Pulsare im
Doppelpack
von Stefan Deiters astronews.com
24. Juni 2008
Dem europäischen Röntgenteleskop XMM-Newton ist es
erstmals gelungen, Signale von beiden Partnern eines Doppelpulsars aufzufangen.
Das System besteht aus zwei dichten Neutronensternen, die sich mit hoher
Geschwindigkeit um die eigene Achse drehen und Röntgenpulse aussenden. Es könnte
sich als wahre Goldgrube für die Forscher erweisen.
So könnte das entfernte Doppelpulsarsystem
aussehen.
Bild: ESA / John Rowe
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Der Doppelpulsar mit der Bezeichnung PSR J0737-3039 fiel den
Astronomen erstmals im Jahr 2003 im Radiobereich auf. Mit Röntgenteleskopen ist
allerdings ein deutlich detaillierterer Blick in das System möglich, das im All
eine Seltenheit ist: Doppelsternsysteme, in denen beide Partner Pulsare sind,
finden sich nicht häufig. PSR J0737-3039 besteht aus einem sich relativ langsam
um die eigenen Achse drehenden Neutronenstar, von den Astronomen als Pulsar B
bezeichnet, und einem deutlich schneller rotierenden Begleiter, dem Pulsar A.
Bei Pulsaren handelt es sich im Neutronensterne und damit um die
unvorstellbar dichten Überreste eines massereichen Sterns. "Diese Objekte sind
so dicht, dass eine Tasse voll Neutronensternmaterial mehr wiegen würde als der
Mt. Everest", erläutert Alberto Pellizzoni, der Hauptautor eines Artikels in der
Fachzeitschrift The Astrophysical Journal, in dem über die
Beobachtungen berichtet wird. "Hinzu kommt, dass diese Sterne einander sehr eng
umrunden, in einem Abstand von etwa drei Lichtsekunden, das ist nur etwa die
dreifache Entfernung der Erde vom Mond."
Das europäische Röntgenteleskop XMM-Newton hatte die Röntgensignale
des Systems im Oktober 2006 beobachtet. Doch was Pellizzoni und seine Kollegen
in dem Datenmaterial sahen, konnte nicht allein durch den Pulsar A erklärt
werden, den einzigen wirklichen "Leistungsträger" des Systems. Pulsar B sendete
offenbar deutlich stärkere Röntgenpulse aus als erwartet: Die Energiebilanz
stimmte hinten und vorne nicht. "Eine Möglichkeit das Rätsel zu erklären wäre,
dass es zu Wechselwirkungen zwischen den beiden Sternen kommt", so Pellizzoni.
"Der langsamere Stern zapft von dem schnelleren Energie ab."
Danach könnte die Röntgenstrahlung des langsameren Pulsars nur deswegen
sichtbar sein, weil Pulsarwinde des Pulsars A mit der Magnetosphäre von Pulsar B
wechselwirken, die Winde von Pulsar B verstärken und seine Oberfläche aufheizen.
Welche physikalischen Prozesse hierbei genau eine Rolle spielen, ist Gegenstand
der aktuellen Diskussion von theoretischen Physikern, die versuchen müssen, sich
ein Bild des Systems auf Grundlage der Beobachtungsdaten zu machen.
Für Physiker könnte sich PSR J0737-3039 als wahre Goldgrube erweisen: Wegen
der extremen Nähe der beiden Sterne, ist das System ideal geeignet, um mit
weiteren Beobachtungen im Radiobereich die allgemeine Relativitätstheorie zu
testen - und dies mit größerer Genauigkeit als dies im Sonnensystem möglich ist.
Das System bietet sich zudem als natürliches Laboratorium für die Erforschung
von Zustandsgleichungen extrem dichter Materie sowie für magnetohydrodynamische
Untersuchungen an.
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