Eine Spiralgalaxie und ihr Magnetfeld
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
22. Juli 2020
Die Spiralgalaxie NGC 4217 hat jede Menge zu bieten: Gammastrahlenausbrüche,
Superblasen, Riesenschleifen und X-förmige Magnetfeldstrukturen. Hinweise auf
die Entstehung dieses Formenreichtums liefert nun eine neue Studie, mit der die
beteiligten Astronominnen und Astronomen auch hoffen, Neues über unsere eigene
Heimatgalaxie zu erfahren.
Die Spiralgalaxie NGC 4217 besitzt ein
riesiges Magnetfeld, das hier in Form von grünen
Linien gezeigt ist. Die Radiodaten für diese
Visualisierung wurden mit dem Karl G. Jansky Very
Large Array (VLA) aufgenommen. Das optische
Hintergrundbild der von der Seite gezeigten
Galaxie entstammt Daten des Sloan Digital Sky
Survey und des Kitt Peak National Observatory.
Bild: Y. Stein (CDS), NRAO, SDSS, KPNO
0.9 m, J. English (U. Manitoba), R.-J. Dettmar
und A. Miskolczi (Ruhr U.), R. J. Rand (U.N.M.)
und J. Irwin (Queen’s U.) [Großansicht] |
Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße können weit ausgedehnte Magnetfelder
besitzen. Zu ihrer Entstehung gibt es verschiedene Theorien, bislang ist sie
aber nicht genau verstanden. Ein internationales Forscherteam hat nun das
Magnetfeld der milchstraßenähnlichen Galaxie NGC 4217 detailliert auf der Basis
radioastronomischer Beobachtungen analysiert und zuvor nicht bekannte
Magnetfeldstrukturen entdeckt. Die Daten weisen darauf hin, dass Sternentstehung
und Sternexplosionen, sogenannte Supernovae, verantwortlich für die sichtbaren
Strukturen sind. Die untersuchten Daten stammen aus dem Projekt "Continuum Halos
in Nearby Galaxies – an EVLA Survey" (kurz: CHANG-ES), in dem 35 Galaxien
radioastronomisch vermessen wurden.
"Die Galaxie NGC 4217 ist für uns besonders interessant", erklärt Yelena
Stein, die die Arbeiten am Lehrstuhl für Astronomie der Ruhr-Universität Bochum
unter der Leitung von Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar begann und mittlerweile am
Centre de Données astronomiques de Strasbourg tätig ist. NGC 4217
ähnelt der Milchstraße und liegt nur etwa 67 Millionen Lichtjahre entfernt, also
relativ nah, im Sternbild Große Bärin. Die Forscherinnen und Forscher hoffen
daher, einige ihrer Erkenntnisse auch auf unsere Heimatgalaxie übertragen zu
können.
Bei der Auswertung der Daten von NGC 4217 fanden die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler gleich mehrere bemerkenswerte Strukturen. Die Galaxie weist eine
auch schon bei anderen Galaxien beobachtete X-förmige Magnetfeldstruktur auf,
die sich von der Galaxienscheibe über 20.000 Lichtjahre weit nach außen
erstreckt. Neben der X-Form fand das Team eine Helix-Struktur sowie zwei große
Blasenstrukturen, auch Superbubbles genannt. Letztere gehen von Orten aus, an
denen viele massereiche Sterne als Supernovae explodieren, aber auch Sterne
gebildet werden, die dabei Sternwinde aussenden. Daher vermuten die
Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen den Phänomenen.
"Es ist faszinierend, dass wir mit Radio-Polarisationsmessungen bei jeder
Galaxie unerwartete Phänomene entdecken", bemerkt Rainer Beck vom MPIfR in Bonn,
ein Ko-Autor der Studie. "Hier bei NGC 4217 sind es riesige magnetische
Gasblasen und ein Helix-Magnetfeld, das sich in den Halo der Galaxie schraubt."
Außerdem offenbarte die Analyse große Ring-Strukturen in den Magnetfeldern
entlang der ganzen Galaxie. "Das wurde so zuvor noch nie beobachtet",
unterstreicht Stein. "Wir vermuten, dass die Strukturen durch die
Sternentstehung zustande kommen, weil an diesen Stellen Materie nach außen
geschleudert wird."
Für die Analyse kombinierten die Forscherinnen und Forscher unterschiedliche
Methoden, mit denen sie die geordneten und die chaotischen Magnetfelder der
Galaxie sowohl entlang der Sichtlinie als auch senkrecht dazu sichtbar machen
konnten. So ergab sich ein umfassendes Bild der Strukturen.
Um diese zu verdeutlichen, brachte Stein die radioastronomisch ausgewerteten
Daten mit einem Bild von NGC 4217 zusammen, das im Bereich des sichtbaren Lichts
aufgenommen worden war. "Es war mir wichtig, die Daten anschaulich zu machen",
erzählt Stein. "Denn wenn man über Galaxien nachdenkt, kommen einem nicht als
erstes Magnetfelder in den Sinn, obwohl sie gigantisch groß sein können und
einzigartige Strukturen annehmen. Das Bild soll die Magnetfelder mehr in den
Fokus rücken."
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Astronomy & Astrophysics.
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