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KOMETEN
Rätsel um fehlenden Stickstoff gelöst?
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Bern
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21. Januar 2020

Dank eines Zufalls könnte nun eine Erklärung dafür gefunden worden sein, warum in der nebulösen Hülle von Kometen bislang wenig Stickstoff nachgewiesen wurde: Der Lebensbaustein tritt zu einem großen Teil in Form von Ammonium-Salzen auf, deren Vorkommen man bisher nicht messen konnte. Das ist auch interessant für Theorien zur Entstehung des Lebens auf der Erde.

67P

Gas und Staub steigen von der Oberfläche von 67P/Churyumov-Gerasimenko auf, während sich der Komet dem sonnennächsten Punkt auf seiner Umlaufbahn nähert. Bild: ESA / Rosetta / NAVCAM [Großansicht]

 Vor mehr als 30 Jahren flog die europäische Kometenmission Giotto am Kometen Halley vorbei. An Bord war das Berner Ionenmassenspektrometer IMS, das von Prof. em. Hans Balsiger geleitet wurde. Eine wichtige Erkenntnis der Messungen dieses Instruments war, dass in der der Koma von Halley – der nebulösen Hülle des Kometen, die sich bildet, wenn ein Komet nahe an der Sonne vorbeizieht – scheinbar Stickstoff fehlt. Stickstoff (N) wurde zwar in Form von Ammoniak (NH3) und Blausäure (HCN) entdeckt, aber die Häufigkeit war weit von der erwarteten kosmischen Häufigkeit entfernt.

Mehr als 30 Jahre später und dank eines glücklichen Zufalls sind die Forschenden der Lösung dieses Rätsels auf die Spur gekommen. Dies dank der Auswertung von Daten des Berner Massenspektrometers ROSINA, welches an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta Daten des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gesammelt hatte.

Weniger als einen Monat vor Ende der Rosetta-Mission befand sich die Raumsonde nur 1,9 km über der Oberfläche von 67P, als sie durch eine Staubwolke des Kometen flog. Dies führte zu einem direkten Einschlag von Staub in die Ionenquelle des von der Universität Bern geleiteten Massenspektrometers ROSINA-DFMS (Rosetta Orbiter Sensor for Ion and Neutral Analysis-Doppel-Fokussierendes Massenspektrometer). Kathrin Altwegg, die leitende Forscherin von ROSINA und Ko-Autorin der neuen Studie erinnert sich: "Dieser Staub hat beinahe unser Instrument zerstört und Rosettas Lageregelung verwirrt."

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Dank des Flugs durch die Staubwolke konnten Substanzen festgestellt werden, die normalerweise in der kalten Umgebung des Kometen auf den Staubkörnern verbleiben und deswegen nicht gemessen werden können. Die Menge von zum Teil vorher nie bei einem Kometen gemessenen Molekülen war erstaunlich. Insbesondere war die Häufigkeit von Ammoniak plötzlich um ein Vielfaches grösser.

"Wir kamen auf die Idee, dass die Häufigkeit von Ammoniak in den ROSINA-Daten möglicherweise auf das Vorkommen von Ammonium-Salzen zurückzuführen sein könnte", erklärt Altwegg. "Als Salz hat Ammoniak eine viel höhere Verdampfungstemperatur als das Eis und ist deshalb in der kalten Umgebung des Kometen meist in der festen Form vorhanden, die man bis jetzt weder durch Fernerkundung mit Teleskopen noch vor Ort messen konnte."

Umfangreiche Laborarbeiten waren nötig, um die Präsenz dieser Salze im kometären Eis nachzuweisen. "Das ROSINA-Team hat Spuren von fünf verschiedenen Ammonium-Salzen gefunden: Ammoniumchlorid, Ammoniumcyanid, Ammoniumcyanat, Ammoniumformat und Ammoniumacetat", sagt die Chemikerin im ROSINA-Team und Mitautorin der aktuellen Studie, Dr. Nora Hänni. "Bislang war das scheinbare Fehlen von Stickstoff bei Kometen ein Rätsel. Unsere Studie zeigt nun, dass sehr wohl Stickstoff bei Kometen vorhanden ist, nämlich in der Form von Ammonium-Salzen", so Hänni weiter.

Unter den entdeckten Ammoniumsalzen sind einige astrobiologisch relevante Moleküle, die zum Aufbau von Harnstoff, Aminosäuren, Adenin und Nukleotiden führen können. "Dies ist durchaus ein weiterer Hinweis, dass Kometeneinschläge mit der Entstehung von Leben auf der Erde verknüpft sein könnten," so Altwegg.

Die Ergebnisse wurden jetzt in Nature Astronomy veröffentlicht.

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siehe auch
Kometen: Einschläge veränderten Erdatmosphäre - 9. Juni 2017
Rosetta-Komet: Trockeneis auf der Oberfläche - 18. November 2016
Rosetta: Auch Krypton und Xenon auf 67P - 14. Juni 2016
Kometen: Lebensbausteine in Rosetta-Komet - 3. Juni 2016
Rosetta: Wassereis auf der Oberfläche von 67P - 14. Januar 2016
Rosetta: 67P und das Wasser der Erde - 28. September 2015
Rosetta, die astronews.com-Berichterstattung über die Rosetta-Mission
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Universität Bern
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