Feuerwächter im Erdorbit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
22. Juni 2016
Mit dem Kleinsatelliten BIROS und dem schon seit einigen
Jahren um die Erde kreisenden Satelliten TET-1 wollen Wissenschaftler Brände aus
dem All erfassen und bereits in ihrer frühen Phase entdecken. Die Messungen
sollen auch wichtige Daten über die Bedeutung von Bränden für das Klima liefern.
Bislang konnte dies nur grob abgeschätzt werden.

Der Kleinsatellit BIROS hat ungefähr die
Größe eines Kühlschranks und wiegt circa 130
Kilogramm. Er soll aus 500 Kilometern Höhe
Ausschau nach Hochtemperaturereignissen auf der
Erde halten.
Foto: DLR [Großansicht] |
Am 22. Juni 2016 um 5.55 Uhr MESZ startete der Kleinsatellit BIROS
(Bi-Spektral Infrared Optical System) vom indischen Weltraumbahnhof Satish
Dhawan Space Centre an Bord einer PSLV-Trägerrakete erfolgreich ins All.
Der Satellit des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird nun in
515 Kilometern Höhe Hochtemperaturereignisse auf der Erde aufspüren.
Dabei wird der kühlschrankgroße Kleinsatellit aber nicht allein arbeiten.
Bereits seit Juli 2012 befindet sich sein "Brudersatellit" TET-1
(Technologie-Erprobungsträger) im Orbit und hält Ausschau nach Waldbränden.
Gemeinsam bilden die beiden Satelliten die Mission FireBIRD (Fire Bispectral
InfraRed Detector) - eine Mission zur Feuerfernerkundung. Neben Waldbränden
sollen auch vulkanische Aktivitäten, Gasfackeln oder Industrie-Hotspots
beobachtet und dokumentiert werden.
Brände verursachen weltweit fast ein Drittel aller Kohlendioxid-Emissionen
und sind zum größten Teil menschlichen Ursprungs. Aufgrund steigender
Temperaturen - bedingt durch den Klimawandel - wird auch die Waldbrandgefahr
zukünftig stark zunehmen. "Mit seinen sensiblen Kamerasystemen ist BIROS in der
Lage, wertvolle Daten zur Veränderung der Oberflächentemperatur zu liefern",
sagt Prof. Heinz-Wilhelm Hübers, Direktor des DLR-Instituts für Optische
Sensorsysteme. "Zugleich erhoffen wir uns auch Erkenntnisse darüber, welche
Auswirkungen die durch Verbrennung entstehenden Aerosole auf das Wetter und
Klima haben können, um somit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten", so
Hübers weiter.
"Mit den hochauflösenden Infrarotkameras des Satellitentandems von FireBIRD
wird es möglich sein, Feuer bereits ab einer geringen Intensität zuverlässig zu
lokalisieren", erklärt Winfried Halle, Leiter des Projektes. Durch die exakte
Bestimmung der Feuerintensität kann nun auch die Art der Verbrennung
identifiziert werden. "Darüber hinaus werden uns die Satelliten nun erstmals
genaue Vorhersagen über die Ausmaße der Brandflächen geben", sagt Halle.
Bisher konnte der Beitrag von Wald- und Savannenbränden zum Ausstoß
klimarelevanter Gase nur grob abgeschätzt werden, da hierbei auf Daten von
globalen Erdbeobachtungssatelliten zurückgegriffen werden musste, die lediglich
darauf spezialisiert sind, Normaltemperaturen zu erfassen. Dabei weisen sie
außerhalb des optimalen Messbereichs zwischen 25 und 35 Grad Celsius allerdings
eine nur relativ geringe Genauigkeit auf. Daher können die globalen
Erdbeobachtungssatelliten derzeit nur etwa 50 Prozent aller Hitzeereignisse
registrieren.
BIROS verfügt über ein eigenes Antriebssystem. Speziell entwickelte
dynamische Reaktionsräder verleihen dem Kleinsatelliten hohe Präzision und
Agilität. Mittels Laserkommunikation können die Position der
Hochtemperaturereignisse und bestimmte Feuerparameter wie Temperatur, Energie
oder die Fläche von bereits aktiven oder gerade entstehenden Brandherden in
Echtzeit an Bodenstationen auf der Erde übermittelt werden.
Zusätzlich kann der etwa 130 Kilogramm leichte Kleinsatellit erstmals
Informationen zu Hochtemperaturereignissen direkt auf Mobilfunkgeräte
übertragen. Die Bilddaten werden bereits an Bord vorprozessiert und mittels
eines speziellen Modems per SMS verschickt. Diese einzigartige Kommunikation
zwischen Satellit und Nutzer läuft zunächst auf experimenteller Ebene.
Zudem beherbergt BIROS einen weiteren Satelliten an Bord. Während der Mission
soll der Pico-Satellit der Technischen Universität Berlin von BIROS losgelöst
werden, um optische Navigationsexperimente durchzuführen. Darüber hinaus dient
BIROS als Plattform für Technologie-Experimente aus den beteiligten
DLR-Instituten. Der Kleinsatellit wurde von insgesamt zehn Einrichtungen des DLR
entwickelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Die Daten sollen einer weltweiten wissenschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht
werden. FireBIRD ist zunächst auf eine Laufzeit von zehn Jahren ausgelegt.
Direkt nach dem Start übernahm sogleich das German Space Operation
Centers (GSOC) am DLR-Standort Oberpfaffenhofen die Kommunikation mit dem
Satelliten und bringt ihn in seine vorbestimmte Position. Nach ersten
Funktionstests der an Bord befindlichen Instrumente, wird BIROS mit TET-1 in
Konstellation auf einer Flughöhe von etwa 515 Kilometer betrieben. Hierbei
arbeiten die Teams von "Flugbetrieb", "Flugdynamik", "Missionsplanung" sowie die
beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eng zusammen, um die
Manöver des Satelliten und die daraus resultierenden Bahnen exakt zu berechnen
und dann an die Satelliten zu übermittelt. Dabei sind die verfügbaren
Kontaktphasen mit den Bodenstationen aber auch Sonnen- und Schattenphasen der
Flugbahnen zu berücksichtigen.
Um regelmäßige Kontaktzeiten mit den beiden FireBIRD-Erdtrabanten
gewährleisten zu können, nutzt das DLR sein globales Netzwerk an
Empfangsstationen. Das S-Band-Bodenstationsnetzwerk für den Routinebetrieb
besteht aus den beiden deutschen Bodenstationen an den DLR-Standorten Weilheim
(Bayern) und Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Zusätzlich werden die polaren
Bodenstationen im kanadischen Inuvik und in O’Higgins in der Antarktis genutzt.
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