haben, dass alle drei Planeten Transite zeigen und
ihre Eigenschaften genau gemessen haben, ist der nächste Schritt, sie mit
größeren und leistungsfähigeren Instrumenten als CHEOPS zu untersuchen. Wie dem
Hubble-Weltraumteleskop oder seinem Nachfolger, dem James Webb-Weltraumteleskop.
Sie könnten weitere Details aufdecken, etwa die Zusammensetzung der Atmosphäre",
sagt Ehrenreich. Angesichts seiner Gesamteigenschaften und seiner Umlaufbahn
wird Planet d das Aushängeschild für Exoplaneten mit einer Atmosphäre von milder
Temperatur um einen sonnenähnlichen Stern werden.
Die CHEOPS-Mission (CHaracterising ExOPlanet Satellite) ist die erste der neu
geschaffenen S-Klasse-Missionen der ESA, die mit geringerem Budget und in
kürzerer Zeit entwickelt werden als größere Vorhaben. CHEOPS widmet sich der
Charakterisierung von Exoplaneten-Transiten. Dabei misst CHEOPS die
Helligkeitsänderungen eines Sterns, wenn ein Planet vor diesem Stern
vorbeizieht.
Aus diesem Messwert lässt sich die Größe des Planeten ableiten und mit
bereits vorhandenen Daten daraus die Dichte bestimmen. So erhält man wichtige
Informationen über diese Planeten – zum Beispiel, ob sie überwiegend felsig
sind, aus Gasen bestehen oder ob sich auf ihnen tiefe Ozeane befinden. Dies
wiederum ist ein wichtiger Schritt, um zu bestimmen ob auf einem Planeten
lebensfreundliche Bedingungen herrschen. CHEOPS wurde im Rahmen einer
Partnerschaft zwischen der ESA und der Schweiz entwickelt.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht wurde.
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