Lebensfreundlich nur im Untergrund?
von Stefan Deiters astronews.com
3. November 2011
Wissenschaftler verabschieden sich langsam von der
Vorstellung, dass es auf der Oberfläche des Mars einmal über längere Zeit
lebensfreundliche Bedingungen gab. Eine neue Auswertung von
Mineralienkartierungen kommt zu dem Schluss, dass es flüssiges Wasser vor allem
unter der Oberfläche des Roten Planeten gegeben haben dürfte.
Ein Krater (links) und ein Steilhang (rechts)
auf dem Mars und die dort nachgewiesenen
Ablagerungen von bestimmten Tonmineralen (unten,
in blau).
Bild: NASA/JPL-Caltech/JHUAPL [Großansicht] |
Die neue, jetzt vorgestellte Studie basiert auf der Auswertung von
Mineralienkartierungen von über 350 verschiedenen Stellen auf dem Mars, die mit
der europäischen Sonde Mars Express und der NASA-Sonde Mars
Reconaissance Orbiter durchgeführt wurden. Zusammengenommen sprechen die
Daten nach Ansicht der Wissenschaftler dafür, dass es größere Mengen von Wasser
an der Oberfläche des Mars nur für kurze Zeit gegeben hat und zwar zum Ende
einer Periode von mehreren hundert Millionen Jahren, in der warmes Wasser das
Gestein im Untergrund beeinflusst hat.
"Die Arten von Tonmineralen, die sich dicht unter der Oberfläche bilden,
finden sich überall auf dem Mars", erläutert John Mustard von der Brown
University in Providence, der auch einer der Autoren eines Fachartikels in
der Wissenschaftszeitschrift Nature ist, in dem die Ergebnisse der
Analyse beschrieben werden. "Die Arten, die sich auf der Oberfläche bilden,
finden sich nur an wenigen Stellen und sind vergleichsweise selten."
Die Entdeckung von Tonmineralen auf dem Mars im Jahr 2005 hatte Forscher in
der Ansicht bestärkt, dass es auf dem roten Planeten einst wärmer und feuchter
war. Damit aber solche Umweltbedingungen über einen längeren Zeitraum existieren
können, hätte die Atmosphäre des Mars deutlich dicker sein müssen, um ein
Verdunsten oder Frieren des Wassers zu verhindern. Wissenschaftler suchten daher
seitdem nach Hinweisen auf Prozesse, durch die die vermutete dicke Atmosphäre
schließlich verlorengegangen ist.
Die jetzt vorgestellte Untersuchung liefert eine alternative Sichtweise auf
die Marsvergangenheit: Warmes Wasser existierte danach für längere Zeit nur im
Untergrund und die Spuren von Wassererosion auf der Oberfläche entstanden
während nur kurzer Phasen, in denen sich flüssiges Wasser auch an der Oberfläche
halten konnte.
"Dass es auf der Oberfläche nur kurzzeitig lebensfreundliche Bedingungen gab,
muss für die Wahrscheinlichkeit von Leben auf dem Mars zunächst noch nichts
bedeuten, gibt uns aber einen Fingerzeig, wo wir danach am besten suchen
sollten", so Bethany Ehlmann vom California Institute of Technology und
dem Jet Propulsion Laboratory der NASA, die Erstautorin des
Fachartikels. "Die stabilsten lebensfreundlichen Bedingungen auf dem Mars
scheint es über längere Zeiträume unter der Oberfläche gegeben zu haben. Auf der
Erde finden sich in geothermischen Umgebungen im Untergrund oft aktive
Ökosysteme."
Ton entsteht durch die Wechselwirkung von Wasser mit Gestein, wobei sich
verschiedene Tonminerale unter unterschiedlich feuchten Umweltbedingungen
bilden. Die Analyse der verschiedenen Arten von Tonmineralen verrät somit auch
etwas über die Umweltbedingungen in der damaligen Zeit. Unterstützt wird die
neue These nach Ansicht der Wissenschaftler zudem durch die Entdeckung des
Minerals Prehnit, das bei Temperaturen oberhalb von 200 Grad Celsius entsteht.
Solche Bedingungen sind typischer für hydrothermale Quellen im Untergrund und
weniger für Wasser an der Oberfläche.
"Unsere Interpretation ist eine Abkehr von der Vorstellung, dass es die
warmen und feuchten Umweltbedingungen einst hauptsächlich auf der Oberfläche
gegeben hat", so Teammitglied Scott Murchie vom Applied Physics Laboratory
der Johns Hopkins University. "Bis auf wenige Ausnahmen gab es solche
Bedingungen nur im Untergrund." Eine dieser Ausnahmen könnte jedoch der
Gale-Krater gewesen sein, in dem das Mars Science Laboratory - also der
Marsrover Curiosity - landen wird. Der Start der Mission ist für Ende
des Monats geplant.
Ob die Interpretation der Forscher stimmt, könnte sich durch Daten der
Mars Atmosphere and Volatile Evolution Mission (MAVEN) herausstellen, die
2013 gestartet werden soll. Die Forscher vermuten, dass die Messungen der Sonde
für eine Atmosphäre sprechen werden, die nie dick genug war, um flüssiges Wasser
für einen längeren Zeitraum auf der Oberfläche des Mars zu ermöglichen.
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