Hinweise auf Neutronenstern in Supernova 1987A
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
31. Juli 2020
Astronominnen und Astronomen sind einem 33 Jahre alten
Rätsel um die Supernova 1987A auf der Spur: Was blieb von dem Stern übrig,
dessen Explosion im Jahr 1987 zu verfolgen war? Beobachtungen mit dem
Radioteleskopverbund ALMA und eine neue theoretische Studie haben jetzt konkrete
Hinweise dafür ergeben, dass sich in dem Überrest ein Neutronenstern verbirgt.
Extrem hochauflösende ALMA-Bilder zeigen
einen heißen "Klecks" im staubigen Kern der
Supernova 1987A (Ausschnitt), der der Ort des
vermissten Neutronensterns sein könnte.
Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), P. Cigan und R.
Indebetouw; NRAO/AUI/NSF, B. Saxton; NASA/ESA [Großansicht] |
Seit die Astronomie Zeuge der Supernova 1987A (SN 1987A) am Nachthimmel wurde
- einer der hellsten jemals beobachteten Explosionen eines Sterns -, ist sie auf
der Suche nach dem kompakten Objekt, das sich in den Überresten der Explosion
gebildet haben sollte. Da am Tag, als die Explosion erstmals gesichtet wurde, am
23. Februar 1987, auf der Erde auch Neutrinos registriert wurden, erwartete man,
dass sich im kollabierten Zentrum des Sterns ein Neutronenstern gebildet hatte.
Als sich jedoch keine Beweise für ein solches Objekt finden ließen, kam die
Frage auf, ob stattdessen ein Schwarzes Loch entstanden ist. Jahrzehntelang
haben die Wissenschaftler begierig auf ein Signal von der exotischen Sternleiche
gewartet, die sich hinter einer sehr dichten Staubwolke versteckt.
Kürzlich lieferten Beobachtungen des Radioteleskopverbunds Atacama Large
Millimeter/submillimeter Array (ALMA) den ersten Hinweis auf den fehlenden
Neutronenstern. Extrem hochauflösende Bilder zeigen einen heißen "Klecks" im
staubigen Kern von SN 1987A, der heller als seine Umgebung ist und sich an dem
vermuteten Ort des Neutronensterns befindet. "Wir waren sehr überrascht, diesen
warmen 'Klecks' zu sehen, der aus einer dicken Staubwolke im Supernova-Überrest
entstanden ist", sagte Mikako Matsuura von der Universität Cardiff und ein
Mitglied des Teams, das die ALMA-Daten analysierte. "Es muss etwas in der Wolke
geben, das den Staub aufheizt und ihn zum Leuchten bringt. Deshalb schlugen wir
vor, dass sich in der Staubwolke ein Neutronenstern verbirgt."
Obwohl Matsuura und ihr Team von diesem Ergebnis begeistert waren, wunderten
sie sich über die Helligkeit des Kleckses. "Wir dachten, dass die Helligkeit zu
hoch für einen Neutronenstern sein könnte, aber dann veröffentlichten Dany Page
und sein Team eine Studie, die darauf hinwies, dass der Neutronenstern
tatsächlich so hell sein kann, weil er so sehr jung und noch sehr heiß ist",
erläutert Matsuura.
Dany Page ist Astrophysiker an der Nationalen Autonomen Universität von
Mexiko, der sich von Anfang an mit SN 1987A beschäftigt hat. Die theoretische
Studie von Page und seinem Team unterstützt nachdrücklich den Vorschlag des
ALMA-Teams, dass ein Neutronenstern das dichte Staubwölkchen zum Leuchten
bringt. "Trotz der enormen Komplexität einer Supernova-Explosion und der
extremen Bedingungen, die im Inneren eines Neutronensterns herrschen, ist der
Nachweis eines warmen Staubwölkchens eine Bestätigung mehrerer Vorhersagen", so
Page.
Diese Vorhersagen betreffen den Ort und die Temperatur des Neutronensterns.
Laut Computermodellen von Supernovae hat die Explosion den Neutronenstern mit
einer Geschwindigkeit von mehreren Hundert Kilometern pro Sekunde (zehnmal
schneller als die schnellste Rakete) von seinem Geburtsort "weggeschleudert".
Der Klecks befindet sich genau an der Stelle, an der der Neutronenstern nach
Ansicht der Astronomen heute sein müsste. Und die Temperatur des
Neutronensterns, die auf etwa 5 Millionen Grad Celsius vorhergesagt wurde,
liefert genügend Energie, um die Helligkeit des Kleckses zu erklären.
"Wir erwarten, dass ein Großteil des Eisens, das bei der Explosion von SN
1987A entstanden ist, entgegengesetzt zur Neutronensternbewegung ausgeschleudert
wurde", erklärt Teammitglied Hans-Thomas Janka vom Max-Planck-Institut für
Astrophysik. "Durch den Vergleich der beobachteten Eisenverteilung mit
3D-Computermodellen haben wir vorausgesagt, dass der Neutronenstern nördlich des
Explosionszentrums liegen sollte, in Übereinstimmung mit dem Ort, an dem das
heiße Wölkchen nun entdeckt wurde."
Ein solcher Neutronenstern ist ein 25 Kilometer großer, extrem heißer Ball
aus ultra-dichter Materie. Ein Teelöffel seiner Materie wiegt mehr als alle
Gebäude von New York City zusammen. Da er nur 33 Jahre alt ist, wäre er der
jüngste Neutronenstern, der je in unserer Milchstraße und ihrer nahen kosmischen
Nachbarschaft gefunden wurde. Der zweitjüngste Neutronenstern, den wir kennen,
befindet sich im Supernovaüberrest Cassiopeia A in einer Entfernung von 11.000
Lichtjahren und ist rund 330 Jahre alt.
Der Neutronenstern in SN 1987A ist 15-mal weiter entfernt in der Großen
Magellanschen Wolke, einer kleinen Zwerggalaxie nahe der Milchstraße. Nur ein
direktes Bild des Neutronensterns würde einen endgültigen Beweis für seine
Existenz liefern. Aber dafür müssen die Astronomen möglicherweise noch einige
Jahrzehnte warten, bis der Staub und das Gas im Supernova-Überrest
durchsichtiger geworden sind.
Über die Ergebnisse berichteten die beiden Teams in zwei Fachartikeln in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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