Andromeda von Zwerggalaxie durchlöchert
von Stefan
Deiters
astronews.com
26. Oktober 2005
Amerikanische Astronomen haben mit Hilfe des Weltraumteleskops Spitzer
die detaillierteste Infrarot-Aufnahme der Andromedagalaxie aufgenommen. Sie
machten dazu in einem Zeitraum von 18 Stunden rund 11.000 Aufnahmen. Die
Infrarotbeobachtungen zeigen, dass es in unsere Nachbargalaxie wesentlich
turbulenter zuzugehen scheint, als Aufnahmen im Optischen vermuten lassen.
Spitzer-Aufnahme der Andromeda-Galaxie (oben) und ein Aufnahme
der Galaxie im optischen Bereich des Lichtes (unten). Fotos:
Spitzer: NASA / JPL-Caltech /K. Gordon (University of Arizona),
Optisch: NOAO / AURA / NSF [Großansicht] |
Die neuen Aufnahmen des NASA-Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer
unterstützen die Theorie, dass die Andromeda-Galaxie vor ein paar
Millionen Jahren von einer Satellitengalaxie durchflogen wurde und sich
immer noch nicht ganz von diesem Treffer erholt hat. Wechselwirkungen zwischen
"großen" Galaxien und ihren Satelliten sind eigentlich nichts Ungewöhnliches:
Auch unsere Milchstraße zieht von zwei ihrer Satellitengalaxien Gas ab. Doch
bislang war man davon ausgegangen, dass dies bei der uns am nächsten liegenden
Spiralgalaxie Andromeda, oder auch M31, anders ist und sie ein sehr ruhiger Ort ist.
Seit Edwin Hubble die Andromeda-Galaxie vor über 75 Jahren studiert hat,
versuchen Astronomen die Struktur unseres Nachbarn im All zu verstehen.
Andromeda ist das am weitesten entfernte Objekt, das man noch mit bloßem Auge
erkennen kann und vermutlich das am meisten beobachtete Ziel am Himmel. Das
Problem, vor dem jeder Beobachter allerdings steht ist, dass wir Andromeda aus
einem ungünstigen Winkel betrachten und man daher eher auf ihren Rand schaut und die
eigentlich kreisförmige Scheibe der Galaxie relativ verzerrt sieht.
Doch mit modernen Instrumenten lässt sich einiges machen: So erlaubt es das Multiband Imaging Photometers an Bord von Spitzer
nach Staub zwischen den Sternen zu suchen - von dem kalten Staub am äußersten Rand
einer Galaxie über den wärmeren Staub in
Sternentstehungsgebieten bis zum wärmsten Staub im Zentrum. Als Spitzer
nun für viele Stunden auf unsere Nachbargalaxie gerichtet wurde, gelang es so, die großräumigen Strukturen wie etwa die Spiralarme nachzuzeichnen.
"Spitzers Aufnahmen liefern uns die bislang
kompletteste Ansicht des interstellaren Gases und Staubs in Andromeda, besonders
vom Zentrum, in das man sonst sehr schwer schauen kann", erläutert Karl D.
Gordon vom Steward Observatory der University of Arizona. "Wir
konnten die beiden Spiralarme bis dorthin ins Zentrum verfolgen, wo die
Spiralstruktur zu beginnen scheint. Das ist das klassische Erkennungsmerkmal
einer Spiralgalaxie, was aber im Falle von Andromeda noch nie gesehen wurde.
Außerdem konnten wir die Spiralarme nach außen verfolgen, bis hinter den
Sternentstehungs-Ring."
Diese ringförmige Region in Andromeda, in der es offenbar zu intensiver
Sternentstehung kommt, ist den Astronomen schon längere Zeit bekannt, sie
wussten
allerdings bislang nicht, ob es sich wirklich um einen Ring handelt oder nur um
einen Teil der Spiralstruktur. Die neuen Spitzer-Beobachtungen zeigen jetzt
eindeutig, dass es sich um eine eigenständige nahezu kreisförmige Struktur
handelt, die nur an einer Stelle eine Störung aufweist. Dies, so die
Wissenschaftler, könnte der Ort sein, an dem die Zwerggalaxie M32 durch die
Scheibe von Andromeda geflogen ist. "Wir glauben, dass die sehr kompakte
Zwerggalaxie, die wir heute knapp über der Scheibe von Andromeda sehen können,
gerade durch diese Scheibe geflogen ist und dabei die interstellaren Wolken
durcheinander gewirbelt hat. Sie stießen dann zusammen und haben neue Sterne
gebildet", erläutert Professor George Rieke von der University of Arizona.
Aktuelle Computersimulationen unterstützen diesen Verdacht: In Australien
wurde in einer aufwendigen Rechnung untersucht, welche Auswirkungen die
Wechselwirkungen von M32 und einer weiteren Satellitengalaxie mit Andromeda auf
das Aussehen der Galaxie haben sollten. Wenn M32 tatsächlich mit hoher
Geschwindigkeit durch die Scheibe von Andromeda geschossen ist, so das Ergebnis
der Simulationen, sollte man den Sternentstehungs-Ring genau dort sehen, wo ihn
Spitzer jetzt beobachtet hat. Für die Forscher ein recht deutlicher
Hinweis darauf, dass ihre Vermutung stimmt.
Die Spitzer-Aufnahmen haben das Bild der Astronomen von Andromeda gründlich
geändert: Bislang galt unser Nachbar als ein perfektes Beispiel für eine
Galaxie, die zur Ruhe gekommen ist und in der nicht viel passiert. "Unsere
Aufnahmen waren so gut, dass wir dieses Bild in Frage stellen mussten und jetzt
wissen wir, dass Andromeda gerade von einem kleinen Nachbarn durchlöchert
wurde", so Rieke. Und Gordon ergänzt: "Andromeda ist ein sehr viel aufregenderer
und deutlich abwechslungsreicherer Ort als wir uns je hätten träumen lassen."
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