Doppelpulsare und die Relativitätstheorie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
10. Mai 2021
Ein internationales Team von Forschenden verwendet das
südafrikanische MeerKAT-Radioteleskop zur Überprüfung der Theorien von
Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Jetzt wurden die ersten Ergebnisse
vorstellt, die bereits deutlich machen, wie präzise die Messungen sein werden.
Als Versuchsobjekt dienen Doppelpulsar-Systeme.
Illustration des Systems PSR J0737-3039A:
Das Doppelpulsar-System besteht aus zwei Pulsaren
(mit Rotationsperioden von 23 ms und 2,8 s), die
sich gegenseitig umkreisen. Der Doppelpulsar ist
eines der Beobachtungsobjekte, die im Rahmen des
RelBin-Programms untersucht werden.
Bild: Michael Kramer/MPIfR [Großansicht] |
Die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein gehört zu den
bestuntersuchten Theorien der Physik und stellt die derzeit präziseste
Beschreibung der Gravitation dar. Dennoch bleiben Fragen wie die nach der Natur
der Dunklen Materie oder der Dunklen Energie unbeantwortet, und mögliche
Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie werden nach wie vor
untersucht. Hier bietet die Erforschung von Binärpulsaren, also von Sternen
extrem hoher Dichte, die sowohl als kosmische Leuchttürme als auch als präzise
Uhren fungieren, einzigartige Einblicke, die andere Experimente, etwa mit
Gravitationswellendetektoren oder Satellitenmissionen, ergänzen.
Pulsare sind nur etwa 24 km groß und bestehen hauptsächlich aus Neutronen.
Mit Massen bis zur etwa zweifachen Sonnenmasse sind sie die extremsten Objekte
im beobachtbaren Universum. Durch die Verfolgung ihrer Bewegung um einen
möglichen Begleiter, einen anderen Neutronenstern oder einen größeren Weißen
Zwerg, den freigelegten Kern eines gewöhnlichen Sterns am Ende seines Lebens,
können Radioteleskope wie MeerKAT in Südafrika ihre Position in der jeweiligen
Umlaufbahn auf nur etwa 30 Meter genau bestimmen. Dies kann eine Reihe von
relativistischen Effekten in der Umlaufbewegung aufdecken, wie die Emission von
Gravitationswellen oder die Auswirkungen auf die Ausbreitung von Licht in ihren
starken Gravitationsfeldern.
Das MeerKAT-Teleskop ist ein neues Radioteleskop, das vom South African
Radio Astronomy Observatory (SARAO) gebaut und betrieben wird. Es bietet
eine hohe Empfindlichkeit durch die Kombination der Signale von 64 einzelnen
13-Meter-Antennen. Im Rahmen des Durchmusterungsvorhabens MeerTime, das
von Prof. Matthew Bailes von der Swinburne-Universität in Australien geleitet
wird, war das Projekt "Relativistic and Binary Pulsars" (RelBin) unter der
Leitung von Prof. Michael Kramer, Direktor am Max-Planck-Instituts für
Radioastronomie (MPIfR) in Bonn, und Prof. Ingrid Stairs von der University
of British Columbia in Kanada, das am besten bewertete
Wissenschaftsprogramm, das für MeerKAT vorgeschlagen wurde.
Das internationale RelBin-Team mit Kollegen aus Afrika, Australien, Europa
und Nordamerika präsentierte nun die ersten Ergebnisse aus diesem Programm.
RelBin konzentriert sich in erster Linie auf die Beobachtung von
relativistischen Effekten in Pulsar-Binärsystemen, um Präzisionsmessungen der
Massen von Neutronensternen und Tests von Gravitationstheorien zu ermöglichen.
Auch wenn detaillierte Ergebnisse erst nach vielen weiteren Monaten der
Beobachtung zu erwarten sind, kann das Team bereits jetzt zeigen, dass die
Beobachtungen mit MeerKAT die vorhandenen Daten von anderen Teleskopen
typischerweise um einen Faktor 2 bis 3, manchmal sogar um eine ganze
Größenordnung, verbessern.
Michael Kramer ist begeistert: "Die Leistung von MeerKAT ist besser als wir
erwartet haben! Wir können jetzt Experimente durchführen, die mit anderen
Teleskopen nicht nur etwa zehn Jahre gedauert hätten, sondern wir können sie
auch viel präziser durchführen."
Zu den untersuchten Quellen gehört ein berühmtes Doppelpulsar-System, in dem
sich zwei Pulsare in nur 2,5 Stunden umkreisen. "Wir können dieses System jetzt
viel genauer untersuchen", so Stairs. "Das System ändert seine Bahnkonfiguration
aufgrund relativistischer Effekte ständig, und wir können diese Effekte für
Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie sehr genau verfolgen."
RelBin ist die bisher größte Studie von relativistischen Doppelpulsaren und
zielt auch darauf ab, die Zahl präzise gemessener Massen von Neutronensternen zu
erhöhen. "Die Masse von Neutronensternen gibt Aufschluss darüber, wie dicht wir
die Materie im Universum packen können", erläutert Dr. Vivek Venkatraman
Krishnan, Post-Doktorand am MPIfR und Mitorganisator der Arbeit "Mit MeerKAT-Beobachtungen
von relativistischen Effekten in der Bewegung von Neutronensternen in
Binärsystemen können wir ihre Massen mit einer Genauigkeit von etwa einem
Prozent oder besser messen und damit möglicherweise eine Reihe von Modellen, die
von Kernphysikern vorgeschlagen wurden, beweisen oder ausschließen."
Das Team von Bailes an der Swinburne University of Technology hat
die Supercomputer-Infrastruktur entwickelt, die täglich fast 300 Millionen
Megabyte an Input vom Teleskop "verdaut" und in wissenschaftlich verwertbare
Daten umwandelt. "MeerKAT ist ein perfektes Beispiel für ein global umfassendes
Wissenschaftsprojekt, bei dem Experten aus der ganzen Welt zusammenkommen, um
ein fantastisches Instrument zu bauen, das die Einsteinschen Gesetze auf Herz
und Nieren prüft", sagt er.
Das MeerKAT-Teleskopnetzwerk ist das größte Radioteleskop der südlichen
Hemisphäre und eines von zwei Vorläuferinstrumenten des SKA-Projekts, aufgebaut
in Südafrika. Das in der Karoo-Wüste gelegene Radioteleskop wird demnächst um
eine Anzahl zusätzlicher Reflektorantennen erweitert (astronews.com berichtete).
Dieses Projekt unter der Bezeichnung "MeerKAT+" wird die Fähigkeiten von MeerKAT
verbessern. Das Teleskop soll später schrittweise in das Mid-Teleskop des
SKA-Observatoriums integriert werden. Die ersten wissenschaftlichen
Beobachtungen mit dem verbesserten MeerKAT-Teleskop könnten bereits im Jahr 2023
beginnen, noch während der Testphase des Teleskops.
Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society veröffentlicht.
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