Mit Cosmic Kiss zur Raumstation
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
14. Dezember 2020
Dass der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer bald mit einer
Crew Dragon zur Internationalen Raumstation ISS reisen wird, wusste man
schon länger - jetzt gaben die beteiligten Raumfahrtagenturen auch die Mission
bekannt: Maurer wird an Bord von SpaceX-Crew-3 sein. Der Astronaut soll
ein halbes Jahr auf der ISS verbringen. Seine Mission wurde auf den Namen
Cosmic Kiss getauft.

Missionslogo der Mission Cosmic Kiss des
deutschen ESA-Astronauten Matthias Maurer.
Bild: ESA [Großansicht] |
Im Herbst 2021 ist es so weit: Mit Dr. Matthias Maurer wird der nächste
deutsche Raumfahrer im Astronautenkorps der Europäischen Weltraumagentur ESA zur
Internationalen Raumstation ISS starten. Das gaben die Raumfahrtagenturen der
USA, Russlands, Japans, Kanadas und Europas bekannt. Matthias Maurer wird der
zweite ESA- und erste deutsche Astronaut sein, der an Bord einer SpaceX-Raumkapsel
des kommerziellen NASA Crew-Programms zur ISS fliegt. Teil der SpaceX-Crew-3
sind neben Maurer die NASA-Astronauten Raja Chari und Thomas H. Marshburn.
"Wir freuen uns sehr, dass mit Matthias Maurer nun - drei Jahre nach der
erfolgreichen Mission horizons von Alexander Gerst - der nächste
deutsche ESA-Astronaut zur Internationalen Raumstation aufbrechen wird. Seine
Mission 'Cosmic Kiss' ist nach seinen eigenen Worten eine 'Liebeserklärung' an
den Kosmos und wird dazu beitragen, viele Menschen auf der Welt für Raumfahrt zu
begeistern. Seine Reise wird aus mehreren Gründen besonders sein. Zum einen hat
er sich unter den außergewöhnlichen Bedingungen der Corona-Pandemie auf seine
Mission vorbereiten müssen. Zum anderen wird er als erster Deutscher mit der
Raumkapsel eines privaten US-Anbieters zur ISS fliegen. Wir wünschen ihm dafür
alles Gute", betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der deutschen
Raumfahrtagentur.
"Deutschland ist innerhalb der ESA der größte Beitragszahler, aber auch der
größte Profiteur der wissenschaftlichen Nutzung der Raumstation. Ich freue mich
daher besonders, dass es uns in sehr kurzer Zeit gelungen ist, die ESA-Mission
von Matthias Maurer mit rund 35 deutschen Experimenten zu unterstützen", so
Pelzer weiter. Experimente, die dem wissenschaftlichen und technologischen
Fortschritt auch auf der Erde dienen sollen.
Geboren als politisches Konstrukt ist die ISS heute ein "Megalabor" in 400
Kilometer Höhe über unserem Heimatplaneten. Dort können Experimente gemacht
werden, die in keinem Labor der Welt möglich sind. "Wenn ich zur ISS fliege,
werden wir auf 21 Jahre erfolgreiche Kooperation auf der Raumstation
zurückblicken. Eine solche Kooperation ist nur möglich, wenn alle Länder dieser
Welt gemeinsam eine Vision haben und gemeinsam und friedlich für diese Vision
eintreten und zusammenarbeiten. Dann können wir als Menschheit sehr viel
erreichen: Wir können im Weltraum forschen, wir können auch tiefer in den
Weltraum fliegen, auf dem Mond landen, ihn erkunden und dann auch Missionen zum
Mars vorbereiten. Das verlangt enorme Mengen Ressourcen und umfassendes Wissen.
Nur als Menschheit insgesamt können wir diese Leistung vollbringen", sagt Maurer
über die Bedeutung der ISS.
Ein halbes Jahr lang soll der gebürtige Saarländer und promovierte
Werkstoffwissenschaftler auf der Internationalen Raumstation leben und arbeiten.
Für seine erste ISS-Mission hat er den Namen "Cosmic Kiss" ausgewählt: Zum einen
Ausdruck der besonderen Bedeutung der Raumstation als Bindeglied zwischen den
Bewohnern der Erde und dem Weltall, zum anderen stehe Cosmic Kiss auch
für den Wert der partnerschaftlichen Erkundung des Weltraums mit Blick auf
fernere Ziele wie Mond und Mars und gleichzeitig auch für einen respektvollen
und nachhaltigen Umgang mit unserem Heimatplaneten Erde selbst.
Bei der Entwicklung des Missions-Logos hat die Himmelscheibe von Nebra Maurer
inspiriert - die älteste bekannte Illustration des Nachthimmels. Das
Mission-Patch umfasst verschiedene kosmische Elemente wie die Erde, den Mond,
die Sterngruppe der Plejaden und den Mars - im Zentrum steht aber die ISS, die
über einen menschlichen Herzschlag mit Erde und Mond verbunden ist.
In Zeiten einer weltweiten Pandemie ist alles anders. Covid-19 wirkt sich auf
vieles aus - auch in der Raumfahrt: Das Astronautentraining findet unter
erschwerten Bedingungen statt - Maskenpflicht inklusive. Gerade Raumfahrer, die
zum Außenposten der Menschheit im All aufbrechen, dürfen keine Keime in diesen
isolierten Lebensraum einschleppen. Deshalb müssen weit vorher Kontakte strikt
reduziert, Zeit- und sogar Flugpläne angepasst werden.
Maurer trainiert gerade in den USA: "Ich freue mich ganz besonders auf diese
Reise, auch weil ich an Bord eines neuen Raumschiffes bin. Die moderne
Technologie wird im Vergleich zu einem Start mit der Sojus-Rakete auf
jeden Fall eine enorme Arbeitserleichterung für uns Astronauten sein", sagt er
über seinen "neuen" Weg zur ISS. Auch hier kommen ein spezielles Training und
neue Anforderungen auf den Astronauten zu.
"Trotz einiger Unterschiede wird auch manches ähnlich wie bei 'Blue Dot' und
'horizons' ablaufen, den Vorgänger-Missionen seines deutschen ESA-Kollegen
Alexander Gerst. Einige Experimente sollen zum Beispiel fortgesetzt werden",
erklärt Volker Schmid, ISS-Missionsmanager beim DLR Raumfahrtmanagement in Bonn,
und ergänzt: "Viele Experimentreihen laufen über Jahre, da hierbei die
Wiederholung und die Statistik von erheblicher Bedeutung sind. Allen voran die
Materialproben mit dem Hightech-Schmelzofen EML (Elektromagnetischer Levitator)
oder die Forschung zu Granulaten. Ein Staubexperiment soll den
Entstehungsprozess von Planeten im Universum untersuchen. Andere Experimente
gehen dem Geheimnis von kalten Atomen im Weltraum auf den Grund."
Auch biologische und humanphysiologische Experimente stehen auf dem
Missionsplan von Matthias Maurer: So wird zum Beispiel der innere Rhythmus des
Menschen durch Bestimmung seiner Körperkerntemperatur über einen
Mini-Doppelsensor untersucht oder ein Bio-Drucker getestet, der Wunden mit
Bio-Tinte wieder verschließen soll. Erfolgreiche Technologieexperimente wie der
mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete CIMON-2 assistieren Matthias Maurer
während seiner Mission und zeigen neue Möglichkeiten der Mensch-Maschine
Interaktion.
Große Bedeutung wird auch der Nachwuchsförderung eingeräumt. "Bei der Auswahl
der Experimente lag uns sehr am Herzen, die zukünftigen Generationen an
Wissenschaftlern und Ingenieuren für die Raumfahrt zu begeistern. Dabei spielen
vor allem Themen wie Nachhaltigkeit und Verletzlichkeit unseres Heimatplaneten
eine bedeutende Rolle", betont Schmid. So stehen zum Beispiel Experimente zur
nachhaltigeren Ernährung oder zu Pflanzensamen im Weltraum auf dem Flugplan von
Maurer.
Auch der "Beschützer der Erde"-Wettbewerb des DLR Raumfahrtmanagements soll
fortgesetzt werden. Schulklassen wählen dabei eine der vier Klimazonen,
erforschen diese mit Erdbeobachtungsdaten und entwickeln dann ein Konzept zum
Schutz des Klimas. Als Botschafter des Wettbewerbs sendet Matthias Maurer
Videobotschaften an die Schulklassen mit Hintergrundinformationen zu den
Klimazonen und dem Klimawandel. Die besten Projekte sollen im Juni 2022 prämiert
werden.
Für alle Experimente, die im europäischen Columbus-Labor auf der
Internationalen Raumstation ablaufen, ist das Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC)
im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operation Center GSOC) beim
DLR in Oberpfaffenhofen zuständig. Im GSOC arbeiten DLR und ESA eng zusammen und
stehen in ständigem Kontakt mit den anderen Kontrollzentren auf der Welt und den
Astronauten auf der ISS. Lange vor der Mission beginnt hier die Planung und
Einbindung neuer Experimente.
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