Kleine Galaxien spielten gewichtige Rolle
von Stefan Deiters astronews.com
23. Juni 2014
Zwerggalaxien, also vergleichsweise kleine Systeme, spielten
in der Entwicklung des Universums offenbar eine wichtigere Rolle als bislang
angenommen. Die Auswertung
von Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble ergab jetzt, dass sich in
Zwerggalaxien ein bedeutender Anteil der Sternentstehung im noch jungen
Universum abgespielt hat.

Ein Blick in einen Teilbereich einer
Himmelsregion, die im Rahmen des Great
Observatories Origins Deep Survey (GOODS)
untersucht wird. Einige der untersuchten Zwerggalaxien sind markiert.
Bild: NASA, ESA, das GOODS Team und M.
Giavalisco (STScI / University of Massachusetts)
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Neue Sterne entstehen auch noch heute in verschiedenen Regionen der
Milchstraße und auch in anderen Galaxien in unserer Nachbarschaft.
Die überwiegende Zahl der Sterne aber wurde etwa zwei bis sechs Milliarden Jahre
nach dem Urknall geboren und damit zu einer Zeit, in der das Universum weniger als
halb so alt war wie heute.
Beobachtungen von Galaxien in dieser Epoche liefern den Astronomen daher
wichtige Informationen darüber, wie sich Sterne und Galaxien zu dem entwickelt
haben, was wir heute in unserer Umgebung sehen können.
Mithilfe des
Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen daher eine Reihe von Zwerggalaxien in
entsprechender Entfernung unter die Lupe genommen, in denen gerade mit einer
sehr hohen Rate neue Sterne entstehen. Man spricht bei solchen Systemen von
"Starburst-Galaxien".
Bei der Untersuchung von Starburst-Galaxien in dieser Entfernung hatte man sich bislang auf
deutlich massereichere Systeme beschränken müssen, weil die kleinen Zwerggalaxien
mit den verfügbaren Instrumenten praktisch nicht zu beobachten waren. Daher ließen sich bislang
über die Beiträge der zahlreichen Zwerggalaxien zur Sternentstehung in dieser
Epoche kaum
Aussagen machen. Das hat sich nun aber dank der Leistungsfähigkeit der während
der letzten Hubble-Wartungsmission montierten Wide Field Camera 3 geändert.
Den Forschern ist es damit gelungen, die entfernten Starburst-Zwerggalaxien
zu beobachten und ihren Beitrag zur Sternentstehung in dieser Epoche zu bestimmen. "Wir hatten schon vermutet, dass
Starburst-Zwerggalaxien zu der frühen Phase von Sternentstehung beitragen
werden, doch konnten wir jetzt erstmals ihren tatsächlichen Beitrag messen", so
Hakim Atek von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) in der
Schweiz. "Es sieht so aus, als hätten sie in der Epoche, in der die meisten
Sterne entstanden sind, sogar eine überraschend große Rolle gespielt."
"In diesen Galaxien entstehen Sterne so schnell, dass sich die stellare
Masse der Systeme innerhalb von nur 150 Millionen Jahren praktisch verdoppeln kann",
unterstreicht EPFL-Kollege Jean-Paul Kneib. "Normale Galaxien würden für einen
solchen Massenzuwachs ein bis drei Milliarden Jahre benötigen."
Die Resultate, so die Forscher, seien ein wichtiger Beitrag zur Beantwortung
der Frage, wie die Masse einer Galaxie mit ihrer Sternentstehungsaktivität
zusammenhängt. Außerdem könnten dadurch die Ereignisse im frühen Universum
besser rekonstruiert werden.
Interessant dürften die neuen Hubble-Beobachtungen auch für die
allgemeinere Untersuchung
der Entwicklung von Galaxien sein. Normalerweise bilden sich in Galaxien Sterne
nämlich mit einer deutlich geringeren Rate und ein sogenannter Starburst wird in
der Regel nur durch ein ungewöhnliches Ereignis, wie etwa eine Kollision, die gravitative Wechselwirkung mit einer anderen Galaxie oder die Stoßwelle einer
nahen Supernova-Explosion ausgelöst.
Von der weiteren Untersuchung der jetzt beobachteten Galaxien erhoffen sich
die Astronomen daher auch Hinweise darauf, wie diese Systeme entstanden sind und
warum sie gerade zu diesem Zeitpunkt einen solchen Ausbruch an Sternentstehung
zeigen. Dies wiederum sollte dann auch einiges über die Entwicklung von Galaxien
im gesamten Universum verraten.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheint.
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