Lichtblitze aus dem All vermessen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Paul Scherrer Instituts astronews.com
15. Januar 2019
Energiereiche Strahlungsausbrüche im Gammastrahlenbereich
lassen sich praktisch täglich irgendwo am Himmel beobachten. Über ihren Ursprung
gibt es bislang lediglich verschiedene Theorien. Mithilfe von Messungen an Bord
der chinesischen Raumstation Tiangong 2 versucht ein internationales
Forschungsteam nun dem Rätsel dieser Gamma-ray Bursts auf die Spur zu kommen.
Gamma-ray-Bursts (hier eine künstlerische
Darstellung) entstehen bei sehr energiereichen
Ereignissen. Was genau dabei passiert, ist aber
noch unklar.
Bild: ESO / A. Roquette [Großansicht] |
Sie leuchten in weiter Ferne kurz und extrem hell auf: Rund ein Mal pro Tag
lassen sich sogenannte Gammablitze aus den Tiefen des Alls beobachten. Die
Lichtblitze geschehen dabei – daher der Name – im hochenergetischen Bereich der
Gammastrahlung. Bei den Prozessen, die sie auslösen, muss in wenigen Sekunden
mehr Energie ausgestoßen werden, als es unsere Sonne in Milliarden von Jahren
tut. Über ihren Ursprung gibt es mehrere Theorien, wirklich geklärt, ist dieses
auch als Gamma-ray Bursts bezeichnete Phänomen allerdings noch nicht.
Um in dieser Frage weiterzukommen, hat ein internationales Team nun
eine bestimmte Eigenschaft dieser Lichtblitze vermessen: ihren
Polarisationsgrad. Licht breitet sich als Wellen aus; der Polarisationsgrad gibt
an, ob die Lichtwellen einer Quelle parallel zueinander schwingen – dies wäre
ein hoher Polarisationsgrad – oder ob sie kreuz und quer zueinander schwingen –
dann wäre dieser Wert gering.
Die nun veröffentlichten Ergebnisse der Studie zeigen: Gammablitze haben
einen vergleichsweise niedrigen Polarisationsgrad. Zudem beobachteten die
Wissenschaftlerinnen und Wissenchaftler Hinweise auf eine Veränderung des
Polarisationswinkels – also der Ausrichtung dieser geringen Polarisation – über
den Verlauf einzelner Gammablitze hinweg.
Die verschiedenen bisherigen Theorien zur Entstehung von Gammablitzen führen
zur Vorhersage verschieden hoher Polarisationsgrade. Dabei kommen als Ursprung
eines Gammablitzes unter anderem der Kollaps eines massereichen Sterns zu einem
Schwarzen Loch in Betracht, das Verschmelzen zweier Neutronensterne, eine
spezielle Sorte Supernova und eine Reihe ähnlich energie- und massereicher
Vorgänge.
"Dank unserer Daten werden sich wohl manche dieser Theorien zu den
Ursprungsmechanismen ausschließen lassen", so Wojciech Hajdas vom Paul Scherrer
Institut PSI, der maßgeblich an der Entwicklung des Instruments POLAR beteiligt
war, das die neuen Messdaten geliefert hat. POLAR ist ein hochmoderner Detektor,
den ein Team um Hajdas gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Genf und
des chinesischen Instituts für Hochenergiephysik entwickelt hatten.
Im September 2016 war das Gerät an Bord der jüngsten chinesischen Raumstation
– der Tiangong 2 – in den Orbit der Erde befördert worden. Von dort aus
hatte POLAR Daten gesammelt, indem das Licht der Gammablitze mittels 1600
spezieller Kunststoffstäbe aufgefangen, weitergeleitet und analysiert wurde. Der
Flug ins All war entscheidend für das Projekt, denn vom Erdboden aus verhindert
die Erdatmosphäre eine genaue Messung des Polarisationsgrades.
Sowohl das Konzept des POLAR-Detektorsystems als auch die Elektronik wurden
maßgeblich am PSI entwickelt. Die Signalauslesemodule und der Zentralcomputer
von POLAR wurden dann am PSI hergestellt und getestet. Zusätzlich entwickelten
das Team eine eigene Software für die Bearbeitung der Daten.
Insgesamt konnte POLAR mehrere Dutzend Ereignisse registrieren, von denen das
internationale Team nun die fünf aussagekräftigsten Gammablitze ausgewertet hat.
Auf der virtuellen Plattform PSI POLAR Data Center stellen die PSI-Forschenden
zudem die Daten aller registrierten Ereignisse der Forschungsgemeinde zur
Verfügung. Da etliche der von POLAR vermessenen Gammablitze zusätzlich von
weiteren Detektoren weltweit beobachtet wurden, dient die Plattform unter
anderem dazu, dass Forschende hier ihre jeweiligen Datensätze abgleichen.
Über die Ergebnisse berichtete das Team in einem Fachartikel, der in
Nature Astronomy erschienen ist.
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