Die Jagd nach dem Z‘-Boson
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
21. April 2020
Vor ziemlich genau einem Jahr ist in Japan das
Belle-II-Experiment angelaufen. In dessen Rahmen soll unter anderem
versucht werden, das Z‘-Boson nachzuweisen, das eine entscheidende Rolle beim
Verständnis der Dunklen Materie spielen könnte. In den ersten, jetzt
veröffentlichten Ergebnissen findet sich von dem gesuchten Teilchen aber noch
keine Spur.
Kollisionsereignisse im Inneren des Belle
II-Detektors.
Bild: KEK / Belle II [Großansicht] |
Seit etwa einem Jahr nimmt das Belle-II-Experiment Daten für
physikalische Messungen. Sowohl der Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB
als auch der Detektor Belle II waren in mehrjährigen Umbauarbeiten gegenüber den
Vorgängern verbessert worden, um eine 40 Mal höhere Rate an Daten zu erzielen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an zwölf Instituten in Deutschland
sind maßgeblich am Bau und Betrieb des Detektors, der Entwicklung von
Auswertungsalgorithmen und der Analyse der Daten beteiligt. Das
Max-Planck-Institut für Physik, das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft,
die Ludwigs-Maximilians-Universität und die Technischen Universität München
leisteten federführende Beiträge zur neuen Entwicklung des hochsensiblen
innersten Detektors, dem Pixel-Vertex-Detektor und der Software zur Auswertung
der Daten.
Mit Belle II suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Spuren
neuer Physik, mit der sich zum Beispiel das ungleiche Vorkommen von Materie und
Antimaterie oder die mysteriöse Dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher
unentdeckten Teilchen, nach dem der Belle-II-Detektor Ausschau hält, ist das Z‘-Boson
– eine Variante des bereits nachgewiesenen Z-Bosons. Letzteres agiert als
Austauschteilchen für die schwache Wechselwirkung.
Soweit man weiß, besteht etwa 25 Prozent des Universums aus Dunkler Materie,
wohingegen die sichtbare Materie knappe 5 Prozent des Energiebudgets ausmacht.
Beide Materieformen ziehen sich gegenseitig über die Schwerkraft an. So bildet
die Dunkle Materie eine Art Schablone für die Verteilung der sichtbaren Materie,
was sich zum Beispiel in der Anordnung von Galaxien im Universum zeigt.
Das Z‘-Boson könnte eine interessante Rolle beim Zusammenspiel von Dunkler
und normaler, sichtbarer Materie spielen, also eine Art Vermittler zwischen den
beiden Materieformen sein. Das Z‘ kann – zumindest theoretisch – aus der
Kollision von Elektronen (Materie) und Positronen (Antimaterie) im SuperKEKB
hervorgehen und dann in unsichtbare Dunkle-Materie-Teilchen zerfallen. Somit
kann das Z‘-Boson helfen, das Verhalten von Dunkler Materie zu verstehen – und
nicht nur das: Mit der Entdeckung des Z‘ ließen sich auch andere Beobachtungen
erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der grundlegenden Theorie der
Teilchenphysik, in Einklang stehen.
Doch wie lässt sich das Z‘-Boson im Belle-II-Detektor aufspüren? Nicht auf
direktem Weg, so viel ist sicher. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen
sagen voraus, dass sich das Z‘ durch Wechselwirkungen mit Myonen, schwereren
Verwandten der Elektronen, verraten könnte: Wenn man nach den
Elektron-/Positron-Zusammenstößen eine ungewöhnliche hohe Anzahl an
Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung sowie unerwartete Abweichungen bei
Energie- und Impulserhaltung entdecken würde, wäre das ein wichtiges Indiz für
das Z‘.
Allerdings lieferten die neuen Belle II-Daten noch keine Anzeichen für das
Z'-Boson. Jedoch können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit den
neuen Daten die Masse und Kopplungsstärken des Z'-Bosons mit einer bisher
unerreichbaren Genauigkeit einschränken.
"Trotz der noch geringen Datenmenge können wir jetzt Messungen machen, die es
so bisher noch nicht gegeben hat", sagt der Sprecher der deutschen Gruppen,
Prof. Thomas Kuhr von der LMU München. "Das unterstreicht die wichtige Rolle des
Belle-II-Experiments bei der Erforschung der elementaren Teilchen."
Diese ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten,
die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. Seinen
Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment
Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen
stetig verbessert wird. Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein
Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen
eingeflossen sind.
Die Physikerinnen und Physiker hoffen so, neue Erkenntnisse über die Natur
der Dunklen Materie und andere ungeklärte Fragen zu erzielen. Die ersten
Resultate wurden jetzt in den Physical Review Letters veröffentlicht.
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