Was Staub über kleine Objekte verrät
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Friedrich-Schiller-Universität Jena astronews.com
5. April 2019
Planetensysteme bestehen nicht nur aus einem Zentralstern
und großen Planeten, sondern auch aus zahlreichen kleineren Objekten, die die
Wissenschaft insgesamt als Trümmerscheiben bezeichnet. Vor allem deren Staub
kann einiges über die Eigenschaften dieser Scheiben verraten. In Jena bleiben
solche Trümmerscheiben für drei weitere Jahre im Visier der Forschenden.
Planetensysteme, hier eine künstlerische
Darstellung eines extrasolaren Planetensystems,
bestehen nicht nur aus Planeten, sondern auch aus
zahlreichen kleineren Objekten.
Bild: ESO [Großansicht] |
Bestünde unser Planetensystem nur aus der Sonne und den acht Planeten, dann
wäre es ziemlich leer und ziemlich langweilig. Davon ist zumindest Prof. Dr.
Alexander Krivov von der Friedrich-Schiller-Universität Jena überzeugt. Seit
vielen Jahren erforscht der Astrophysiker deshalb all das, was sich sonst noch
in einem Planetensystem befindet, nämlich Kleinstplaneten, wie Pluto, Kometen,
Asteroiden und jede Menge Staub. Zusammengenommen bezeichnen Astronomen dieses
Material als Trümmerscheibe.
Seit vier Jahren unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) diese
Arbeit. Nun verlängert sie die Finanzierung für die vom Jenaer Experten
geleitete Forschungsgruppe "Trümmerscheiben in Planetensystemen" um drei weitere
Jahre. Die Förderung beträgt rund zwei Millionen Euro – etwa drei Viertel davon
gehen an Krivov und seine Kollegen vom Astrophysikalischen Institut, vom
Institut für Festkörperphysik sowie vom Institut für Geowissenschaften der
Universität Jena. Weitere Mittel erhalten Arbeitsgruppen an der TU Braunschweig
und der Universität Kiel.
"Wir konzentrieren uns während unserer Arbeit einerseits auf die Erforschung
der Trümmerscheiben anderer Planetensysteme, sammeln aber andererseits
Informationen über unsere eigene, da sie uns als maßgebliche Referenz für die
Einordnung unserer extrasolaren Beobachtungen dient", erklärt Krivov.
"Asteroiden und Kometen verteilen sich in unserem System beispielsweise auf zwei
Bereiche: einen Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und den sogenannten
Kuipergürtel am äußeren Rand des Systems. Eine Verteilung in zwei, manchmal
sogar mehr Komponenten sehen wir auch in anderen Systemen." Dank solcher
Untersuchungen könne man Aussagen über die Struktur anderer Planetensysteme
treffen und diese mit dem Sonnensystem vergleichen.
Um weitere Informationen über die Bestandteile unserer Trümmerscheibe zu
erfahren, werten die Wissenschaftler der Forschungsgruppe beispielsweise Daten
aus, die die Sonde Rosetta rund um den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
sammeln konnte. Entscheidend für die Beobachtung der Trümmerscheiben ist ein
winziges Detail: der Staub, den die Himmelskörper freisetzen. "Das Leuchten, das
wir sehen, wenn wir von der Erde aus einen Kometen anschauen, wird durch den
Staub erzeugt, der sich um das massive Objekt ausbreitet", erklärt der Jenaer
Experte. "Genauso ist das auch bei allen Bestandteilen einer Trümmerscheibe.
Erst der Licht oder Wärme emittierende Staub ermöglicht es uns, die Kometen oder
Asteroiden um andere Sterne wahrzunehmen."
Um mehr über die Staubpartikel zu erfahren, bilden die Astrophysiker sie im
Rahmen der Forschungsgruppe nach und experimentieren mit ihnen im Labor. Lassen
sich dank Staub ausreichend Spuren einer extrasolaren Trümmerscheibe auf der
Erde detektieren, dann können sie einen erheblichen Beitrag zur Entdeckung neuer
Planeten in ihrer Umgebung leisten. "Die von Planeten ausgehenden Kräfte
verursachen Krümmungen und Verschiebungen an der Scheibe", erklärt Krivov. So
könne es passieren, dass man erst diese Auswirkungen registriert und dann den
dazugehörigen Planeten. Über die Trümmerscheibe lassen sich also die
Architekturen ganzer Planetensysteme nachzeichnen.
In den kommenden drei Jahren wollen die Jenaer Forscher zudem weiterhin
Theorien entwickeln, wie die Trümmerscheiben überhaupt entstanden sind. Dafür
entwerfen die Astrophysiker auch Modelle der Scheiben. Hierbei ist Krivov auf
ein Problem gestoßen, dessen Lösung ihn ganz besonders antreibt: Welche Masse
haben Trümmerscheiben anderer Planetensysteme? "Unsere Modelle funktionieren
prinzipiell sehr gut – vorausgesetzt wir legen eine Masse zugrunde, die diese
Scheiben unmöglich haben können. Denn so viel Material kann es dort nicht
geben", erklärt er die Fragestellung. "Unsere Berechnungen hierzu sind zwar
richtig, aber offensichtlich haben wir etwas Großes bisher übersehen – die
Lösung dieses Problems könnte also möglicherweise noch andere wichtige
Erkenntnisse über Planetensysteme bereithalten."
|