Die Überwindung der Kollisionsbarriere
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen astronews.com
12. Dezember 2019
Dass Planeten in Scheiben aus Gas und Staub um junge Sonnen
entstehen, gilt inzwischen als gesichert. Allerdings war bislang nicht klar, wie
sich im Detail aus Staubpartikeln große Gesteinsbrocken bilden können, sollten
die Partikel doch ab einer bestimmten Größe bei Kollisionen voneinander
abprallen. Jetzt gibt es eine Lösung für das Problem.
Planeten entstehen in Scheiben aus Staub und
Gas um eine junge Sonne.
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Planeten entstehen in der rotierenden Gas- und Staubwolke um einen jungen
Stern. Dort stoßen Staubpartikel zusammen und wachsen so zu riesigen
Gesteinsbrocken. Unklar war bislang, wie das funktionieren kann. Denn sind die
Teilchen ein Millimeter oder größer, sollten sie eigentlich voneinander
abprallen. Physiker der Universität Duisburg-Essen glauben nun, das Rätsel
gelöst zu haben: Sie konnten in Experimenten nachweisen, dass kollidierende
Staubkörner sich elektrisch aufladen und deswegen aneinander haften.
"Mehl bleibt an der Wand hängen, Sand nicht", erklärt Astrophysiker Prof.
Gerhard Wurm alltagsnah, wie man sich die Kollisionsbarriere von Teilchen
vorstellen muss. Diese "Bouncing Barrier" in der Planetenentstehung treibt die
Wissenschaft seit Jahrzehnten um. "Unbestritten ist, dass die Staubkörner, die
in der protoplanetaren Scheibe zusammenstoßen, niemals direkt zu Aggregaten
wachsen können, die größer als ein Millimeter sind. Dennoch kann hieraus in
Millionen von Jahren ein Planet mit einem Ausmaß von 10.000 Kilometern werden.
Wie geht das?"
Die Idee der Physiker: Elektrische Ladung könnte Haftung geben. Dadurch dass
die Staubaggregate immer wieder kollidieren, laden sie sich verschiedentlich auf
und ziehen sich dann gegenseitig an. "Ob das tatsächlich möglich ist, haben wir
systematisch und in vielen Experimenten im Fallturm in Bremen untersucht. Die
Partikelwolke haben wir durch millimetergroße Glaskugeln dargestellt und die
Kugeln dann miteinander stoßen lassen", erklärt Wurm. "Es war, wie wir vermutet
haben: Sie haben sich positiv und negativ aufgeladen und bei den kleinen
Geschwindigkeiten auch so stark, dass sie um mehrere Zentimeter gewachsen sind."
Allein auf die Experimente wollte sich das achtköpfige Team jedoch nicht
verlassen. Also überprüfte die Arbeitsgruppe von Professor Dietrich Wolf
(Theoretische Physik) das Ganze durch Simulationen. Nach fast zwei Jahren
Forschung steht für die UDE-Physiker nun fest: Beweis erbracht – Elektrische
Ladung überwindet die Kollisionsbarriere! „Wir sind sicher, eine Lücke in der
Planetenentstehung geschlossen zu haben“, ist Professor Wurm überzeugt. „Noch
sind aber viele Fragen offen, etwa wie groß die Aggregate am Ende werden können
oder welche Rolle die Mineralzusammensetzung und die verschiedenen Temperaturen
in den Gas- und Staubscheiben dabei spielen.”
Über ihre Resultate berichtet das Team in der Fachzeitschrift Nature
Physics.
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