Mega-Kollision vor 470 Millionen Jahren
Redaktion / idw /
Universität Heidelberg
astronews.com
19. Januar 2007
Vor 470 Millionen Jahren kam es im Asteroidengürtel zwischen
Mars und Jupiter zu einer gewaltigen Kollision: Zwei
große Asteroiden prallten aufeinander und die Trümmer dieser Katastrophe
erreichten kurze Zeit später auch die Erde. Noch heute, so die Ansicht von
Heidelberger Wissenschaftlern, lassen sich ein Viertel der auf die Erde treffenden
Meteoriten auf dieses Ereignis zurückführen.
Der Asteroid 243 Ida (hier mit seinem Mond) ist einer von vielen
Felsbrocken im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.
Foto:
NASA/NSSDC
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"Vor 470 Millionen Jahren ereignete sich im Asteroidengürtel, an der Grenze
zwischen äußerem und innerem Sonnensystem, eines der größten
Kollisionsereignisse unseres Sonnensystems, als zwei wahrscheinlich einige
hundert Kilometer große Asteroiden zusammenstießen. Dieses Ereignis setzte einen
Schwarm kleinerer Bruchstücke frei, die bis zu den erdähnlichen Planeten im
inneren Sonnensystem abgelenkt wurden und innerhalb weniger Millionen Jahre -
einer geologisch kurzen Zeit - auf die Erde regneten. Heute finden wir Überreste
kleiner Meteorite in fossilen Ablagerungen des mittleren Ordoviziums, während
kilometergroße Bruchstücke bis zu 30 Kilometer große Einschlagskrater
hinterließen."
Mit diesen Worten fasst Ekaterina Korochantseva, Doktorandin am Mineralogischen
Institut der Universität Heidelberg, eine neue Studie zusammen, die in der
Januarausgabe der Zeitschrift Meteoritics and Planetary Science
erschienen ist. Sogar heute noch ist ein Viertel der Meteorite, die die Erde
treffen, auf dieses kosmische Großereignis vor 470 Millionen Jahren
zurückzuführen" erläutert der Leiter der Isotopen-Datierungsgruppe, Privatdozent
Dr. Mario Trieloff.
Vor etwa zehn Jahren entdeckte eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof.
Birger Schmitz erstmals fossile Meteorite in einem schwedischen Steinbruch,
eingebettet in Kalkstein aus dem mittleren Ordovizium. Da diese Meteorite sehr
stark verwittert waren, war es nicht möglich, sie chemisch oder mineralogisch
zweifelsfrei einem der bekannten Meteoriten-Typen zuzuordnen oder etwas über
ihre Geschichte zu erfahren.
Die Heidelberger Wissenschaftler haben mittels einer weiterentwickelten
radiometrischen Datierungsmethode gezeigt, dass eine heute noch auf die Erde
treffende Meteoriten-Gesteinsgruppe (die so genannten L-Chondrite) von einem
Asteroiden stammt, der durch eine große Kollision vor 465 bis 475 Millionen
Jahren auseinandergerissen wurde. Dieser Zusammenstoß brachte Gesteine der
beiden Asteroiden zum Schmelzen und verursachte gewaltige Stoßwellen mit einem
Spitzendruck von mehreren hundert Kilobar, vergleichbar mit dem statischen Druck
im Erdinneren in 2000 Kilometern Tiefe.
Darüber hinaus konnten die Heidelberger Wissenschaftler zeigen, dass die
Gesteinsschichten des Ordoviziums, in denen die fossilen Meteorite abgelagert
wurden, etwa 467 Millionen Jahre alt sind. Damit ergibt sich ein eindeutiger
Zusammenhang: Eine der größten bekannten Kollisionen im Asteroidengürtel zerriss
einen hunderte Kilometer großen Kleinplaneten vor 470 Millionen Jahren - kleine
und große Bruchstücke wurden damals in Richtung Erde abgelenkt und bewirkten,
dass für einige Millionen Jahre etwa hundert mal so viele Meteorite wie in der
Neuzeit auf die Erde fielen.
Der Einschlag kilometergroßer Bruchstücke war ebenfalls deutlich häufiger. Die
Energie solcher Einschläge ist beträchtlich und hatte damals sehr wahrscheinlich
globale Auswirkungen. So wird beispielsweise ein 30 Kilometer großer Krater
durch ein Ereignis verursacht, dessen Energie etwa zehn Millionen
Hiroshima-Bomben entspricht - das ist, wie wenn ein Berg der Größe des Feldbergs
(Schwarzwald) mit einer Geschwindigkeit von 50.000 Kilometern pro Stunde die Erde
trifft.
Auch der Eintrag von kosmischem Staub in die Erdatmosphäre dürfte erhöht gewesen
sein, und zwar für mehrere Millionen Jahre. Heute ist etwa die Hälfte aller
Staubpartikel in der oberen Atmosphäre extraterrestrischen Ursprungs. Die
Häufigkeit dieses Staubes, der dort lange Verweilzeiten hat, war damals hundert
Mal so hoch wie heute. Wie sich dies auf das Klima der Erde auswirkte, ist noch
nicht genau bekannt.
Prof. Birger Schmitz, Entdecker der fossilen Meteorite, mutmaßt aber, dass die
Biodiversifikation (Explosion der Artenvielfalt) im mittleren bis späten
Ordovizium etwas mit Klimaveränderungen und dem kosmischen Bombardement dieser
Zeit zu tun hat, dass also eine tief greifende Veränderung unserer Biosphäre
durch einen Vorgang in den äußeren Bereichen unseres Sonnensystems verursacht
wurde.
Rainer Altherr, Direktor des Mineralogischen Institutes: "Wir freuen uns
besonders darüber, dass die präzise Datierung dieses kosmischen Großereignisses
mit einer Heidelberger Datierungs-Methode gelang. Die sogenannte 40Ar-39Ar-Technik
ist eine verbesserte Variante der ehemals von Wolfgang Gentner in den 50er
Jahren des letzten Jahrhunderts in Heidelberg entwickelten K-Ar-Methode.
Isotopendatierung spielt in den modernen Geowissenschaften, gerade auch in
Heidelberg, eine immer wichtigere Rolle und eignet sich hervorragend als Brücke
zwischen verschiedenen Disziplinen wie Astronomie, Sonnensystemforschung,
Geologie-Paläontologie, Mineralogie und Umweltwissenschaften."
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