Rätsel um Pioneer-Anomalie gelöst?
von
Rainer Kayser
8.
April 2011
Eine bislang unerklärliche Abbremsung der amerikanischen Raumsonden
Pioneer 10 und 11 könnte eine einfache Ursache haben: Die
Raumfahrzeuge strahlen ihre Wärme ungleichmäßig ab. Insbesondere reflektiert die
große Parabolantenne für die Kommunikation mit der Erde einen Teil der
Wärmestrahlung gerade so, dass die Sonden abgebremst werden. Zu diesem Ergebnis
kommt ein Team portugiesischer Forscher auf der Basis neuer
Computersimulationen.

Sorgte unregelmäßige Wärmeabstrahlung für eine stärkere
Abbremsung der beiden Pioneer-Sonden?
Bild: NASA |
"Das Rätsel der anomalen Abbremsung kann endlich zu den Akten gelegt werden", erklären Frederico Francesco vom
Instituto Superior Técnico in Lissabon und seine Kollegen. Die 1972 und 1973 gestarteten Sonden waren die ersten, die den Asteroidengürtel durchquert und die äußeren Planeten erreicht hatten. Der Kontakt zu
Pionier 11 riss 1995, zu Pionier 10 im Jahr 2003 ab. Doch die bis dahin übermittelten Daten bereiteten den Forschern bis heute Kopfzerbrechen: Sie zeigten, dass die Raumfahrzeuge ein kleines bisschen stärker abgebremst werden, als sich mit der Anziehungskraft der Sonne erklären lässt.
Das öffnete die Tür für allerlei Spekulationen: Stimmt vielleicht das Gravitationsgesetz nicht? Oder gibt es eine bislang unbekannte zusätzliche Kraft, die dort draußen auf die Sonden wirkt?
Bodenständigere Erklärungen wie etwas Gaslecks wurden Stück für Stück ausgeschlossen. So zeigte 2002 eine Arbeitsgruppe am
Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, dass die Wärmestrahlung der Sonde lediglich sechs Prozent der rätselhaften Abbremsung
erklären kann. Dieses Ergebnis korrigierte das Team vom Pioneer Anomaly Project 2008 allerdings mit genaueren Modellen des Aufbaus, der Wärmeproduktion und der Wärmeleitung der Raumsonde auf 30 Prozent.
Die Analyse von Francisco und seinen Kollegen schließt nun die Lücke. Mit einem
neuen Modell der Wärmeabstrahlung und insbesondere der Reflektion der
Wärmestrahlung an den unterschiedlichen Bauteilen der Sonde gelang es den
Forschern, die beobachtete Abbremsung vollständig zu erklären. Die
Wissenschaftler verwendeten dazu ein in den 1970er Jahren für dreidimensionale
Computergrafiken entwickeltes Verfahren, das so genannten "Phong-Shading". Das
Verfahren soll nun auch am JPL in das Modell des Pioneer Anomaly Projects integriert werden, um das Ergebnis der portugiesischen Forscher unabhängig zu überprüfen.
|