Die Rolle der Synchrotronstrahlung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institits für extraterrestrische Physik astronews.com
6. November 2019
Durch eine neue und sehr viel detaillierte Analyse von
Archivdaten des NASA-Weltraumteleskops Fermi haben Astronominnen und
Astronomen nun neue Einblicke in die Prozesse gewonnen, die für die Entstehung
der energiereichsten Explosionen im Universum verantwortlich sind. Die
Synchrotronstrahlung, die man bislang ausgeschlossen hatte, spielt dabei
offenbar eine wichtige Rolle.
Gamma-ray Bursts (hier eine künstlerische
Darstellung) sind die energiereichsten
Explosionen im Unversum.
Bild: ESO/ A. Roquette [Großansicht] |
Eine neue Analyse der Fermi/GBM-Archivdaten von Gammastrahlenausbrüchen
(GRB), den energiereichsten Objekten im Universum, hat ergeben, dass der
Prozess, der diese Emission erzeugt, tatsächlich Elektronen sein könnten, die
von nahezu-relativistischen Geschwindigkeiten durch ein Magnetfeld abgekühlt
werden. Diese sogenannte Synchrotronstrahlung wurde in früheren, eher indirekten
Analysen ausgeschlossen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für
extraterrestrische Physik konnten nun aber einen Großteil von GRB-Spektren mit
einem idealisierten Synchrotronmodell erklären - ein überzeugendes Argument für
diesen Prozess.
Gammastrahlenausbrüche sind die energiereichsten Quellen im Universum: In
wenigen Sekunden gibt ein typischer GRB mehr Energie ab als die Sonne in ihrer
gesamten Lebenszeit. Auch wenn es inzwischen einige Fortschritte gab bei der
Identifizierung der Vorläufer verschiedener Arten von GRBs, ist der
physikalische Ursprung ihrer Emission weiterhin unbekannt. Die
Synchrotronemission, d. h. die Strahlung, die von geladenen Teilchen emittiert
wird, die auf irgendeine Weise abgelenkt werden, war einer der ersten
Kandidaten. Dieser Prozess wurde aber abgelehnt, da er einige der Eigenschaften
der beobachteten GRB-Spektren nicht erklären konnte. Alternativ wurden die
GRB-Spektren mit anderen Modellen, z. B. mit Stoßwellen, verglichen; es gab aber
immer wieder einzelne Systeme, die bestimmte Grenzen dieser Modelle
überschritten.
Ein internationales Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für
extraterrestrische Physik (MPE) hat die Synchrotron-Idee nun erneut aufgegriffen
und die Archivdaten mehrerer GRBs neu analysiert, die in den letzten zehn Jahren
mit dem Fermi Gamma-Ray Burst Monitor beobachtet wurden. Sie wählten
eine Teilmenge von GRBs mit bekanntem Abstand (d. h. Rotverschiebung) und einer
einzigen kontinuierlichen, pulsartigen Struktur, die höchstwahrscheinlich auf
ein einzelnes physikalisches Ereignis zurückzuführen ist.
Für ihre Stichprobe von fast 200 beobachteten GRB-Spektren simulierten die
Wissenschaftler die Synchrotronemission von Elektronen und schickten diese
direkt (aber virtuell) durch den Detektor. So konnten sie künstliche
Beobachtungen erstellen und diese Modelle direkt mit den Daten vergleichen. "Wir
wollten die einfachsten Synchrotronmodelle testen, die eine zeitabhängige
Kühlung der Elektronen beinhalten. Die Modelle sind zwar idealisiert, aber der
beste Ausgangspunkt", erklärt J. Michael Burgess. "Jedes Spektrum wurde
individuell angepasst und strengen Tests unterzogen, was zu einem überraschend
hohen Anteil an gut passenden Spektren mit nur einem einzigen Spektralmodell
führte."
Der Grund dafür, dass Synchrotronstrahlung lange Zeit abgelehnt wurde, liegt
darin, dass die Forscher aufgrund der begrenzten Leistung von Computern in der
Vergangenheit mit einfachen Tests untersucht hatten, ob die beobachtete
Gammastrahlung wie ein Synchrotron aussah. Diese Tests überprüften, ob
verschiedene, einem Synchrotron ähnliche Formen (aber nicht die
Synchrotronstrahlung selbst) dem Gamma-"Regenbogen", d. h. der beobachteten
Energieverteilung, ähneln. Viele Forscher waren sich einig, dass die
beobachteten Formen nicht wie ein Synchrotron aussehen.
Da Computer inzwischen aber deutlich leistungsfähiger und die Methoden zur
Analyse der Daten von Satelliten weiter fortgeschritten sind, konnte das Team
nun direkt simulieren, wie die vom Synchrotronprozess stammende Strahlung
beobachtet würde, und alle Eigenschaften der Energieverteilung mit den
tatsächlichen Daten vergleichen. Als kritisches Element des Synchrotronmodells
erwies sich ein Magnetfeld, das die Elektronen abbremst und sie von ihren
relativistischen Energien "abkühlt". Die Menge der Kühlung variiert jedoch
zwischen den verschiedenen GRBs; in einigen GRBs fanden die Forscher sogar, das
die Kühlung selbst einer Entwicklung unterlag.
"Die Fähigkeit, so viele GRB-Spektren auf einmal mit einem einzigen Modell zu
modellieren, ist sehr überzeugend", sagt Jochen Greiner, Gamma-Wissenschaftler
am MPE. "Und da wir davon ausgehen, dass die GRB-Lichtkurven mit mehr Struktur
eine Überlagerung von Einzelpulsen sind, hoffen wir, dass wir unsere Analyse auf
alle GRBs anwenden können." Da sich diese einzelnen Impulse jedoch
überschneiden, benötigen die Wissenschaftler weitergehende Vorhersagen über die
zeitliche Entwicklung der Emission. Der nächste Schritt wird darin bestehen,
nicht nur die Form der Spektren zu erklären, sondern auch die Quelle für die
gesamte, riesige Energieproduktion. Dies bedeutet, dass die Dynamik und
Beschleunigung von Teilchen in mäßig magnetisierten astrophysikalischen Flüssen
genauer untersucht werden muss.
Über ihre Studie berichtete das Team unlängst in der
Fachzeitschrift Nature Astronomy.
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