Astronomen entdecken merkwürdigen Pulsar
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
19. Mai 2008
Astronomie wird nie langweilig. Dafür sorgen schon die
merkwürdigen Objekte, mit denen man es zu tun hat. Forscher der Universität in
Bonn waren nun an der Entdeckung eines kuriosen Pulsars beteiligt, der sich
ungewöhnlich schnell um die eigene Achse dreht. Herkömmliche Theorien haben
erhebliche Schwierigkeiten die Eigenschaften dieses Sterns zu erklären.
![Pulsar](../../../bilder/2008/0805-021.jpg)
Die Grafik zeigt die merkwürdig elliptische Bahn
des Pulsars und seines sonnenähnlichen
Begleiters. Der Pulsar mit seinem Magnetfeld und
den Radiowellen, die von ihm ausgehen, sind im
Vergleich zur Bahn rund hunderttausendfach zu
groß eingezeichnet.
Bild: Bill Saxton, NRAO / AUI /
NSF |
Ein internationales Team von Astronomen unter Beteiligung der Universität
Bonn hat einen kuriosen Himmelskörper entdeckt. Es handelt sich um einen so
genannten Pulsar - das ist ein Stern, der um die eigene Achse rotiert und dabei
wie ein Leuchtturm einen Strahl aus Radiowellen aussendet. Ungewöhnlich hoch ist
die Geschwindigkeit, mit der er das tut: Fast 500 Mal pro Sekunde. Außerdem ist
er gewissermaßen an einen Partnerstern "gefesselt". Beide Himmelskörper umtanzen
einander auf einer merkwürdigen elliptischen Bahn. Mit herkömmlichen Theorien
lassen sich die Eigenschaften dieses ungewöhnlichen Paars nur schwer erklären.
Die Forscher berichteten in der letzten Woche im Online-Journal Science
Express über ihre Entdeckung.
Der neu entdeckte Pulsar ist aus Astronomen-Sicht ein Winzling: Gerade einmal
zehn Kilometer misst er im Durchmesser. Dabei wiegt er aber 1,74mal soviel wie
unsere Sonne. "Damit ist er ungewöhnlich schwer", erklärt Dr. Wouter Vlemmings
vom Argelander-Institut für Astronomie an der Universität Bonn. Die geringe
Größe ist aber normal: Pulsare entstehen, wenn massereiche Sterne explodieren.
Zurück bleibt ein extrem verdichteter Rest, ein so genannter Neutronenstern.
Dieser sendet an seinen magnetischen Polen Radiowellen aus, die man noch in
einer Entfernung von vielen Milliarden Lichtjahren auffangen kann. Da Pulsare
rotieren, überstreicht der Strahl aus Radiowellen die Umgebung - ähnlich wie der
Lichtfinger eines Leuchtturms. Für einen Beobachter sieht es so aus, als würde
der Stern blinken - daher der Name "Pulsar". Der jetzt entdeckte
extraterrestrische Leuchtturm trägt die prosaischen Bezeichnung J1903+0327.
Er ist gleich in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Einerseits, weil er sich
extrem schnell um die eigene Achse dreht - genau 465mal pro Sekunde. Damit zählt
er zu den schnellsten Pulsaren, die bislang gefunden wurden. "Normalerweise sind
diese Himmelskörper um den Faktor 100 langsamer", erläutert Wouter Vlemmings. Es
gibt allerdings Pulsare, die durch die Gravitation an einen nahen Nachbarstern
gefesselt sind. Sie können ihrem Partner immer mehr Masse entreißen. "Sie essen
ihren Nachbarn gewissermaßen auf", vergleicht Vlemmings.
Bei diesem Prozess vergrößert sich die Rotationsgeschwindigkeit des Pulsars.
Außerdem verändert sich die Bahn, auf der die beiden Partner einander umtanzen,
und wird immer kreisförmiger. "Nicht jedoch in unserem Fall", betont der Bonner
Astronom. "Die Bahn ist elliptisch, was sich durch gängige Theorien nicht
erklären lässt." Eine mögliche Erklärung: Am galaktischen Ringelreihen ist noch
ein dritter Partner beteiligt, der von der Erde aus nicht zu sehen ist. Bislang
wurde so ein "flotter Dreier" im All allerdings noch nie gefunden.
Entdeckt wurde J1903+0327 am größten Radioteleskop der Welt, dem Arecibo-Teleskop
in Puerto Rico. 300 Meter misst die schüsselartige Antenne, mit der sich noch
extrem schwache Signale auffangen lassen. Zum Vergleich: Das Effelsberg-Teleskop
in der Eifel ist nur ein Drittel so groß. Der Fund erfolgte im Rahmen einer
internationalen Studie unter Leitung des britischen Astronomen Dr. David
Champion. Ziel der beteiligten Arbeitsgruppen ist es, möglichst viele Pulsare
aufzuspüren.
"Pulsare können nicht nur wichtige Erkenntnisse über Entstehung und Aufbau
des Universums liefern", erläutert Vlemmings die Motivation. "An ihnen lassen
sich auch Beobachtungen machen, die fundamentale physikalische Theorien stützen
oder in Frage stellen. So lieferten sie einige überzeugende Daten für die
Richtigkeit von Einsteins Relativitätstheorie."
Und David Champion ergänzt: "Pulsare wie dieser sind es, warum wir derartige
Studien durchführen. Man möchte nicht einfach Hunderte von neuen Himmelskörpern
entdecken. Uns interessieren die zwei oder drei, die sich merkwürdig verhalten.
Und genau so einen Pulsar haben wir gefunden."
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