Die ersten Sterne entstanden später
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
6. Februar 2015
Neue Karten des ESA-Satelliten Planck deuten darauf
hin, dass
sich die ersten Sterne später gebildet haben, als Astronomen bislang
angenommen hatten. Die Daten geben zudem neue Einblicke in unsere Milchstraße und
zeigen, dass deren Staub sehr viel über die galaktischen Magnetfelder verraten
kann. Vernachlässigen sollte man den Staub zudem nirgendwo am Himmel.

Eine Visualisierung der Polarisation des
Mikrowellenhintergrunds, wie sie vom
Planck-Satelliten über den gesamten Himmel
vermessen wurde.
Bild: ESA und die Planck
Collaboration [Gesamtansicht] |
Die Geschichte unseres Universums begann vor 13,8 Milliarden Jahren. Für die
Wissenschaftler, die versuchen seine Entwicklung zu verstehen, ist der kosmische
Mikrowellenhintergrund oder CMB (für Cosmic Microwave Background) eine
der wichtigsten Informationsquellen. Dieses fossile Licht stammt aus einer Zeit
nur 380.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum noch sehr heiß und dicht
war.
Durch die Expansion des Universums sehen wir dieses Licht heute über den
gesamten Himmel bei Mikrowellen-Wellenlängen. Von 2009 bis 2013 erstellte
Planck mehrere komplette Himmelskarten dieses urzeitlichen Lichtes in
bisher unerreichter Genauigkeit. Winzige Temperaturunterschiede zwischen den
verschiedenen Regionen zeigen dabei, dass die Dichte im frühen Kosmos nicht ganz
uniform war - aus diesen kleinen Fluktuationen entstanden alle zukünftigen
Strukturen: die Sterne und Galaxien von heute.
In den letzten zwei Jahren veröffentlichten Forscher der Planck-Kollaboration
die Ergebnisse aus der Analyse dieser Daten in einer Vielzahl von
wissenschaftlichen Arbeiten und bestätigten das kosmologische Standardmodell
unseres Universums mit immer höherer Genauigkeit.
"Die detaillierte Karte der CMB-Temperaturstrukturen kann als eines der
Schlüsselergebnisse der Wissenschaft des einundzwanzigsten Jahrhunderts
betrachtet werden", erklärt Simon White, Direktor am Max-Planck-Institut für
Astrophysik und einer der an Planck beteiligten Wissenschaftler.
"Es ist ein detailreiches Bild der Grenzen des sichtbaren Universums, das uns
seine Struktur in allen Einzelheiten zeigt, als es 40.000 Mal jünger war als
heute. Es gibt uns sogar unsere besten Hinweise, was zu noch früheren Zeiten im
Universum geschah."
"Aber es gibt noch mehr: der CMB enthält zusätzliche Hinweise über unsere
kosmische Geschichte, die in seiner 'Polarisation' codiert sind", erläutert Jan
Tauber, ESA-Planck-Projektwissenschaftler. "Planck hat dieses
Signal zum ersten Mal mit einer hohen Auflösung über den gesamten Himmel
vermessen und jetzt diese einzigartigen Karten veröffentlicht."
Licht wird polarisiert, wenn es in einer bevorzugten Richtung schwingt; dies
kann die Folge sein, wenn Photonen - die Lichtteilchen - von anderen Teilchen
wie Elektronen abprallen. Genau das passierte mit dem CMB im frühen Universum.
Plancks Polarisationsdaten bieten einen unabhängigen Weg, die
kosmologischen Parameter zu messen, und bestätigen damit die Details des
kosmologischen Standardmodells, wie es aus den CMB-Temperaturschwankungen
bestimmt worden war.
Auf seinem Weg durch Raum und Zeit wurde das CMB-Licht aber auch durch die
ersten Sterne beeinflusst - und die Polarisationsdaten deuten nun an, dass die
ersten Sterne etwa 550 Millionen Jahre nach dem Urknall zu leuchten anfingen und
damit das "Dunkle Zeitalter" beendeten - dies ist mehr als 100 Millionen Jahre
später als bisher angenommen und passt besser zu anderen Daten über diese
Epoche.
Doch den Astronomen geht es nicht nur um die ersten Sterne: Mit den jetzt veröffentlichten,
neuen Planck-Daten untersuchen die Wissenschaftler auch die
Polarisation der Vordergrundemission durch Gas und Staub in der Milchstraße, um
die Struktur des galaktischen Magnetfeldes zu analysieren.
"Mit seinen neun Frequenzkanälen ist Planck bestens dafür geeignet,
um das kosmologische Signal und die Vordergrundstrahlung zu entwirren.
Allerdings müssen wir bei der Analyse der Daten sehr vorsichtig sein", erklärt
Torsten Enßlin, Leiter des Planck Software-Teams am Max-Planck-Institut
für Astrophysik. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Beitrag von Staub in
unserer Milchstraße über den gesamten Himmel hinweg signifikant ist - damit
werden alle früheren Hoffnungen zunichtegemacht, dass einige Bereiche sauber
genug sein könnten, um einen direkten Blick auf das frühe Universum zu
erhaschen. Das polarisierte Licht des Staubes zeichnet die galaktischen
Magnetfeldlinien mit einer fantastischen Detailtreue nach und ermöglicht bisher
ungeahnte Einblicke in Wetterphänomene in unserer Milchstraße."
Die Daten lieferten auch wichtige neue Einblicke in den frühen Kosmos und
seine Bestandteile, einschließlich der faszinierenden Dunklen Materie und der
schwer fassbaren Neutrinos; auch diese Ergebnisse werden in den in dieser Woche
veröffentlichten Arbeiten beschrieben.
Selbst die noch frühere Geschichte des Kosmos kann mit den Planck-Daten
erforscht werden, bis zurück zur Phase der Inflation - einer kurzen Zeit der
beschleunigten Expansion, als das Universum gerade erst einen winzigen Bruchteil
einer Sekunde alt war. Als ultimative Signatur dieser Epoche suchen die
Astronomen nach Hinweisen auf Gravitationswellen, die durch die Inflation
ausgelöst wurden und später die Polarisation des CMB prägten.
Frühere Berichte über einen direkten Nachweis dieses Signals mussten
angesichts der Planckkarten des polarisierten Lichtes revidiert werden (astronews.com
berichtete). Kombiniert man allerdings die neuesten Planck-Daten
mit neuen Ergebnissen von anderen Experimenten, so können die Grenzwerte für
diese primordialen Gravitationswellen noch genauer bestimmt werden. Die neuen
Obergrenzen sind bereits in der Lage einige Inflationsmodelle auszuschließen.
Die Ergebnisse der Auswertungen der Planck-Daten sind in zahlreichen
Fachartikeln beschrieben, die in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics
erscheinen werden.
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