Forschungsraketen erfolgreich gestartet
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
9. März 2010
In der vergangenen Woche starteten vom schwedischen Raumfahrtzentrum Esrange
bei Kiruna aus wieder zwei Forschungsraketen, die verschiedene Experimente
von Studenten an Bord hatten, darunter Versuche zur Satellitenkommunikation
und zu neuen Messsonden. Neue Experimentvorschläge können wieder im Herbst
eingereicht werden.

Am Donnerstag startete die Forschungsrakete
REXUS 8 von Esrange in Nordschweden. Bei ihrem
Flug erreichte sie eine Höhe von 88 Kilometern.
Bild: DLR / Torbjörn Sundberg |
Am Donnerstag, den 4. März 2010 um 11.15 Uhr, startete die
Forschungsrakete REXUS 8 (Raketen-Experimente für
Universitäts-Studenten) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) und des schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC vom
Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Schweden. Studenten der
Technischen Universitäten Berlin und München sowie der KTH Stockholm
führten darauf Experimente zur Satellitenkommunikation durch und
testeten einen neu entwickelten Messflugkörper. Die Rakete erreichte bei
ihrem Flug eine Höhe von 88 Kilometern. Bereits zwei Tage zuvor, am 2.
März, hatte REXUS 7 abgehoben.
Auf den etwa fünfminütigen Flügen haben sechs Studentengruppen aus
Deutschland, Schweden und Italien nach gut einem Jahr intensiver Vorbereitung,
die Entwicklung und Bau der Experimente einschließt, ihre Untersuchungen
durchgeführt. Noch im Flug wurden die meisten Daten zur Bodenstation auf Esrange
übertragen. Ihre endgültige Auswertung wird noch einige Wochen in Anspruch
nehmen. Die wissenschaftlichen Nutzlasten, die am Fallschirm landen, wurden
durch Hubschrauber geborgen und die Experimente an die Studenten zurückgegeben.
Auf dem Flug von REXUS-8 testen Studenten der TU Berlin das TUPEX-3
Experiment, ein neues Kommunikationssystem. Es soll zwischen mehreren
Kleinstsatelliten vom Typ CubeSat und einer Bodenstation eingesetzt werden. Im
Experiment simulieren vier identische Radio-Module ein Multi-Satelliten-System.
Während des Fluges tauscht das Modul an Bord von REXUS mit den anderen drei
"Satelliten" am Boden Daten aus. Außerdem werden neue Sonnensensoren geprüft,
die für den Einsatz auf CubeSats in Energieverbrauch, Masse und Volumen
optimiert wurden.
Das VECTOR-Experiment des Studenten-Teams der TU München besteht aus zwei
Teilen. Auf REXUS-8 wird ein selbst entwickelter On-board-Computer getestet,
dessen eigenes Telemetrie-System live Daten überträgt. Am Boden befindet sich
eine für den Weltraumeinsatz ausgelegte S-Band-Antenne, die die Flüge beider
Rakete verfolgt. Sie soll die hohe Genauigkeit ihres neuen
Ausrichtungsmechanismus für ein autonomes und hochgenaues
Inter-Satellitenkommunikationssystem demonstrieren.
LAPLander heißt der von Studenten der KTH Stockholm entwickelte Prototyp
eines Messflugkörpers, der aus der Rakete ausgesetzt wird und selbständig zur
Erde zurückkehrt. Dabei sollen seine Service- und Bergungssysteme getestet
werden. Für die Landung blasen sich in etwa fünf Kilometern Höhe vier Schläuche
mit Luft auf und spannen einen Bremsschirm auf. Die Schläuche sollen auch den
Aufprall bei der Landung abfedern.
Damit LAPLander anschließend von der Hubschrauber-Crew geborgen werden kann,
befinden sich GPS-Empfänger und ein Funkfeuer-Sender an Bord des kleinen
diskusförmigen Flugkörpers. Ein Satellitentransmitter sendet die letzte Position
über Satellit an das Studententeam. Flugkörper wie LAPLander werden benötigt, um
längere wissenschaftliche Untersuchungen in der mittleren Erdatmosphäre
vornehmen zu können, oberhalb der Grenze, die durch Ballons erreicht werden
kann.
Am 2. März um 8.25 Uhr startete REXUS 7. Mit an Bord waren die Experimente
MONDARO, Vibra-Damp und BUGS. Die Rakete erreichte eine Höhe von 82,5
Kilometern. Das Experiment MONDARO auf REXUS 7 von Studenten der Universität
Rostock und des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn hat beim
Aufstieg der Rakete ab 50 Kilometern Höhe den Druck der Atmosphäre gemessen und
Drucksensoren für eine ganz spezielle Messanordnung geeicht.
Die Studenten verwendeten dafür drei kostengünstige, im Handel erhältliche
Messgeräte. Ein Drucksensor befand sich in der Mittelachse direkt unter der
Raketenspitze, die vor Experimentbeginn abgesprengt wurde. Mit Hilfe der von ihm
gewonnenen Daten ließen sich die beiden anderen Sensoren eichen, die weiter
hinten und außen in ungünstigeren aerodynamischen Positionen saßen. Bei
zukünftigen Experimenten kann dann anstelle des zentralen Drucksensors ein
anderes Messgerät eingebaut werden.
Das Team der FH Aachen hat unter dem Namen Vibra-Damp ein REXUS-Modul
entwickelt, in dessen Innerem Störungen wie Restrotation der Rakete oder
Vibrationen gedämpft werden, so dass noch bessere Bedingungen für Experimente in
Schwerelosigkeit geschaffen werden können. Er wurde bei diesem Flug erstmals
getestet. In einem Standard-REXUS-Modul war dafür ein Behälter mittels Federn
eingehängt. Sobald dieser anfängt, sich gegen das Modul zu bewegen, wird er
durch zwischen den Behältern erzeugte Wirbelströme gebremst.
Studenten und Doktoranden der Universitäten Rom und Bologna testeten mit dem
BUGS-Experiment das Entfalten eines neuartigen Sensorarms unter realen
Weltraumbedingungen, das heißt in Schwerelosigkeit und Vakuum. Dabei
untersuchten sie auch das Schwingungsverhalten des Arms. Er soll später einen
italienischen Kleinstsatelliten, UNISAT-5, stabilisieren.
Das Deutsch-Schwedische Programm REXUS/BEXUS ermöglicht Studenten, eigene
praktische Erfahrungen bei der Vorbereitung und Durchführung von
Raumfahrtprojekten zu gewinnen. Ihre Vorschläge für Experimente in der Gondel
eines Ballons oder auf Höhenforschungsraketen (REXUS - Raketen-EXperimente für
Universitäts-Studenten) können jährlich im Herbst eingereicht werden
(astronews.com berichtete wiederholt).
Jeweils die Hälfte der Raketen- und Ballon-Nutzlasten stehen Studenten
deutscher Universitäten und Hochschulen zur Verfügung. Die schwedische
Raumfahrtagentur SNSB hat den schwedischen Anteil für Studenten der übrigen
ESA-Mitgliedsstaaten geöffnet. Die programmatische Leitung und die Ausschreibung
für die deutschen Studenten erfolgt durch das DLR-Raumfahrt-Management in Bonn.
Die Organisation, Betreuung der Studenten und Integration der deutschen
Experimente erfolgt durch das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen in
Zusammenarbeit mit den Experten von DLR, SSC und ESA. Ihm obliegt die
DLR-interne Projektleitung.
Die Flugkampagnen werden von EuroLaunch, einem Joint Venture der
Mobilen Raketenbasis des DLR (MoRaBa) und dem Esrange Space Center des
schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC (Swedish Space Corporation),
durchgeführt. Neue Experimentvorschläge für Ballons im September 2011 und
Raketen im März 2012 können wieder im Herbst 2010 eingereicht werden.
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