Einsatztests unter realen Bedingungen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. März 2013
Bauteile für Raumschiffe, Satelliten oder die Internationale
Raumstation ISS müssen problemlos die extremen Bedingungen im All verkraften
können. Neue Technologien werden daher gründlich getestet, beispielsweise auf
einem speziellen DLR-Satelliten. Das Projekt ist so erfolgreich, dass man
inzwischen schon über einen Nachfolger nachdenkt.
Der Technologieerprobungsträger TET-1
befindet sich seit Juli in einem 520 Kilometer
hohen Orbit um die Erde.
Bild: DLR / Astro- und Feinwerktechnik
Adlershof GmbH. |
Extreme Hitze und Kälte im Wechsel, elektromagnetische Strahlung und
Schwerelosigkeit – die Umgebungsbedingungen im Weltraum sind rau. Dennoch müssen
Bauteile von Satelliten, der Internationalen Raumstation ISS und anderen
Systemen diesen Einflüssen standhalten und zuverlässig funktionieren.
Im Rahmen des nationalen "On-Orbit-Verification" (OOV)-Programms testet das
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Einsatzreife von
Weltraumtechnologien direkt im All: Kernelement ist der Kleinsatellit TET-1 vom
Hauptauftragnehmer Kayser-Threde GmbH aus München.
Der "Technologie-Erprobungs-Träger" TET ist seit Juli 2012, mit insgesamt elf
Experimenten an Bord, im Einsatz (astronews.com berichtete).
Die bereits jetzt vorliegenden Ergebnisse aus der aktuellen Mission und
künftigen Möglichkeiten wurden Ende vergangener Woche anlässlich der TET
Customer Days in Oberpfaffenhofen vorgestellt. Die Veranstaltung bot dem
Teilnehmerfeld aus Raumfahrtagenturen, Forschungseinrichtungen und Industrie
Gelegenheit zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Die Erkenntnisse fließen in
die Planung künftiger Missionen ein.
"In den vergangenen sechs Monaten konnten alle elf Technologieexperimente
entsprechend des Zeitplans aktiviert und bereits viele Betriebsszenarien
durchfahren werden", zeigt sich TET-Projektleiter im DLR-Raumfahrtmanagement
Michael Turk mit dem Status der Mission zufrieden. Während des einjährigen
Nutzlastbetriebs werden die Experimente abwechselnd auf dem Kleinsatelliten
eingeschaltet und getestet. Dies erfolgt durch das Deutsche
Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) des DLR in Oberpfaffenhofen. Die
Technologieexperimente selbst wurden von Forschungseinrichtungen sowie der
Industrie entwickelt und gebaut.
So ist unter anderem der Raumflugbetrieb des DLR mit dem "Navigation and
Occultation Experiment" (NOX) an der Mission beteiligt. Ziel ist die
Demonstration präziser Positions- und Bahnbestimmung eines erdnahen Satelliten
mittels eines kommerziellen GPS-Empfängers. Dieser bietet eine einfache und
kostengünstige Lösung, ist bisher jedoch nur für Anwendungen auf der Erde
konzipiert.
In einem zweiten Schritt soll auch die Tauglichkeit des
Zwei-Frequenz-Empfängers als Sensor für die wissenschaftliche Sondierung der
Erdatmosphäre erprobt werden. Die Auswertung der bisherigen Daten zeigt, dass
der verwendete Empfänger gute Positions- und Geschwindigkeitslösung liefert und
eine Bahnbestimmung im Subdezimeterbereich ermöglicht. Negative Einflüsse der
Weltraumbedingungen auf die verwendete Hardware konnten bisher nicht
festgestellt werden.
Die ASP-Equipment GmbH steuert im Rahmen der TET-1 Mission das Experiment
einer kommerziellen wiederaufladbaren Batterie bei, die mit hauseigener
Prozesstechnologie raumfahrttauglich gemacht wurde. Ausgerüstet wurde die
Batterie mit einem speziellen Batteriemanagementsystem und bietet so insgesamt
einen kostengünstigen Ansatz. Die Messdaten belegen, dass die Batterie bisher
keiner Degradation unterliegt - die Funktion der Batterie ist auch im Weltall
vollständig gegeben.
Für eine zukünftige TET Mission wird ASP ein weiteres Experiment vorschlagen:
das Konzept des "Commercial Off The Shelf" (COTS) Converters. Mithilfe einer
speziellen Verschaltung sollen europäische Transistoren künftig vergleichbare
Wirkungsgrade wie sogenannte "MosFets" erzielen – amerikanische
Feldeffekttransistoren die sehr leistungsstark sind, jedoch speziellen
Exportkontrollbestimmungen unterliegen.
Ein weiteres Technologieexperiment ist der von Kayser-Threde entwickelte
"Sensor-Bus" und zielt auf die Verringerung der Verkabelung an Bord eines
Satelliten ab. So kann Masse und Komplexität reduzieren werden. Dieser
Systemansatz ermöglicht mehr Flexibilität und eine vereinfachte Integration am
Satelliten. Auf TET-1 wird der Sensor-Bus mit der ebenfalls eingesetzten,
klassischen Verkabelung (NVS) verglichen. Die Datenauswertungen zeigen, dass der
Sensor-Bus die klassische Sensor-Verkabelung ersetzen kann.
Diskutiert wurden zudem auch Zukunftspläne: Mit dem Konzept einer
"TET-Familie" soll institutionellen und kommerziellen Kunden ein auf die
jeweilige Anwendung zugeschnittener Satellit angeboten werden: für klassische
OOV-Anwendungen, für die Erdbeobachtung sowie das frühzeitige Erkennen von
Waldbränden. Gemeinsam mit Projektpartner Astro- und Feinwerktechnik Adlershof
GmbH arbeitet Kayser-Threde daher an einer vom DLR beauftragten Voruntersuchung
für eine nachfolgende Satellitenmission: TET-2.
Der TET-1 Satellit wird in Deutschland von einem Konsortium unter Führung der
Kayser-Threde GmbH in Zusammenarbeit mit der Astro- und Feinwerktechnik
Adlershof GmbH und DLR-Instituten gebaut. Die Projektleitung für das
Gesamtvorhaben liegt beim DLR Raumfahrtmanagement. Unterstützt wird die
Satellitenmission TET-1 durch die DLR Programmdirektion Raumfahrtforschung und
Raumfahrttechnologie. Das Projekt wird finanziert aus Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie nach einem Beschluss des
Bundestages.
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