Windmessung aus dem Erdorbit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
22. August 2018
Mit dem Satelliten Aeolus, der in dieser Nacht vom
europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana aus starten soll, wird
es erstmals möglich sein, den Wind in der Atmosphäre aus dem All zu messen. Zum
Einsatz kommt dazu ein Laser-basiertes Messsystem. Mit den Informationen könnten
sich mittelfristige Wettervorhersagen deutlich verbessern.
Die europäische ADM Aeolus-Mission soll nicht
nur unser Verständnis über dynamische Prozesse in
der Atmosphäre verbessern, sondern auch die
mittel- bis langfristige Wettervorhersage und die
Klimabeobachtung.
Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Wir kennen das Bild aus dem Wetterbericht: Im Satellitenfilm sind
Wolkenformationen und andere Informationen zu erkennen, die für unser Wetter
eine entscheidende Rolle spielen. Bislang werden aber keine direkten
Windinformationen erfasst. Mit Aeolus soll sich das ändern: Die Mission
der Europäischen Raumfahrtagentur ESA soll bis 2021 mit einem neuartigen und
leistungsstarken Laser-System vertikale Windprofile erstellen und so zum ersten
Mal hochgenau und zeitnah Daten zu globalen Windfeldern in der Atmosphäre
messen. Wissenschaftler und Meteorologen können aus diesen Daten wichtige
Informationen für ein besseres Verständnis unserer Wettersysteme und des Klimas
gewinnen.
Der 1,4 Tonnen schwere Erdbeobachtungssatellit soll am 22. August 2018 um
23:20 Uhr MESZ an Bord einer europäischen Vega-Trägerrakete vom
ESA-Raumflughafen in Kourou (Französisch-Guyana) starten und die Erde in einer
Höhe von 320 Kilometern umkreisen. Der Start war ursprünglich für den 21. August
vorgesehen, wurde aber wegen Höhenwinden um 24 Stunden verschoben. Aeolus
ist Bestandteil des Living Planet-Programms der ESA, bei dem
Deutschland stärkster Partner und Beitragszahler ist.
Die Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in
Bonn steuert im Auftrag der Bundesregierung die deutschen ESA-Beiträge: "Mit der
langjährigen und schwierigen Entwicklung dieses Lasersystems, das im
ultravioletten, nicht sichtbaren Spektralbereich arbeitet, gelingt Europa ein
technologischer und wissenschaftlicher Durchbruch", erklärt Dr. Walther Pelzer,
Vorstand der DLR Raumfahrtagentur. "Ich freue mich, dass deutsche Expertise aus
Industrie und Wissenschaft nicht nur den Weg für diesen Durchbruch geebnet hat,
sondern auch einen entscheidenden Beitrag für einen wegweisenden Prototypen für
künftige operationelle Systeme geleistet hat und damit auch Pläne der World
Meteorological Organisation unterstützt", so Pelzer weiter.
Mit Aeolus und insbesondere dem Laser-System Aladin kann
die mittelfristige Wettervorhersage - also die Prognose von bis zu 15 Tagen im
Voraus - erheblich verbessert werden: "Vor allem die genaue Kenntnis der Dynamik
des Wetters in den Tropen und über dem Pazifik lässt eine zuverlässigere
Vorhersage von starken und plötzlichen Stürmen in unseren Breitengraden zu",
verdeutlicht Dr. Albrecht von Bargen, DLR-Koordinator der deutschen Beiträge für
die Nutzung der Aeolus-Daten. Bisher müssen sich die Wetterdienste bei
ihren Vorhersagen auf vergleichsweise wenige und punktuelle Winddaten verlassen.
Die Abdeckung über den Ozeanen, Afrika und Südamerika sowie den Polargebieten
ist sehr gering.
Viele Extremwetter wie etwa Orkane, die auch hohe Schäden in Deutschland und
Europa verursachen können, entstehen zwischen den Subtropen und den subpolaren
Breitengraden. Das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage
(EZMW) wird die Aeolus-Daten verarbeiten und den europäischen
Wetterdiensten zur Verfügung stellen. "Damit füllt Aeolus eine sehr
wichtige Lücke", sagt von Bargen. Das Instrument Aladin (Atmospheric
Laser Doppler Instrument) an Bord von Aeolus basiert auf der
sogenannten LIDAR (Light Detection and Ranging)-Technik, also der Messung von
Entfernungen und Eigenschaften der Atmosphäre mit Hilfe von Laserlicht.
"Aladin schickt dabei kurze UV-Lichtimpulse zur Erdoberfläche. Mit
einem Teleskop werden die an Molekülen, Wolken und Staubteilchen gestreuten
Signale dann wieder eingesammelt und die Laufzeit der Strahlung und die Frequenz
ausgewertet. Daraus lassen sich dann die globalen Windprofile vom Boden bis in
Höhen von 30 Kilometern ableiten", erläutert Dr. Oliver Reitebuch vom
DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen, und ergänzt: "Wir
haben die technische und wissenschaftliche Funktionsweise mit einem Prototypen
des LIDAR in mehreren Kampagnen mit unserem Forschungsflugzeug Falcon
nachgewiesen."
Schon vor dem Start der Satellitenmission konnten die DLR-Wissenschaftler
damit Messdaten von einem Aladin-ähnlichen Instrument gewinnen, um
damit die Erfassung der Windgeschwindigkeit zu demonstrieren und zu testen. Nach
dem Start von Aeolus wollen Reitebuch und seine Kollegen die
flugzeugbasierten Messungen fortsetzen und den Satelliten unterfliegen, um die
Genauigkeit der Windmessung zu validieren.
Update (23. August 2018): Der Start von Aeolus in
der Nacht war erfolgreich.
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