Erste Teilchenkollisionen gemessen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
8. Mai 2018
Ende April war es endlich soweit: Am neuen japanischen
Teilchenbeschleuniger SuperKEKB kollidierten erstmals Materie- und
Antimaterieteilchen. Der Aufprall wurde dabei vom neuentwickelten Detektor Belle
II verfolgt. In den nächsten Monaten werden nun weitere Tests durchgeführt,
bevor im kommenden Jahr der wissenschaftliche Betrieb beginnen kann.

Der Belle II-Detektor zeichnet die von
SuperKEKB produzierten Teilchenkollisionen auf
und wertet sie aus.
Bild: Shota Takahashi / KEK [Großansicht] |
Auf diesen Moment hat die Teilchenphysik-Community lange gewartet: Am 26.
April 2018 um 0.38 Uhr japanischer Zeit kollidierten im neuen SuperKEKB-Beschleuniger
erstmals Materie- und Antimaterie-Teilchen. Erfolgsmeldung auch vom Detektor:
Das ebenfalls neu entwickelte Belle II-Instrument hat die beim Aufprall
produzierten Teilchenspuren "gesehen" und aufgezeichnet. Mit dem Experiment
hoffen Wissenschaftler zu verstehen, warum das ursprüngliche
Materie-Antimaterie-Gleichgewicht im Universum gekippt und heute fast nur noch
Materie vorhanden ist.
Wo liegt der Schlüssel zur Lösung des Materie-Antimaterie-Rätsels?
Wissenschaftler suchen ihn im Zerfallsmuster kurzlebiger Teilchen, insbesondere
von B-Mesonen, bei dem sich ein leichter Materieüberschuss beobachten lässt. Bei
B-Mesonen handelt es sich um Quark-Paare mit einem besonderen Merkmal: Eines der
beiden Quarks ist ein Beauty-(B-) Quark oder das entsprechende Antiteilchen.
B-Mesonen entstehen, wenn Elektronen und Positronen (Anti-Elektronen)
aufeinandertreffen und sich gegenseitig auslöschen.
SuperKEKB beschleunigt Elektronen und Positronen auf gegenläufigen Bahnen,
bevor sie im Belle II-Detektor kollidieren. Belle II verzeichnet und analysiert
die Kollisionsereignisse. "Um Zerfälle nachzuweisen, die von der Norm abweichen,
müssen die Teilchenspuren buchstäblich haargenau vermessen werden", erklärt Dr.
Hans-Günther Moser vom Max-Planck-Institut für Physik (MPP). "Diese Aufgabe
übernimmt ein hochsensibler Pixeldetektor, der sich unmittelbar am
Kollisionspunkt im Zentrum von Belle II befindet." Prof. Dr. Thomas Kuhr von der
Ludwigs-Maximilians-Universität ergänzt: "Neben verbesserten Detektoren sind
auch ausgefeilte Algorithmen erforderlich, um bei der Analyse der
aufgezeichneten großen Datenmengen kleinste Abweichungen zu finden."
Vor acht Jahren fiel im japanischen Tsukuba der Startschuss für die
Modernisierung des KEK-Beschleunigers und des Belle-Detektors. Ziel des
Großprojektes ist es, die Ausbeute an B-Mesonen um das 40-fache zu erhöhen: In
den nächsten zehn Jahren soll das Gespann aus SuperKEKB und Belle II etwa 50
Milliarden B-Mesonen produzieren und auswerten. Mit dem enormen Datenzuwachs
steigt auch die Chance, die gesuchten Zerfallsmuster zu finden.
Über das Exzellenzcluster Universe sind das Max-Planck-Institut für Physik,
die Ludwigs-Maximilians-Universität und die Technische Universität München am
Bau des innersten Detektors und der Entwicklung der Software zur Auswertung der
Daten beteiligt. Wesentliche Neuerung bei SuperKEKB ist ein neu konstruierter
Positronenring sowie ein komplexes System aus supraleitenden Magneten, die die
Teilchenpakete in der Spur halten. Mit dem modernisierten Beschleuniger geht
auch der neue Belle II-Detektor in Betrieb, dessen Funktionen perfekt auf die
Anlage abgestimmt sind.
Vor einigen Wochen wurden je ein Elektronen- und ein Positronenstrahl
eingespeist. Seither arbeiten Wissenschaftler und Techniker daran, die
Teilchenstrahlen auf die Kollision im Inneren des Belle II-Detektors
auszurichten. Aktuell wird mithilfe von am MPP gefertigten Instrumenten auch die
für die späteren Auswertungen störenden Untergrund-Signale gemessen. Nach dieser
Testphase werden die letzten Komponenten, darunter der vom MPP maßgeblich
mitentwickelte Pixeldetektor, eingebaut und kalibriert. Das wissenschaftliche
Programm soll dann Anfang des nächsten Jahres beginnen.
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