Inflation und die ersten Sterne
von Stefan
Deiters
astronews.com
20. März 2006
Astronomen ist es erstmals gelungen, einen Blick in eine
Zeit zu werfen, in der unser Universum nur eine Billionstel Sekunde alt war. Die
neuen Daten unterstützen die so genannte Inflationstheorie, nach der sich das
Universum innerhalb kürzester Zeit unvorstellbar ausdehnte. Die Ergebnisse
beruhen auf Daten, die die Sonde WMAP in den letzten drei Jahren aufgezeichnet
hat.
Die jüngste WMAP-Karte des
Mikrowellen-Hintergrundes. Bild: NASA/ WMAP Science Team [Komplette
Großansicht] |
Näher an den Urknall kann man kaum herankommen: Amerikanischen Astronomen
gelang jetzt ein Blick in eine Zeit, als unser Universum gerade
einmal einen winzigen Bruchteil einer Sekunde alt war. In dem Datenmaterial, das
die NASA-Sonde Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) innerhalb der
letzten drei Jahre aufgezeichnet hat, finden sich deutliche Indizien dafür,
dass unser Weltall eine so genannte Inflationsphase durchlaufen hat, in der sich
seine Größe in Bruchteilen einer Sekunde um das Billionenfache vergrößerte.
Die Inflationstheorie ist rund 25 Jahre alt und alles andere als einfach zu
verstehen: Sie besagt im Prinzip, dass sich unser Weltall kurze Zeit nach dem
Urknall von subatomarer Größe auf die Größe eines Golfballs ausdehnte. Das
geschah in unvorstellbar kurzer Zeit und mit einer Geschwindigkeit, die die des
Lichtes deutlich überstieg. Inflation war lange Zeit nicht mehr als eine physikalische Theorie, die zwar
viele Befunde gut erklären konnte, für die sich allerdings direkte Beweise nur
schwer finden ließen. "Inflation war ein faszinierendes Konzept als es vor rund
25 Jahren erstmals vorgeschlagen wurde", so Dr. Gary Hinshaw vom Goddard
Space Flight Center der NASA, der zum WMAP-Team gehört. "Jetzt können wir
diese Theorie mit Beobachtungsdaten untermauern."
Die Wissenschaftler werteten dazu die so genannte
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung aus, die uns aus allen Richtungen des Himmels
nahezu gleichförmig erreicht. Sie gilt als eine Art Echo des Urknalls. Moderne
Satelliten haben die Temperatur dieser Hintergrundstrahlung untersucht und
herausgefunden, dass sie nicht ganz so gleichförmig ist, wie ursprünglich
angenommen: Es gibt winzige Temperaturschwankungen, die oft nur den Millionsten
Bruchteil eines Grads ausmachen. Diese Schwankungen aber lassen sich mit
Dichteunterschieden in Verbindung bringen, also mit der Tatsache, dass an einer
Stelle des Universums etwas mehr Materie vorhanden war als an einer anderen
Stelle. Diese Unregelmäßigkeiten könnten also die Saatkörner von späteren Galaxien gewesen
sein.
So verrät das Studium dieser Hintergrundstrahlung den Forschern etwas über
die Bedingungen im ganz jungen Universum. Der modernste Satellit, der derzeit
die Hintergrundstrahlung untersucht, ist die Wilkinson Microwave Anisotropy
Probe (WMAP). Die jüngsten
Ergebnisse liefern nun nicht nur neue Erkenntnisse über die
Temperaturunterschiede, sondern auch über die Polarisation der
Hintergrundstrahlung - ein Signal das noch über 100-Mal schwächer ist.
Als Polarisation bezeichnet man die Ausrichtung von Strahlung. So ist
beispielsweise das meiste Licht unpolarisiert, das heißt, die Lichtwellen
schwingen alle in unterschiedlichen Ebenen. Sobald sie aber reflektiert oder
gestreut werden, ändert sich dies. Daher lassen beispielsweise polarisierende
Sonnenbrillen das sich gleißend spiegelnde Licht auf einer Wasseroberfläche
verschwinden, da sie nur Licht durchlassen, dessen Wellen in einer Ebene
schwingen.
Mit den neuen Daten konnte das WMAP-Team nun errechnen, dass die ersten
Sterne nur rund 400 Millionen Jahre nach der Inflationsphase vorhanden gewesen
sein müssen. Sie folgerten dies unter anderem aus der Entdeckung einer
bestimmten Art von Polarisation in der Hintergrundstrahlung, die direkt mit den
Vorgängen in dieser Zeit in Zusammenhang steht. Eine andere Art von Polarisation,
die man direkt mit der Inflationsphase in Verbindung bringen kann, blieb
allerdings bislang unentdeckt. Trotzdem, so die Wissenschaftler, können sie
durch eine Kombination der Polarisations- und Temperaturdaten schon bestimmte
Aussagen über die Inflationsphase machen.
"Es ist kaum vorstellbar, dass wir jetzt zwischen verschiedenen Modellen
über jene Ereignisse unterscheiden können, die in der ersten Billionstel Sekunde
nach dem Urknall stattgefunden haben", freut sich Dr. Charles Bennett von der
Johns Hopkins University und Principal Investigator von WMAP. Und es kann
nur noch besser werden: WMAP sammelt weiter Daten und je mehr Daten die Sonde
zur Erde funkt, desto mehr können die Forscher lernen über die Zeit, als unser
Universum von winzigen Quantenfluktuationen zu einem riesigen Gebilde mit
Sternen und Galaxien wurde.
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