Asteroidenforschung auf dem Meeresgrund
Redaktion
/ Pressemitteilung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel astronews.com
29. Juli 2019
Vor 35 Millionen Jahren traf ein Asteroid die
nordamerikanische Küste nahe dem heutigen Washington, D.C. Der daraus
resultierende Chesapeake-Bay-Krater mit einem Durchmesser von 40 Kilometern
wurde nun von einem internationalen Forschungsteam untersucht. Spuren des
Einschlags fanden sich noch in marinen Sedimenten in 400 Kilometern Entfernung
vom Krater.
Die Lage des Kraters in der Chesapeake Bay.
Er ist heute vollständig von jüngeren Sedimenten
bedeckt, wurde aber Anfang der 1990er Jahre durch
marin-geophysikalische Untersuchungen und
anschließende Bohrungen entdeckt. Mit einem
Kraterdurchmesser von 40 Kilometern und einer
Tiefe von ca. 1,3 Kilometern ist er der größte
bekannte Einschlagkrater in den USA und der
fünzehntgrößte auf der Erde.
Bild: Powars et al. 2015, Bearbeitung:
Christoph Kersten / GEOMAR [Großansicht] |
In der 4,5 Milliarden Jahre alten Erdgeschichte haben Einschläge
außerirdischer Körper immer wieder katastrophale Ereignisse ausgelöst. Vor etwa
35 Millionen Jahren traf ein Asteroid oder Komet den Ozean vor der Ostküste
Nordamerikas. Der Einschlag formte einen Krater mit einem Durchmesser von etwa
40 Kilometern in der Chesapeake Bay im heutigen Virginia, USA, und verformte
Gesteine in einem Umkreis von bis zu 85 Kilometern. Die Region, zum Beispiel der
200 Kilometer entfernte Ort des heutigen Washington, D.C., war von einem
Feuersturm betroffen. Erdbeben bis zu einer Stärke von 8,7 Magnituden,
herabregnende geschmolzene Glaströpfchen (Tektite), eine Druckwelle mit
Windgeschwindigkeiten über 1000 Kilometer pro Stunde und ein verheerender
Tsunami waren weitere Folgen.
Auswurf-Material aus dem Einschlagskrater lagerte sich auf einer Fläche von
mindestens sieben Millionen Quadratkilometern ab. Das ist fast zwanzigmal so
groß wie Deutschland. Basierend auf marinen Sedimenten, die während der
Bohrungen im Rahmen des International Ocean Drilling Program gewonnen
wurden, konnte ein internationales Team von Wissenschaftlern und
Wissenschaftlerinnen jetzt von diesem Einschlagereignis betroffenen Mineralien
identifizieren und erstmals mithilfe der Uran-Thorium-Helium-Technik das Alter
einzelner Zirkonkristalle bestimmen.
Die datierten Kristalle waren nur etwa 0,1 Millimeter groß. Die relativ
neue Datierungstechnik wurde noch nie zuvor bei der Datierung von
Einschlagskratern angewendet. Die Studie war Teil eines größeren Projekts, um
den Einsatz dieser Tieftemperatur-Datierungsmethode an 20 der 190 bekannten
Einschlagskratern auf der Erde zu untersuchen. "Der Schlüssel zu unserer
Untersuchung waren Zirkone, oder genauer gesagt Zirkoniumsilikat-Kristalle, die
wir in den ozeanischen Sedimenten eines Bohrlochs gefunden haben, das sich fast
400 Kilometer nordöstlich der Einschlagsstelle im Atlantik befindet", erklärt
die Projektleiterin Dr. Jo-Anne Wartho, die die Studie an der Arizona State
University begonnen hat und nun am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für
Ozeanforschung Kiel arbeitet.
Wenn hohe Temperaturen und Drücke im Zusammenhang mit Einschlagsereignissen
auf Zirkone einwirken, hinterlassen sie charakteristische Spuren. Dazu gehören
parallele Reihen von multiplen, sehr schmalen Schmelzebenen, die sich in den
schockartig veränderten Kristallen bilden, und der Abbau von Zirkon zu
Zirkonoxid und Siliziumdioxid, der bei Temperaturen von etwa 1680 Grad Celsius
und Drücken, die 900.000 mal höher sind als der atmosphärische Druck auf
Meeresspiegelniveau, geschieht. Zusammen mit Tektiten (Schmelztropfen) wurden
die derart veränderten Zirkonkristalle aus dem Aufprallbereich geschleudert.
Bei Kontakt mit dem Meerwasser kühlten sie dann sofort ab und sanken auf den
Meeresboden. "35 Millionen Jahre später fanden wir diese geschockten und
ausgeschleuderten Zirkonkristalle und konnten mit der neuen Datierungs-Technik
ihr Alter bestimmen", erklärt Wartho. Der Krater der Chesapeake Bay ist heute
vollständig von jüngeren Sedimenten bedeckt, wurde aber Anfang der 1990er Jahre
durch marin-geophysikalische Untersuchungen und anschließende Bohrungen
entdeckt. Mit einem Kraterdurchmesser von 40 Kilometern und einer Tiefe von ca.
1,3 Kilometern ist er der größte bekannte Einschlagkrater in den USA und der
fünzehntgrößte auf der Erde.
Die Ergebnisse wurden kürzlich in der internationalen Zeitschrift
Meteoritics & Planetary Science veröffentlicht.
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