Wassereis auf Zwergplanet Ceres?
von Stefan Deiters astronews.com
11. Juli 2016
Könnte sich auf der Oberfläche von Ceres über
Milliarden von Jahren in schattigen Kratern Wassereis angesammelt und erhalten haben? Ein
Forscherteam hält dies für nicht unwahrscheinlich und identifizierte auf
Grundlage von Daten der NASA-Sonde Dawn zahlreiche Regionen, die
permanent im Schatten liegen. Die Sonde erkundet den Zwergplaneten seit mehr als
einem Jahr aus einer Umlaufbahn.
An den Polen von Ceres haben Forscher
zahlreiche Stellen identifiziert, die Kältefallen
für Wassereis sein könnten (hier blau markiert).
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR /
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"Die Bedingungen auf Ceres würden die Entstehung von Ablagerungen von
Wassereis erlauben", ist Norbert Schorghofer überzeugt, der gerade an der
University of Hawaii in Manoa als Gastwissenschaftler arbeitet. "Ceres hat
gerade eine ausreichend große Masse, um Wassermoleküle halten zu können und die
permanent schattigen Regionen, die wir identifiziert haben, sind ausgesprochen
kalt - kälter als die meisten Regionen auf dem Mond oder dem Merkur."
Auch auf unserem Mond hatten Wissenschaftler bereits Stellen ausfindig
gemacht, in die nie ein direkter Sonnenstrahl fällt. Sie befinden sich in Kratern in den Polarregionen. Zwar kann Sonnenlicht diese Bereiche
indirekt erreichen, doch gelten sie bei Temperaturen unter etwa minus 151 Grad
Celsius als Kältefallen, in denen sich Wassereis ansammeln kann.
Auch auf Ceres, der im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter um die
Sonne kreist, vermuteten Forscher solche Kältefallen - entdeckt hatte man sie bislang
allerdings noch nicht. Schorghofer und seine Kollegen haben sich nun
Bildmaterial der nördlichen Hemisphäre angeschaut, um auf Grundlage der
Oberflächenstruktur des Zwergplaneten nach Regionen zu suchen, auf die im Laufe
eines Ceres-Jahres tatsächlich nie ein direkter Sonnenstrahl fällt.
Sie entdeckten auf diese Weise Dutzende von Regionen auf der Nordhalbkugel,
die permanent im Schatten liegen - die größte befindet sich in einem 16
Kilometer durchmessenden Krater, der etwa 65 Kilometer vom Nordpol des
Zwergplaneten entfernt ist. Insgesamt ergeben die identifizierten permanent
schattigen Bereiche eine Fläche von rund 1800 Quadratkilometer. Dies entspricht
deutlich weniger als ein Prozent der Oberfläche der Nordhalbkugel.
Die Forscher gehen davon aus, dass es in den schattigen Bereichen auf
Ceres noch kälter ist, als in ähnlichen Regionen auf dem Mond oder auf
Merkur. Der Grund dafür ist einfach: Ceres ist sehr viel weiter von der Sonne
entfernt und die schattigen Kraterbereiche erhalten auch weniger indirekte
Sonnenstrahlung. "Auf Ceres können diese Regionen auch bis in relativ niedrige
Breitengrade als Kältefallen wirken", erläutert Erwan Mazarico ein
Gastwissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA. "Auf dem Mond und
Merkur wird es nur in den schattigen Bereichen in unmittelbarer Nähe der Pole
kalt genug, damit Eis dort stabil existieren kann."
Das Team hat errechnet, dass etwa eines von jeweils tausend Wassermolekülen, die
an der Oberfläche des Zwergplaneten entstehen, im Laufe eines Ceres-Jahres von
1.682 Tagen in eine solche Kältefalle gerät. Über 100.000 Jahre sollte sich auf
diese Weise bereits eine dünne Eisschicht bilden können, die auch nachweisbar
sein müsste.
"Kältefallen können für Wassereisablagerungen auf der Oberfläche sorgen, wie
man beim Merkur oder auf dem Mond gesehen hat", unterstreicht Chris Russell, der
verantwortliche Wissenschaftler der Dawn-Mission von der University of
California in Los Angeles. "Ceres könnte aber schon von Anfang an über ein
größeres Wasserreservoir verfügt haben. Einige Beobachtungen deuten darauf hin,
dass es auf Ceres zahlreiche flüchtige Stoffe gibt und diese Welt daher nicht
auf externe Quellen angewiesen ist."
Über ihre Untersuchungen berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Geophysical Research Letters erschienen ist.
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