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GRAVITATIONSWELLEN
Die maximale Masse eines Neutronensterns
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main
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16. Januar 2018

Neben Schwarzen Löchern zählen Neutronensterne zu den extremsten Objekten, denen man im Weltraum begegnen kann. Bislang weiß man allerdings nicht, wie massereich sie eigentlich werden können. Die jüngsten Gravitationswellenbeobachtungen liefern nun aber zusammen mit theoretischen Modellen eine Obergrenze: die 2,16-fache Masse der Sonne.

Gravitationswellen

Simulation der während einer Kollision von Neutronensternen ausgesandten Gravitationswellen. Bild: AK Rezzolla, Goethe-
Universität
[Großansicht]

Seit der Entdeckung von Neutronensternen in den 1960er Jahren fragen sich Wissenschaftler, wie schwer diese massereichen Sterne werden können? Im Unterschied zu Schwarzen Löchern können sie nicht beliebig viel Masse zulegen; wird eine bestimmte Massengrenze überschritten, gibt es im Universum keine physikalische Kraft mehr, die der enormen Gravitation entgegenwirken kann.

Astrophysikern der Goethe-Universität Frankfurt ist es nun erstmals gelungen, eine strenge obere Grenze für diese maximale Masse von Neutronensternen zu berechnen. Mit einem Radius von ungefähr zwölf Kilometern und einer Masse, die doppelt so groß werden kann wie die der Sonne, zählen Neutronensterne zu den dichtesten Objekten im Universum. Ihre Gravitationsfelder sind mit denen von Schwarzen Löchern vergleichbar.

Während die meisten Neutronensterne eine Masse von ca. 1,4 Sonnenmassen haben, sind den Wissenschaftlern auch sehr massereiche Exemplare bekannt wie der Pulsar PSR J0348+0432, der es auf 2,01 Sonnenmassen bringt. Die Dichte dieser Sterne ist gigantisch: Sie entspricht der Masse des gesamten Himalaya-Gebirges, komprimiert in einem bayrischen Maßkrug. Es gibt jedoch Hinweise dafür, dass ein Neutronenstern, der eine bestimmte Maximalmasse erreicht hat, zu einem Schwarzen Loch kollabieren würde, sobald man ihm auch nur ein einziges Neutron hinzufügt.

Physiker Prof. Luciano Rezzolla, Senior Fellow des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und Professor für theoretische Astrophysik an der Goethe-Universität, löste nun zusammen mit seinen Studenten Elias Most und Lukas Weih dieses seit 40 Jahren erforschte Problem: Innerhalb einer Genauigkeit von wenigen Prozent kann die Maximalmasse von nicht-rotierenden Neutronensternen nicht größer als 2,16 Sonnenmassen sein.

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Die Grundlage für dieses Ergebnis bildete der vor ein paar Jahren in Frankfurt erarbeitete Ansatz "universeller Beziehungen". Die Existenz "universeller Beziehungen" impliziert, dass praktisch alle Neutronensterne "gleich aussehen", so dass ihre Eigenschaften durch dimensionslose Größen ausgedrückt werden können. Diese Größen kombinierten die Wissenschaftler mit den Daten der Gravitationswellen und der darauf folgenden elektromagnetischen Signale, die im letzten Jahr während der Beobachtung von zwei verschmelzenden Neutronensternen durch das LIGO-Experiment gewonnen wurden. Das machte die Berechnungen deutlich einfacher, da diese unabhängig von der zugrunde liegenden Zustandsgleichung sind.

Die Zustandsgleichung ist ein theoretisches Modell für die Beschreibung von dichter Materie innerhalb des Sterns und enthält Informationen über die Zusammensetzung in verschiedenen Tiefen innerhalb des Sterns. Folglich war die Existenz einer solchen universellen Beziehung essentiell, um die neue maximale Masse bestimmen zu können. Dieses Resultat ist ein gutes Beispiel für das Zusammenspiel zwischen theoretischer und experimenteller Forschung.

"Das Schöne an theoretischen Studien ist, dass sie Vorhersagen treffen können. Die Theorie ist aber zwingend auf Experimente angewiesen, um einige ihrer Unsicherheiten zu minimieren", sagt Rezzolla. "Es ist gerade daher so erstaunlich, dass uns die Beobachtung einer einzigen Neutronensternkollision, die sich Millionen von Lichtjahren entfernt ereignet hat, in Kombination mit theoretisch gefundenen universellen Beziehungen ermöglicht hat, dieses Rätsel, über das schon so lange spekuliert worden ist, zu lösen."

Einige Tage nachdem die Gruppe um Rezzolla ihre Resultate publiziert hatte, bestätigten auch Arbeitsgruppen aus Japan und den USA die Ergebnisse, obwohl sie bis dahin andere unabhängige Ansätze verwendeten. Es ist wahrscheinlich, dass künftig mittels Gravitationswellenastronomie mehrere solcher Verschmelzungsereignisse beobachtet werden, sowohl in Form von Gravitationswellen als auch in traditionelleren elektromagnetischen Frequenzspektren. Dadurch lassen sich womöglich die Unsicherheiten in der maximalen Masse weiter reduzieren und somit auch das Verständnis von Materie unter extremen Bedingungen verbessern. Diese wird in modernen Teilchenbeschleunigern wie am CERN in der Schweiz oder bei FAIR in Deutschland simuliert.

Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in den Astrophysical Journal Letters erschienen ist.

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siehe auch
Simulationen: Wie groß sind Neutronensterne? - 5. Dezember 2017
Neutronensterne: Detaillierte Simulationen auf Supercomputer - 26. Oktober 2017
Gravitationswellen: Wenn Neutronensterne verschmelzen - 16. Oktober 2017
Gravitationswellen: Die Signale kollidierender Neutronensterne - 15. November 2016
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Goethe-Universität Frankfurt
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