Neues zu den mysteriösen Welten ohne Sonne
von Stefan Deiters astronews.com
20. April 2016
In unserer Milchstraße scheint es unzählige planetenähnliche
Objekte zu geben, die ohne Sonne durch unsere Galaxie vagabundieren. Doch um was
handelt es sich dabei? Sind es Planeten, die aus ihrem System geworfen wurden
oder doch eher kleine Braune Zwerge? Ein neuer Fund lieferte nun Hinweise auf
die Geschichte zumindest eines dieser Objekte.
So stellt sich ein Künstler das jetzt
entdeckte Objekt WISEA 1147 vor.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Vor einigen Jahren präsentierten Astronomen Hinweise dafür, dass es in unserer
Milchstraße unzählige "Planeten" gibt, die nicht etwa eine Sonne umkreisen,
sondern frei durch die Galaxie vagabundieren. Doch vorher stammen diese Objekte,
die von manchen bald "Planemos" genannt wurden. Waren es tatsächlich Planeten,
die aus einem Sonnensystem gekickt wurden oder handelte es sich eher um Braune
Zwerge, also sternähliche Objekte, die nicht über ausreichend Masse verfügen,
um die nuklearen Fusionsprozesse in ihrem Inneren zu zünden?
Daten der NASA-Mission Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) und des Two
Micron All Sky Survey (2MASS) lieferten nun einen Hinweis, der bei der
Beantwortung der Frage helfen könnte: Sie entdeckten nämlich ein bislang unbekanntes Objekt dieser Art, das etwa
die fünf- bis zehnfache Masse des Jupiter aufweist. Es trägt die Bezeichnung
WISEA J114724.10-204021.3, kurz WISEA 1147.
Das Besondere an WISEA 1147 ist, dass es sich um eines der weniger Objekte
dieser Art handelt, bei denen man etwas über ihre vermutliche
Entstehungsgeschichte sagen kann. Es ist nämlich Teil der TW-Hydrae-Assoziation,
einer Region aus jungen Sternen in etwas mehr als 150 Lichtjahren Entfernung.
Damit dürfte auch das Alter dieses Objekts, dem der übrigen Mitglieder
dieser Sternansammlung entsprechen, nämlich rund zehn Millionen Jahre.
Da aber ein Planet mindestens zehn Millionen Jahre benötigt, um zu entstehen
und es noch einmal länger dauern sollte, bis dieser Planet dann aus seinem
Sonnensystem ins All gekickt wird, dürfte es sich bei WISEA 1147 um einen
Braunen Zwerg handeln. "Mithilfe weiterer Beobachtungen könnte es möglich sein,
die Geschichte von WISEA 1147 zu rekonstruieren und zu bestätigen, dass er
alleine entstanden ist oder nicht", so Adam Schneider von der University of
Toledo im USA-Bundesstaat Ohio.
Unter den Millionen oder gar Milliarden vermuteten in der Milchstraße frei
umhervagabundierden Objekten mit planetenähnlicher Masse dürften sich auch einige
befinden, die zuvor Teil eines Planetensystems waren. Wie groß allerdings ihr
Anteil ist, wissen die Astronomen nicht.
Dies herauszufinden, ist auch alles
andere als einfach: "Wir stehen gerade am Anfang eines sehr interessanten
Betätigungsfeldes, nämlich die Natur dieser frei umhervagabundierenden Objekte
zu bestimmen. Wie viele Planeten gibt es darunter, wie viele sind Braune Zwerge?", so
Davy Kirkpatrick vom Infrared Processing and Analysis Center (IPAC) der NASA am
California Institute of Technology.
WISEA 1147 wurde von den Astronomen in den Daten des Weltraumteleskops WISE
entdeckt, das im Jahr 2010 eine umfassende Durchmusterung des Himmels im
Infraroten durchgeführt hat. Eigentlich wollten die Astronomen nahegelegene
Braune Zwerge aufspüren. Solche Objekte verraten sich durch ihre größere
Bewegung in Bezug auf entferntere Objekte, wenn man zeitlich auseinanderliegende
Beobachtungen vergleicht. Als Vergleich diente hier die ältere
2MASS-Durchmusterung.
Ein anderes Team hat inzwischen in der TW-Hydrae-Assoziation mit 2MASS
1119-11 ein weiteres Objekt entdeckt, das WISEA 1147 sehr ähnlich ist. Über ihre
Entdeckung von WISEA 1147 berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophyscial Journal Letters erscheint.
|