Flüssiges Wasser auf der Oberfläche?
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
28. April 2010
Auf der Oberfläche des Mars gibt es an einigen Stellen flüssiges Wasser,
zumindest im Frühjahr. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der
Universität Münster nach Auswertung von Daten der NASA-Sonde Mars
Reconnaissance Orbiter. Sie entdeckten auf den Bildern eine
Erosionsrinne, die sich innerhalb von zwei Marsjahren um 170 Meter
verlängert hat.

Erosionsrinnen auf dem Dünenhang des
Russell-Kraters auf dem Mars.
Bild:
NASA / JPL-Caltech |
Auf dem Mars befindet sich noch flüssiges Wasser - zumindest zu
bestimmten Jahreszeiten. Das haben Forscher vom Institut für
Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) um Dr.
Dennis Reiss nachgewiesen. Die von ihnen ausgewerteten hochauflösenden
Bilder der amerikanischen Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter
(MRO) zeigen, wie sich auf der Planetenoberfläche eine knapp zwei Meter
breite Erosionsrinne verlängert hat. Im Zeitraum zwischen November 2006
und Mai 2009 hat sie insgesamt rund 170 Meter zugelegt. "Die
Veränderungen der Rinne, vor allem in der Länge, sind das Ergebnis von
kleinen Mengen schmelzenden Wasser-Eises im Frühjahr und den dadurch
ausgelösten Fließbewegungen eines Gemisches aus Wasser und Sand", so das
Fazit der Forscher.
Gegen Ende des Winters steigen die Temperaturen auf dem Mars, die im
Jahresdurchschnitt bei rund minus 60 Grad Celsius liegen, an und können
sogar den Gefrierpunkt überschreiten. Dann sind Veränderungen auf der
Marsoberfläche zu sehen. Schwarze Flecken auf den Dünen deuten auf
Kohlenstoffdioxid-Eis hin, das taut oder vom festen direkt in den
gasförmigen Zustand übergeht, also sublimiert. Im Frühjahr des ersten
beobachteten Marsjahres - ein Marsjahr dauert 687 Tage - entdeckten die
Forscher zudem eine kleine Erosionsrinne am Dünenhang des
Russell-Kraters, die sich um knapp 50 Meter verlängert hatte.
Im Frühjahr des darauf folgenden Marsjahres wiederholte sich der
Vorgang. Die Erosionsrinne verlängerte sich hangabwärts nochmals um etwa
120 Meter. Wie aber konnten diese Rinnen entstehen? Mögliche Erklärungen
sind trockene Massenbewegungen sowie Materialtransporte unter Einwirkung
von flüssigem Kohlenstoffdioxid oder flüssigem Wasser. "Trockene
Massenbewegungen können wir aufgrund der morphologischen Beschaffenheit
der Kanäle eindeutig ausschließen", ist Reiss überzeugt. Die Rinnen
zeigen zudem die Besonderheit, dass sie hangabwärts immer dünner werden.
Dies ist ein allgemeiner Hinweis darauf, dass eine Flüssigkeit, die im
Boden versickert, für die Entstehung verantwortlich sein dürfte.
Auch eine Entstehung durch kurzzeitig flüssiges Kohlenstoffdioxid kommt
nach Meinung der Forscher nicht infrage. "Die Auswertung der spektralen
Daten zeigt, dass in beiden Jahren sämtliches Kohlendioxid-Eis schon
sublimiert war, bevor es zu der Entstehung des Kanals kam", so Doktorand
Gino Erkeling. Der wahrscheinlichste Grund ist nach Auffassung der
Forscher eine geringe Menge schmelzenden Wasser-Eises, welches von einer
überlagernden Schicht Kohlendioxid-Eis vor der Sublimation geschützt
wird.
Die Berechnungen der münsterschen Wissenschaftler zeigen, dass die
Oberflächentemperaturen im Russell-Krater zu Frühjahrsbeginn den
Gefrierpunkt von Wasser überschreiten. "Das Kohlendioxid-Eis und
nachfolgend das darunter liegende Wasser-Eis beginnen dann zu schmelzen,
und flüssiges Wasser wäre für einen kurzen Zeitraum auf der Oberfläche
möglich", ist sich Doktorandin Karin Bauch sicher. Wenn das Wasser dann
hangabwärts fließt und sich in den Rinnen sammelt, kommt es zur Erosion.
Zudem sind die Erosionszeiträume in beiden Jahren nahezu identisch, was
darauf schließen lässt, dass saisonale Effekte verantwortlich sind.
Die Tatsache, dass die Veränderungen der Erosionsrinnen in den letzten
Jahren stattfanden, beeindruckt auch Prof. Dr. Harald Hiesinger, den
Direktor des Instituts für Planetologie der WWU: "Diese Beobachtungen
gehören zu den bislang deutlichsten Beweisen, dass auch heute immer noch
Wasser auf der Oberfläche des Mars fließen kann, und zwar in einer
Menge, die für Erosion ausreichend ist."
Dabei entstehen allerdings nur kleine Rinnen. "Das heutige Marsklima
lässt nur wenig Luftfeuchtigkeit zu, welche sich in Form von Frost auf
der Oberfläche absetzen kann. Die Mengen, die schmelzen und zu flüssigem
Wasser führen können, sind dementsprechend gering", so Reiss. "Zu großen
Tälern, wie sie sich in der Frühzeit des Mars gebildet haben, reicht es
daher nicht." Die Wissenschaftler berichteten über ihre Ergebnisse in
der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten |
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