67P und das Wasser der Erde
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
28. September 2015
Das Massenspektrometer ROSINA an Bord der europäischen
Kometensonde Rosetta hat das Edelgas Argon in der Koma des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
nachweisen können. Die Messung könnte auch helfen, eine lange diskutierte Frage
über die Herkunft des Wassers auf der Erde zu klären. Die Werte deuten nämlich erneut
darauf hin, dass es überwiegend nicht von Kometen stammen kann.
Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko am 21.
September 2015 aus einer Entfernung von rund 330
Kilometern.
Bild: ESA / Rosetta / NAVCAM (CC
BY-SA IGO 3.0) [Großansicht] |
Kometen gelten als Überreste von der Entstehung des Sonnensystems und als
"Verwandte" von Planeten-Vorläufern, von sogenannten Planetesimalen. Nach den
Theorien von Fachleuten, die sich mit der Entstehung des Sonnensystems
beschäftigen, könnten sie in dessen Frühphase einen Großteil der flüchtigen
Bestandteile zu den Planeten beigesteuert haben könnten - auch hier auf der
Erde.
"Kometen brachten wohl auch Wasser auf unseren Planeten", unterstreicht Hans
Balsiger vom Physikalischen Institut der Universität Bern. "Wie viel sie aber
zur gesamten Wassermasse beitrugen, ist umstritten." Balsigers Team konnte nun
im Rahmen der ESA-Kometenmission Rosetta das Edelgas Argon in der Koma,
also der Gashülle, des Kometen 67P/ Churyumov-Gerasimenko messen. Es ist das
erste Mal überhaupt, dass es gelungen ist, dieses Gas auf einem Kometen
nachzuweisen.
Die Entdeckung stützt die These, wonach das irdische Wasser nicht
hauptsächlich von Kometen stammt. Das gemessene Verhältnis von Argon und Wasser
auf dem Kometen unterscheidet sich nämlich deutlich von dem auf der Erde. "Würde
hier das dasselbe Verhältnis herrschen, hätten wir viel mehr Argon in der
Atmosphäre", erklärt Balsiger.
Die Messung vor Ort von Kometengasen ist ein Hauptziel der Rosetta-Mission.
Zum Einsatz kommt dabei das an der Universität Bern gebaute Massenspektrometer
ROSINA. Dieses kann in einer für Weltraum-Instrumente bisher unerreichten
Auflösung die Masse von Molekülen bestimmen. Bislang waren Wissenschaftler auf
Messungen aus der Distanz mit Teleskopen und nur einer Messung vor Ort beim
Kometen Halley im Jahre 1986 angewiesen.
Die einzigen direkt zugänglichen Untersuchungsobjekte aus den Tiefen des Alls
waren auf die Erde gefallene Meteoriten. "Derart komplette Informationen wie
ROSINA können diese uns aber nicht liefern", so Balsiger. Im Oktober 2014
entdeckte das Massenspektrometer zwei Argon-Isotope auf 67P/Churyumov-Gerasimenko,
als Rosetta auf der Suche nach einem Landeplatz für das Landemodul
Philae bis zu zehn Kilometer an den Kometen heranflog.
Vier Tage lang verglich das ROSINA-Team das Vorkommen von Argon mit dem
anderer Moleküle in der Kometenhülle. "Obwohl das Signal sehr schwach war,
konnten wir das Vorkommen von Argon in der Kometenhülle bestätigen und kennen
auch dessen Verhältnis zu Wasser", berichtet Balsiger. Dieses erlaubte neue
Aufschlüsse dazu, ob Kometen vor Jahrmilliarden, als sie die Oberfläche unseres
jungen Planeten "bombardierten", das Wasser zur Erde brachten.
Für den Berner Forscher ist aufgrund der Messergebnisse klar: "Der Beitrag
von solchen Kometen wie 'Chury' zu den Ozeanen der Erde ist - falls überhaupt -
sehr gering." Frühere Daten von ROSINA zum Verhältnis von Deuterium zu
Wasserstoff auf 67P/Churyumov-Gerasimenko hatten bereits in diese Richtung
gewiesen (astronews.com berichtete).
Edelgas-Messungen geben nicht nur Auskunft über den Ursprung des irdischen
Wassers. Sie spielen auch eine Schlüsselrolle in der noch fehlenden Ermittlung
von flüchtigen Bestandteilen von Kometen. Sie liefern zudem Antworten auf die
Frage nach der Entstehungstemperatur des ursprünglichen Kometenmaterials - den
Eispartikeln, die sich vor rund 4,5 Milliarden Jahren in den sehr kalten
Bereichen außerhalb des Orbits des Planeten Neptun zu Planetesimalen
zusammenballten.
Über ihre Ergebnisse berichteten die Wissenschaftler jetzt in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Science Advances publiziert wurde.
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