Ein freigelegter Planetenkern um TOI 849?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
2. Juli 2020
In den Daten des NASA-Satelliten TESS wurde jetzt ein ganz
besonderer Planet aufgespürt. Bei der etwa 730 Lichtjahre entfernten Welt dürfte
es sich um den freigelegten Kern eines extrasolaren Planeten handeln, der seine
Sonne in nur geringem Abstand umrundet. Der Fund bietet so einen bislang
einmaligen Blick ins Innere eines Planeten.
Künstlerische Darstellung eines Exoplaneten
wie TOI 849 b vor seiner Sonne.
Bild: University of Warwick/Mark Garlick [Großansicht] |
Der neu entdeckte Exoplanet TOI 849 b bietet, so die beteiligten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Dr. David Armstrong vom
Department of Physics der University of Warwick die einzigartige
Gelegenheit, in das Innere eines Planeten zu blicken und etwas über seine
Zusammensetzung zu erfahren. Der Planet kreist um einen etwa 730 Lichtjahre
entfernten Stern, der unserer Sonne sehr ähnlich ist. Der freigelegte Kern hat
die gleiche Größe wie Neptun in unserem Sonnensystem. Die Forschenden nehmen an,
dass es sich um einen Gasriesen handelt, der entweder seiner Gasatmosphäre
beraubt wurde oder wegen eines außergewöhnlichen Vorkommnisses keine massive
Gasatmosphäre bilden konnte wie normalerweise.
Bei TOI 849 b handelt sich um einen äußerst ungewöhnlichen Planeten in der
sogenannten "Neptunwüste" – ein in der Astronomie verwendeter Begriff für eine
Region in der Nähe von Sternen, in der der es selten Planeten mit der Masse von
Neptun gibt. "Der Planet befindet sich seltsam nah an seinem Stern, wenn man
seine Masse betrachtet", so Armstrong. "Anders gesagt: Es sind keine Planeten
mit dieser Masse bekannt, die eine so kurze Umlaufzeit um ihren Stern haben."
TOI 849 b kreist so nahe an seinem Wirtsstern, dass ein Jahr nur 18 Stunden
dauert und seine Oberflächentemperatur etwa 1500 °C beträgt. Christoph Mordasini
erklärt: «Wir haben die Masse und den Radius des Planeten bestimmt", erklärt Dr.
Christoph Mordasini vom Physikalischen Institut der Universität Bern, der
federführend an der theoretischen Interpretation der Entdeckung beteiligt war.
"TOI-849b ist etwa 40mal so schwer wie die Erde, sein Radius beträgt aber nur
3,4 Erdradien."
Der Planet habe also eine hohe Dichte und müsse somit primär aus Eisen,
Gestein und Wasser bestehen, aber aus nur sehr wenig Wasserstoff und Helium.
"Für einen so massereichen Planeten ist eine so hohe Dichte, respektive ein so
kleiner Anteil an Wasserstoff und Helium sehr erstaunlich", so Mordasini weiter.
"Bei einer solchen Masse würde man nämlich erwarten, dass der Planet während
seiner Entstehung in der protoplanetaren Scheibe viel Wasserstoff und Helium
angezogen hat." Und Armstrong ergänzt: "Die Tatsache, dass diese Gase nicht
vorhanden sind, lässt darauf schließen, dass es sich bei TOI 849 b um einen
exponierten Planetenkern handelt." Es ist das erste Mal, dass ein intakter,
freiliegender Kern eines Gasriesen um einen Stern entdeckt wurde.
An der Universität Bern wird seit 2003 das "Berner Modell der Entstehung und
Entwicklung von Planeten" laufend weiterentwickelt. "Wir kombinieren in unserem
Modell Erkenntnisse zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und
der Entwicklung von Planeten ablaufen", so Mordasini. Dank dieses Modells können
Entdeckungen wie die des Exoplaneten TOI 849 b theoretisch interpretiert werden.
So lassen sich zwei Theorien formulieren, die erklären, warum es sich bei TOI
849 b nicht um einen typischen Gasriesen handelt, sondern um einen freiliegenden
Planetenkern. "Die erste ist, dass der Exoplanet einst dem Jupiter ähnlich war,
aber durch verschiedene Einflüsse fast das gesamte äußere Gas 'verloren' hat",
so Mordasini. Dies könnte aufgrund von Gezeiten passiert sein, bei denen die
Hülle des Planeten auseinandergerissen wird, weil der Planet extrem nahe an
seinem Stern kreist, oder sogar wegen einer Kollision mit einem anderen
Planeten. Die großflächige Verdampfung der Atmosphäre könnte ebenfalls eine
Rolle spielen, kann aber nicht alleine für das gesamte "verlorene" Gas
verantwortlich gemacht werden.
Alternativ könnte es sich bei TOI 849 b um einen "gescheiterten" Gasriesen
handeln. "Nachdem sich der Kern einmal gebildet hatte, könnte etwas gänzlich
anders gelaufen sein als normalerweise, und der Kern hat nie eine massive
Atmosphäre gebildet wie sonst. Dies hätte geschehen können, wenn sich in der
protoplanetaren Scheibe, aus der sich der Planet bildete, eine Lücke im Gas
gebildet hätte wegen der gravitativen Interaktion mit dem Planeten, oder wenn
das Material in der Scheibe gerade zu dem Zeitpunkt ausgegangen wäre, wo
normalerweise die Gasakkretion folgt", so Mordasini. David Armstrong sagt:
"Unsere Entdeckung beweist, dass solche Planeten existieren und wir sie
aufspüren können. Wir haben nun die Möglichkeit, den Kern eines Planeten auf
eine Weise zu betrachten, wie wir dies in unserem eigenen Sonnensystem nicht tun
können."
Der Planet wurde in den Daten des Transiting Exoplanet Survey Satellite
(TESS) aufgespürt. Die Entdeckung wurde jetzt in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Nature veröffentlicht.
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