Über 100 Meter an einem Tag
von Stefan Deiters astronews.com
24. Juli 2013
Der Marsrover Curiosity hat am Sonntag die bislang
längste Strecke innerhalb eines Tages zurückgelegt. Der Rover fuhr 100,3 Meter
und verdoppelte damit seinen bisherigen Tagesrekord von 49 Metern. In Zukunft
könnten längere Fahrten häufiger vorkommen. Das Team plant nämlich, das autonome
Navigationssystem von Curiosity einzusetzen.

Blick in
Fahrtrichtung nach der 100-Meter-Fahrt von
Curiosity am Sonntag.
Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS [Großansicht] |
Curiosity befindet sich gegenwärtig auf einer mehrmonatigen Fahrt zu
einem Punkt am Fuß des Zentralbergs des Gale-Kraters, von dem aus sich
geschichtete Ablagerung in den unteren Berghängen erreichen lassen sollten (astronews.com
berichtete). Allein am Sonntag kam Curiosity seinem Ziel nun um
100,3 Meter näher und stellte damit einen neuen Rekord auf. Noch nie hatte der
Rover innerhalb eines Tages eine solche Strecke zurückgelegt.
Der bisherige Rekord, aufgestellt Ende September 2012, betrug 49 Meter. Die
lange Fahrt wurde durch eine Startposition ermöglicht, die den Ingenieuren eine
ungewöhnlich gute Sicht auf das vor dem Rover liegende Gelände ermöglichte, so
dass sie einen sicheren Weg festlegen konnten. Gestern fuhr der Rover dann
weitere 62,4 Meter, so dass Curiosity inzwischen 1,23 Kilometer auf der
Marsoberfläche zurückgelegt hat.
Für die 100-Meter-Fahrt am Sonntag wurde die Strecke in insgesamt drei Segmente
unterteilt. Als Grundlage für die Planung dienten Stereobilder der
Navigationskameras sowie Aufnahmen mit dem Teleobjektiv der Mast Camera.
Außerdem wurde die Fähigkeit des Rovers genutzt, aus Bildern, die während der
Fahrt entstanden sind, die zurückgelegte Entfernung zu berechnen, um so
feststellen zu können, ob die Räder während der Fahrt eventuell durchgedreht
haben. Dies könnte nämlich die mithilfe der Radumdrehungen gemessene Strecke
verfälschen.
"Diese weite Fahrt wurde möglich, weil wir uns am Anfang an einer erhöhten
Stelle befanden und zudem mithilfe der Mastcam-Bilder die Größe der
Steine abschätzen konnten, so dass wir sicher waren, dass es keine Gefahren
gibt", erklärt Paolo Bellutta vom Jet Propulsion Laboratory der NASA,
der für die Planung der Roverfahrten zuständig ist. "Wir konnten recht weit nach
vorne schauen, doch es gab einen Bereich direkt voraus, den wir nicht genau
erkennen konnten, weswegen wir ihn umfahren mussten."
Die visuelle Entfernungsbestimmung wurde vom Team nur während des ersten
Teilstücks der Fahrt eingesetzt. Auf der restlichen Strecke hätte Curiosity
die visuelle Entfernungsbestimmung aber selbstständig wieder aktivieren können,
wenn die Systeme des Rover festgestellt hätten, das bestimmte Grenzwerte etwa
bei der Neigung überschritten worden sind.
Dass Curiosity seine Navigationskameras zur visuellen
Entfernungsbestimmung einsetzen kann, wurde erst durch eine
Softwareaktualisierung wieder möglich. Seit dem Wechsel des Hauptcomputers Ende
Februar wird nämlich auch ein neuer Satz von Navigationskameras verwendet, die
aber offenbar temperaturempfindlicher sind als angenommen.
Dies hätte dazu führen können, dass die Entfernung, die der Rover aus der
Analyse von Stereoaufnahmen errechnet, unterschiedlich ist - und zwar abhängig
von der Temperatur, bei der die Bilder gemacht wurden. Die Kameras sind jeweils
fest mit einem der zwei redundanten Hauptcomputer verbunden. Das anfangs
verwendete Paar war weniger temperaturempfindlich.
"Bislang nutzen wir die visuelle Entfernungsbestimmung hauptsächlich dazu, um
ein Rutschen des Rovers zu erkennen", erklärt Jennifer Trosper vom Jet
Propulsion Laboratory, die stellvertretende Projektmanagerin für
Curiosity. "Wir testen aber die Möglichkeit, künftig auch automatische
Navigation bei verschiedenen Temperaturen verwenden zu können." Auf diese Weise
wäre es möglich, dem Rover das Kommando zum Fahren einer Strecke zu geben, für
die das Kontrollteam nicht auf ganzer Länge sicher sein kann, dass sie gefahrlos
passierbar ist. Curiosity wäre dann aber in der Lage, sich eigenständig
einen sicheren Weg zu suchen.
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