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GRAVITATIONSWELLEN
Die Größe von Neutronensternen
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt
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2. Juli 2018

Wie groß ist ein Neutronenstern? Nach bisherigen Schätzungen der Wissenschaftler liegt der Radius bei Werten zwischen acht und 16 Kilometern. Jetzt haben Astrophysiker die Größe von Neutronensternen bis auf 1,5 Kilometer genau bestimmt. Sie werteten dazu ein Gravitationswellensignal aus, das man von zwei verschmelzenden Neutronensternen empfangen hatte.

Neutronenstern

Größenintervall eines typischen Neutronensterns im Vergleich zur Stadt Frankfurt. Bild: Lukas Weih / Goethe-Universität; Satellitenaufnahme: GeoBasis-DE/BKG (2009) Google [Großansicht]

Neutronensterne zählen zu den dichtesten Objekte in unserem Universum. Ihre Masse ist weitaus größer als die unserer Sonne, zusammengeballt in einer vergleichsweise kleinen Kugel, deren Durchmesser mit dem der Stadt Frankfurt vergleichbar ist. Allerdings ist das nur eine grobe Abschätzung. Seit mehr als 40 Jahren gilt die Bestimmung des Radius' von Neutronensternen als eine der grundsätzlichsten Fragen der Astro- und Kernphysik, da aus dieser Größe wichtige Informationen über die fundamentalen Wechselwirkungen von dichter Kernmaterie abgeleitet werden können.

Einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Rätsels bieten die Daten aus der Detektion von Gravitationswellen, die bei der Verschmelzung von zwei Neutronensternen entstanden sind. Ende letzten Jahres nutzten Prof. Luciano Rezzolla, Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität und FIAS, und seine Studenten Elias Most und Lukas Weih diese Daten bereits, um die maximalen Masse von Neutronensternen zu berechnen, bevor sie zu einem Schwarzen Loch kollabieren (astronews.com berichtete). Das Ergebnis wurde fast zeitgleich von anderen Forschungsgruppen bestätigt. Nun hat dieselbe Gruppe zusammen mit Prof. Jürgen Schaffner-Bielich von Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität auch strenge Grenzen für die Größe von Neutronensternen ermittelt.

Die Crux des Problems ist, dass die Zustandsgleichung, welche die Materie in Neutronensternen beschreibt, nicht bekannt ist. Die Physiker entschlossen sich deshalb, einen anderen Weg zu gehen: Sie wählten statistische Methoden, um die Größe von Neutronensternen innerhalb enger Grenzen zu bestimmen. Hierzu berechneten sie mehr als zwei Milliarden theoretische Modelle von Neutronensternen, indem sie Einsteins Gleichungen numerisch lösten und diesen riesigen Datensatz mit den Daten der Gravitationswellendetektion GW170817 kombinierten.

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"Ein solcher Ansatz ist nicht unüblich in der theoretischen Physik", sagt Rezzolla und fügt hinzu: "Wir können Unsicherheiten einschränken, indem wir die Ergebnisse für alle möglichen Werte der entsprechenden Parameter analysieren." So ist es den Wissenschaftlern gelungen, den Radius eines typischen Neutronensterns auf 1,5 Kilometer genau anzugeben: Er liegt zwischen 12 bis 13,5 Kilometern - ein Ergebnis, das mit künftigen Detektionen von Gravitationswellen weiter verbessert werden kann.

"Das Ganze birgt allerdings noch eine Tücke, und zwar die Möglichkeit von Zwillingssternen", kommentiert Prof. Schaffner-Bielich. Es ist nämlich möglich, dass bei extrem hohen Dichten ein Phasenübergang stattfindet. Die Materie hat dann plötzlich ganz andere Eigenschaften, so wie Wasser hart wird, wenn es zu Eis gefriert. Im Fall von Neutronensternen wird spekuliert, dass beim Phasenübergang gewöhnliche Materie in "Quarkmaterie" umgewandelt wird. Bezieht man diese Möglichkeit ein, ist noch eine weitere Gleichgewichtslösung der Einsteingleichungen möglich: Ein exotischer Zwilling mit exakt der gleichen Masse und einem deutlich kleinerem Radius. Obwohl es für die Existenz dieser zweiten Klasse von Neutronensternen keine Beweise gibt, sind sie zumindest theoretisch möglich.

Das Team um Rezzolla und Schaffner-Bielich hat sie deshalb trotz der zusätzlichen Komplikationen, die mit der Berechnung von Zwillingssternen einhergehen, berücksichtigt. Diese Mühe wurde mit einem unerwarteten Ergebnis belohnt: Zwillingssterne sind statistisch gesehen sehr selten und können während der Verschmelzung zweier Neutronensterne nur wenig verformt werden. Dieses Ergebnis ist deshalb wichtig, weil es Wissenschaftlern durch künftige Beobachtungen erlaubt, die Existenz dieser Zwillinge potentiell auszuschließen. So wird sich mit zukünftigen Gravitationswellenbeobachtungen zeigen, ob Neutronensterne tatsächlich exotische Zwillinge haben.

Über ihre Untersuchung berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Physical Review Letters.

Hinweis: In einer ersten Version des Textes war in der Einleitung von einem geschätzten Durchmesser von Neutronensternen zwischen acht und 16 Kilometern die Rede. Gemeint war allerdings nicht der Durchmesser, sondern der Radius - wie auch im weiteren Verlauf des Textes. 

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siehe auch
Gravitationswellen: Die maximale Masse eines Neutronensterns - 16. Januar 2018
Simulationen: Wie groß sind Neutronensterne? - 5. Dezember 2017
Neutronensterne: Detaillierte Simulationen auf Supercomputer - 26. Oktober 2017
Gravitationswellen: Wenn Neutronensterne verschmelzen - 16. Oktober 2017
Gravitationswellen: Die Signale kollidierender Neutronensterne - 15. November 2016
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Goethe-Universität Frankfurt am Main
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