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KOSMISCHE HINTERGRUNDSTRAHLUNG
Kein Beweis für Inflationsphase des Kosmos
von Stefan Deiters
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2. Februar 2015

Im Frühjahr des vergangenen Jahres glaubten Wissenschaftler des BICEP2-Experiments Hinweise auf primordiale Gravitationswellen und damit auf die Inflationsphase des Universums in ihren Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung entdeckt zu haben. Eine neue Analyse mithilfe von Daten des ESA-Satelliten Planck konnte die Funde jetzt nicht bestätigen.

Staub

Farbcodierte Ansicht der von Planck gemessenen Staubemission. Am stärksten ist die Emission in der Scheibe der Milchstraße (oben). Aber auch im BICEP2-Feld (markierter Bereich) ist sie nicht vernachlässigbar. Bild: ESA / Planck Collaboration  [Großansicht]

Die Nachricht zählte zu den spektakulärsten Wissenschaftsmeldungen des vergangenen Jahres: In den Daten des BICEP2-Experiments glaubten Wissenschaftler die Signatur von primordialen Gravitationswellen und damit erstmals einen direkten Beweis für die Inflationsphase des Universums entdeckt zu haben.

Ausgewertet hatten die Forscher Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung, die im Rahmen von BICEP2 - BICEP steht für "Background Imaging of Cosmic Extragalactic Polarization" - mit einem Teleskop in der Antarktis durchgeführt worden waren. Die detaillierte Untersuchung dieser Strahlung, die etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall entstand, erlaubt den Wissenschaftlern Rückschlüsse auf die frühste Entwicklung des Kosmos.

So fand man etwa schon früher in der Hintergrundstrahlung winzige Schwankungen in der Temperatur, die sich wiederum mit minimalen Dichtefluktuationen in Verbindung bringen lassen, die die Keimzellen von späteren Galaxien und Galaxienhaufen gewesen sein dürften. Noch nicht entdeckt hatte man allerdings einen Beweis für eine Phase in der Entwicklung des Universums, die sich unmittelbar nach dem Urknall abgespielt haben muss: die Inflation.

Dieses erstmals im Jahr 1980 formulierte Konzept besagt, dass sich das Universum innerhalb der ersten Bruchteile einer Sekunde nach dem Urknall ungeheuer schnell ausgedehnt hat - mit einer Geschwindigkeit, die die des Lichts bei weitem übersteigt. Auf diese Weise lässt sich bequem erklären, warum unser Universum zum Beispiel so homogen und flach ist. Die Inflation wurde bald zum festen Bestandteil der kosmologischen Modelle.

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Nur ein direkter Beweis für diese Inflationsphase fehlte - genau wie für ein anderes, bislang nur indirekt nachgewiesenes Phänomen: die Gravitationswellen, also "Kräuselungen" in der Raumzeit. Sie waren einst von Albert Einstein vorhergesagt worden, konnten allerdings bislang trotz erheblichen Aufwands noch nicht direkt gemessen werden.

Die beobachtete Hintergrundstrahlung weist, genau wie das uns vertraute Licht, eine weitere wichtige Eigenschaft auf: Sie kann polarisiert sein. Die Polarisation beschreibt im Prinzip die Ebene, in der eine Lichtwelle schwingt. Das BICEP2-Team hat dabei nach einer bestimmten Art der Polarisation gesucht, den sogenannten "B-Moden". Und sie wurden fündig: In dem von BICEP2 anvisierten Bereich entdeckten sie die gesuchte Polarisationsart und werteten dieses Signal als Signatur für primordiale Gravitationswellen und direkten Beweis für die Inflationsphase des Universums.

Die Nachricht verbreitete sich damals schnell und schaffte es sogar in die Fernsehnachrichten. Es kamen aber auch sofort erste Zweifel auf: Das Signal, das die Wissenschaftler in ihren Daten entdeckt hatten, konnte nämlich auch durch etwas ganz anderes entstehen: durch den interstellaren Staub der Milchstraße. Dieser kann für eine ganz ähnliche Strahlung sorgen, wie die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung, so dass man bei einer Analyse sehr genau darauf achten muss, die Hintergrundstrahlung von Quellen im "Vordergrund" zu trennen.

"Als wir das Signal erstmals in unseren Daten sahen, haben wir die besten zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten über die galaktische Staubemission verwendet", erläutert John Kovac von der Harvard University, einer der leitenden Wissenschaftler von BICEP2. "Und diese deuteten darauf hin, dass der Bereich des Himmels, den wir für unsere Beobachtungen ausgesucht hatten, eine sehr viel geringere Polarisation des Staubs aufweist als unser entdecktes Signal."

Der ESA-Satellit Planck konnte die Hintergrundstrahlung sehr viel genauer vermessen und hatte zudem bessere Möglichkeiten, zwischen Strahlung von den Anfängen des Universums und der Strahlung des Staubs der Milchstraße zu unterscheiden. Eine Analyse der Planck-Daten in Bezug auf den Himmelsbereich, den das BICEP2-Team untersucht hat, zeigte nun, dass die Störungen durch Staub sehr viel größer sein können, als in der Annahme des BICEP2-Teams.

Auf Grundlage der Planck-Daten stellte sich sogar heraus, dass die polarisierte Strahlung des Staubs der Milchstraße praktisch überall am Himmel von Bedeutung ist und auch eine vergleichbare Größe aufweist wie das Signal, das das BICEP2-Team in ihren Daten entdeckt hatte.

Das BICEP2-Team und das Planck-Team haben sich daher zusammengetan und - unter Verwendung zusätzlicher Daten des auch in der Antarktis beobachtenden Keck Array - eine neue Auswertung durchgeführt. Nach Entfernung der Strahlung des galaktischen Staubs auf Grundlage der Planck-Messungen zeigte sich dabei, dass kein sicheres Signal primordialer B-Moden übrig bleibt. "Leider konnten wir nicht bestätigen, dass es sich bei dem Signal um einen Hinweis auf die Inflationsphase des Kosmos handelt", so Jean-Loup Puget vom Institut d’Astrophysique Spatiale im französischen Orsay, der verantwortliche Wissenschaftler des HFI-Experimentes an Bord von Planck.

Die neuen Resultate bedeuten natürlich nicht, dass es keine Inflation gegeben hat, sondern lediglich, dass es kaum möglich sein dürfte, das Signal primordialer Gravitationswellen in den vorliegenden Daten nachzuweisen. Ein Artikel mit der Beschreibung der neuen Analysen wurde von den Wissenschaftler bei der Zeitschrift Physical Review Letters zur Veröffentlichung eingereicht. 

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siehe auch
Kosmologie: Erster direkter Beweis für Inflation? - 18. März 2014
Kosmologie-Preis: Die ersten Momente des Universums - 12. Juli 2013
WMAP: Inflation und die ersten Sterne - 20. März 2006
Links im WWW
BICEP2, mit Links zu relevanten Preprints
Planck, Seite der ESA
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